An Rhein und Ruhr. Bund und Land haben sich geeinigt: Es geht weiter mit dem Deutschlandticket. Die Details müssen die regeln, die sich nicht einigen können...

Mit dem Deutschlandticket geht es weiter. Das haben jetzt der Bundeskanzler und die 16 Ministerpräsidentinnen und -präsidenten beschlossen. Das ist aber auch schon (fast) alles. Ansonsten haben sie den Ball dahin zurückgespielt, wo er hingehört: Zu den jeweiligen Verkehrsministerinnen und Verkehrsministern. Und in Sachen Geld haben sie festgelegt: Was im Haushalt 2023 übrig ist (weil das Ticket ja erst im Mai eingeführt wurde), wird aufs kommende Jahr übertragen. Und das Türchen für Preiserhöhungen haben sie ebenfalls aufgemacht. Ist ja auch nur ein Einführungspreis.

Okay. Dann bitte, werte Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister, entwickelt euren einzigen, spürbaren Erfolg in Sachen Verkehrswende jetzt mal ernsthaft und richtig weiter. Ansätze gibt es genug. Zunächst: Natürlich darf das Ticket auch teurer werden. Kundinnen und Kunden, die mit einem stabilen Nahverkehr in dichter Taktung gesegnet sind, werden dafür auch Verständnis haben. Bloß: Wo in Deutschland gibt es das gerade? Es muss also zwingend eine Verknüpfung zwischen den Kompensationszahlungen, Preisgestaltung und regionalem Verkaufserfolg für das Ticket her.

Im Klartext: Da, wo der Nahverkehr bislang kaum motiviert, in Bus und Bahn umzusteigen, muss das Deutschlandticket günstiger sein als dort, wo Metropolennahverkehr einen Umstieg nahelegen. Preisgestaltung nach Postleitzahl der Ticketkäuferinnen und Ticketkäufer sollte kein Problem sein bei diesem ach so digitalen Ticket. Was aufhören muss: Dass sich Zuschüsse künftig an den immer fiktiveren Preisen richten, die für die wenigen Abonnenten und Einzelfahrer gelten, die nicht aufs Deutschlandticket umsteigen können oder wollen. Und es muss angepasste Lösungen für finanziell schwächere Gruppen geben: Schüler*innen, Studierende, Empfänger*innen von Transferleistungen..

Für die Verkehrsverbünde wäre das eine wirklich lohnende Aufgabe: Wie organisiere ich meine Verkehre so, dass möglichst viele Menschen das Deutschlandticket nutzen können und wollen? Zuschüsse und Regionalisierungsmittel müssen zwingend verknüpft werden mit erfolgreichen Angebotskonzepten. Ebenfalls zu regeln: Es müssen ebenfalls möglichst bundesweite und einheitliche Tarifregelungen für Erster-Klasse-Zuschläge, Fahrrad- und Hundemitnahme gelten. Gleichzeitig muss geklärt werden, wie sich Car-Sharing- und Bike-Sharing-Modelle ebenfalls bundesweit integrieren lassen. Menschen wollen nicht zwingend Bus und Bahn fahren, sie wollen mobil sein.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat ja durchaus einen Punkt, wenn er moniert, dass es bei den Verkehrsverbünden Sparpotenzial gibt durch Fusionierungen und den Wegfall bisheriger Tarifdschungel. Dass die drei Großverbünde Rhein-Ruhr, Rhein-Sieg und Westfalen in NRW da weniger gemeint sein dürften, als der Wirrwarr in Mecklenburg-Vorpommern oder Baden-Württemberg ist auch klar.

Fazit: Der Grundsatzbeschluss von Kanzler und Ministerpräsidentinnen- und Präsideten, so dünn er inhaltlich ist, hat zumindest grundsätzlich geklärt: Beim Deutschlandticket gibt es keine Rückfahrkarte. Darauf vertrauen jetzt die Kundinnen und Kunden und jene, die überlegen, es werden zu wollen.

Die Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister sind jetzt aufgerufen, die nächsten Monaten zu nutzen, das Konzept Deutschlandticket inhaltlich weiter zu entwickeln und ein stabiles Gerüst für die Finanzierung in der Zukunft sicherzustellen. Wenn das Ticket wetterfest und zuverlässig wird und der Nahverkehr vor der eigenen Haustür auch - dann tolerieren Kundinnen und Kunden gewiss auch moderate Preisanpassungen.

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Das Deutschlandticket rollt weiter - braucht aber Ziele

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07.11.2023

An Rhein und Ruhr. Bund und Land haben sich geeinigt: Es geht weiter mit dem Deutschlandticket. Die Details müssen die regeln, die sich nicht einigen können...

Mit dem Deutschlandticket geht es weiter. Das haben jetzt der Bundeskanzler und die 16 Ministerpräsidentinnen und -präsidenten beschlossen. Das ist aber auch schon (fast) alles. Ansonsten haben sie den Ball dahin zurückgespielt, wo er hingehört: Zu den jeweiligen Verkehrsministerinnen und Verkehrsministern. Und in Sachen Geld haben sie festgelegt: Was im Haushalt 2023 übrig ist (weil das Ticket ja erst im Mai eingeführt wurde), wird aufs kommende Jahr übertragen. Und das Türchen für Preiserhöhungen haben sie ebenfalls aufgemacht. Ist ja auch nur ein Einführungspreis.

Okay. Dann bitte, werte Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister, entwickelt euren einzigen, spürbaren Erfolg in Sachen Verkehrswende jetzt mal ernsthaft und richtig weiter. Ansätze gibt es genug. Zunächst:........

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