Artikel vom 02.03.2024

Mehr als eine Milliarde Euro Steuergeld fließen seit Jahren in Haltungsprogramme von NGOs und Stiftungen, mit denen die Demokratie gefördert werden soll. Das Ergebnis ist ernüchternd.

Die Bundesregierung gibt mehr als eine Milliarde Euro aus, um Migranten zu integrieren und eine demokratische Grundhaltung zu fördern. Allerdings steigt laut Bundeskriminalamt die Zahl der Straftaten, die Migranten begehen, genauso stetig wie sich die Zahl der gewaltbereiten Links- und Rechtsextremen laut Verfassungsschutz ständig erhöht. Was also bringen die Bemühungen von Innen- und Familienministerium, von wo aus diese Haltungsprogramme so massiv gefördert werden?

Angefangen haben die staatlichen Programme zur demokratischen Erziehung mit einer griffigen Formulierung, die im Jahr 2000 der damalige Kanzler Gerhard Schröder geprägt hatte. Er forderte einen „Aufstand der Anständigen“, nachdem in Düsseldorf die Synagoge Ziel eines Anschlags geworden war. Dort waren allerdings nicht, wie zunächst vermutet, rechtsradikale Deutsche am Werk, sondern, wie sich später herausstellte, junge antisemitische Araber, die die Synagoge mit Molotowcocktails angegriffen hatten.

2001 installierte die damalige SPD-Ministerin Christine Bergmann dennoch ein erstes Aktionsprogramm „Jugend für Toleranz und Demokratie“ gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. 2014 führte Manuela Schwesig (SPD) als Familienministerin im Kabinett von Angela Merkel das Thema weiter und machte daraus das Bundesprogramm „Demokratie leben!“, was bis heute der Ankerpunkt für die staatliche Finanzierung der Demokratieförderung ist. Nach den terroristischen Anschlägen von Halle (2019) und Hanau (2020) bildete die Bundesregierung einen „Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus“. Dort einigten sich die Beteiligten auf die stolze Fördersumme von 1,15 Milliarden Euro bis 2024 für „demokratiefördernde Projekte“. Die einzelnen Fördermaßnahmen, zu denen sich jedes Ministerium verpflichtete, lassen sich im 89 Projekte umfassenden „Maßnahmenkatalog des Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus“ nachlesen.

Darin haben alle Ministerien beschrieben, wie sie die Demokratie so fördern: Das Innenministerium etwa widmet sich dem Antiziganismus und baut eine nationale Kontaktstelle für EU-Roma-Strategie auf, die insbesondere ein „unabhängiges Monitoring“ für rassistische, antiziganistische Übergriffe liefert. Das Familienministerium steuert die meisten Projekte. Darunter das „Bundesinstitut Qualitätssicherung“. Es soll „dauerhafter Strukturen und Prozesse der Qualitätssicherung und Wirkungssteigerung in der Prävention und politischen Bildung“ gewährleisten. Das Ministerium schafft auch gemeinsam mit den Kollegen vom Innenministerium einen „Beirat zur Förderung der wehrhaften Demokratie und gegen Rechtsextremismus und Rassismus“, in dem Vertreter der „Betroffenengruppen, der Zivilgesellschaft, der Sozialpartner und der Wissenschaft“ Platz nehmen sollen. Auch der „Aufbau bundesweiter Interessenvertretungen, etwa muslimischer, migrantischer oder Schwarzer Jugendinitiativen mit Sockelfinanzierung aus dem Kinder- und Jugendplan des Bundes“, steht in dem Programm.

Nutznießer der Kabinetts-Initiative sind Stiftungen und NGOs, die sich um diese Themen kümmern und dank der üppigen Finanzierungszusagen ständig mehr werden. Ein exemplarisches Beispiel ist die Amadeu-Antonio-Stiftung, die der deutsche Staat in den vergangenen Jahren mit mehreren Millionen Euro gefördert hat. Ein Blick in die Bilanz der Heidelberger Stiftung zeigt, dass sie ohne Steuergeld nicht lebensfähig ist. Gegründet hat sie Anetta Kahane, die in der DDR als Bürgerrechtlerin auch mal für die Stasi gespitzelt hat. Die Stiftung verbreitete zum Beispiel im Jahr 2019 eine Broschüre in Kindergärten mit Hinweisen für Erzieher, wie man rechtsextreme Eltern erkennen kann. Ein Fallbeispiel daraus: Mädchen mit Zöpfen, die daheim zur Handarbeit angeleitet werden, könnten unter Umständen rechtsextreme Eltern haben. Beschrieben wird ein Geschwisterpaar, mit dem es keine „Disziplinprobleme“ gebe, diese Kinder schienen besonders „gut zu spuren“. Außerdem seien bei ihnen traditionelle Geschlechterrollen in den Erziehungsstilen erkennbar: Das Mädchen trage eben Zöpfe, der Junge wirke stark körperlich gefordert und gedrillt. Ein CDU-Politiker erstritt vor Gericht das Recht, vor dieser Broschüre öffentlich zu warnen.

Umstritten ist auch das vor anderthalb Jahren eingeführte Onlinemeldeportal für antifeministische Vorfälle, das von der Stiftung gemanagt und vom Familienministerium bezahlt wird. Wer Gender-Studies als unwissenschaftlich einstuft oder an einer vermeintlich antifeministischen Veranstaltung teilnimmt, kann dort anonym gemeldet werden. Es handelt sich damit um einen Online-Pranger, der mit liberaler Demokratie nichts zu tun hat.

Seit dem Haushaltsurteil vom November des vergangenen Jahres fürchten NGOs und Demokratie-Förderungs-Stiftungen vom Schlage der Amadeu-Antonio-Stiftung allerdings um ihre Finanzierung. Ihre Panik und ihren Glauben, dass die Demokratie von ihnen abhinge, drücken rund 50 Organisationen in einem offenen Brief aus: „Eine unterfinanzierte Zivilgesellschaft gefährdet die Demokratie“, heißt es dort. Es drohe das Ende „einer ganzen zivilgesellschaftlichen Landschaft“.

Der Begriff der Zivilgesellschaft, den die NGOs und Stiftungen gern für sich vereinnahmen, wird damit allerdings missbraucht: „Die Zivilgesellschaft ist dadurch definiert, dass sie eben nicht staatlich ist. Eine Zivilgesellschaft, die von der Regierung finanziert wird, ist keine Zivilgesellschaft“, schreibt etwa Jonas Hermann in der Neuen Zürcher Zeitung aus der demokratiezugwandten Schweiz.

In der politischen Diskussion über Sinn und Unsinn der Haltungsprogramme sind die Meinungen klar zuzuordnen. Konservative, wie etwa der CDU-Politiker Christoph de Vries, bestreiten vehement, dass das Wohl und Wehe der Demokratie davon abhänge, „politisch erwünschte Weltanschauungen staatlich zu prämieren oder dauerhaft zu finanzieren.“ Man erlebe in Integrations- und gesellschaftspolitischen Debatten einen "grünen Habitus, der von Absolutheit Moralisierung und mangelnder Diskursfähigkeit" geprägt sei, sagte er in einer Bundestagsdebatte zur Demokratieförderung. Das sei das Gegenteil von Vielfalt. Auch die AfD betont, mit dem Programm „Demokratie leben“ sollten dauerhaft Nichtregierungsorganisationen finanziert werden, die dem links-grünen Spektrum angehörten. Die Linkspartei begrüßte dagegen, dass das Demokratiegesetz „endlich“ umgesetzt werde. Das sei man den vielen Opfern rassistischer Gewalt in Deutschland schuldig, sagte die Abgeordnete Gökay Akbulut.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus, die damals den Gesetzentwurf gemeinsam mit dem Innenministerium eingebracht hat, verteidigte den Vorstoß. Demokratie lebe davon, dass man starke Demokratinnen und Demokraten habe, sagt die Grünen-Politikerin. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) betont, das stärkste Bollwerk gegen Extremismus, gegen Angriffe auf die Demokratie, gegen Hass und Menschenfeindlichkeit sei eine starke demokratische Zivilgesellschaft. Dass die Zahlen, die rassistische Gewalt dokumentieren genauso steigen, wie die Straftaten durch Migranten sehen die Politikerinnen als Beleg an, dass die Programme alles andere als überflüssig sind.

QOSHE - Wenn mit Steuergeldern vor Mädchen mit Zöpfen gewarnt wird - Oliver Stock
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Wenn mit Steuergeldern vor Mädchen mit Zöpfen gewarnt wird

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02.03.2024

Artikel vom 02.03.2024

Mehr als eine Milliarde Euro Steuergeld fließen seit Jahren in Haltungsprogramme von NGOs und Stiftungen, mit denen die Demokratie gefördert werden soll. Das Ergebnis ist ernüchternd.

Die Bundesregierung gibt mehr als eine Milliarde Euro aus, um Migranten zu integrieren und eine demokratische Grundhaltung zu fördern. Allerdings steigt laut Bundeskriminalamt die Zahl der Straftaten, die Migranten begehen, genauso stetig wie sich die Zahl der gewaltbereiten Links- und Rechtsextremen laut Verfassungsschutz ständig erhöht. Was also bringen die Bemühungen von Innen- und Familienministerium, von wo aus diese Haltungsprogramme so massiv gefördert werden?

Angefangen haben die staatlichen Programme zur demokratischen Erziehung mit einer griffigen Formulierung, die im Jahr 2000 der damalige Kanzler Gerhard Schröder geprägt hatte. Er forderte einen „Aufstand der Anständigen“, nachdem in Düsseldorf die Synagoge Ziel eines Anschlags geworden war. Dort waren allerdings nicht, wie zunächst vermutet, rechtsradikale Deutsche am Werk, sondern, wie sich später herausstellte, junge antisemitische Araber, die die Synagoge mit Molotowcocktails angegriffen hatten.

2001 installierte die damalige SPD-Ministerin Christine Bergmann dennoch ein erstes Aktionsprogramm „Jugend für Toleranz und Demokratie“ gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. 2014 führte Manuela Schwesig (SPD) als Familienministerin im Kabinett von Angela Merkel das Thema weiter und machte daraus das Bundesprogramm „Demokratie leben!“, was bis heute der Ankerpunkt für die staatliche Finanzierung der Demokratieförderung ist. Nach den terroristischen Anschlägen von Halle (2019) und Hanau (2020) bildete die Bundesregierung einen „Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus“. Dort einigten sich........

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