Nachdem Israels Eurovision-Kandidatin Eden Golan in den sozialen Medien mit Mord gedroht wurde, hat die Europäische Rundfunkunion (EBU), die den Eurovision Song Contest (ESC) organisiert, eine Stellungnahme des stellvertretenden EBU-Generaldirektors Jean Philip De Tender veröffentlicht. Allerdings ohne darin Golans Namen zu nennen. Dafür aber beginnt der Text mit wortreichem Verständnis für die hitzige Debatte um Israels Teilnahme an dem Gesangswettbewerb. Dem Ernst der Lage wird das offensichtlich bewusst harmlos formulierte Schreiben kaum gerecht.

So heißt es, die EBU sei sich »der tiefen Gefühle und der starken Meinungen bewusst, die der diesjährige Eurovision Song Contest - vor dem Hintergrund eines schrecklichen Krieges im Nahen Osten - hervorgerufen hat. Wir verstehen, dass die Menschen sich an der Debatte beteiligen und ihre tief empfundenen Ansichten zu diesem Thema zum Ausdruck bringen wollen«.

Dass Israel angegriffen wurde, wird verklausuliert kurz erwähnt, auch wenn sich das Schreiben offensichtlich ausschließlich an die Menschen richtet, die gegen Israel agieren: »Wir alle sind von den Bildern, den Geschichten und dem unbestreitbaren Schmerz der Menschen in Israel und im Gazastreifen betroffen.«

Dies ist inakzeptabel und völlig unfair, da die Künstler keinen Einfluss auf diese Entscheidung haben.

Dann, nach 728 Wörtern, nähert sich De Tender vorsichtig seinem Thema: »Wir möchten jedoch auf die Bedenken und Diskussionen rund um diese Situation eingehen, insbesondere auf die gezielten Kampagnen in den sozialen Medien gegen einige unserer teilnehmenden Künstler.« Damit sind offensichtlich die Drohungen gegen das Leben der 20-jährigen Eden Golan gemeint.

Es folgen technische Erklärung, warum es nicht in der Entscheidung der einzelnen Kandidaten liege, beim ESC aufzutreten, sondern bei der EBU. Erst im fünften Absatz wird De Tender deutlicher, wenn auch weiterhin weichgespült: »Obwohl wir die Meinungsfreiheit und das Recht auf Meinungsäußerung in einer demokratischen Gesellschaft nachdrücklich unterstützen, lehnen wir jede Form von Online-Missbrauch, Hassrede oder Belästigung ab, die sich gegen unsere Künstler oder andere mit dem Wettbewerb verbundene Personen richtet. Dies ist inakzeptabel und völlig unfair, da die Künstler keinen Einfluss auf diese Entscheidung haben.«

Die EBU wolle ein »sicheres und unterstützendes Umfeld für alle Teilnehmer, Mitarbeiter und Fans des Eurovision Song Contest schaffen«, und die ESC-Werte »Respekt, Inklusivität und Verständnis« fördern.

Menschen, die einer Person allein auf Grund ihrer Nationalität mit dem Tode drohen, dürfte das kaum überzeugen.

Der israelische Onlinedienst Walla Celebs hat von den Morddrohungen, unter anderem auf Instagram, berichtet und zitiert Golans Reaktion mit den Worten: »Ich habe damit gerechnet, solche Kommentare zu erhalten würde, aber ich bin zuversichtlich und entschlossen, Israel auf die bestmögliche Weise zu vertreten. Unsere Delegation reist mit einem ausgebildeten Sicherheitsteam, und ich bin sicher, dass sie ihr Bestes tun werden, um uns zu schützen.«

Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 wird aus verschiedensten Richtungen von der EBU gefordert, Israel die Teilnahme am ESC zu verweigern. Auch wenn das bisher abgelehnt wurde, hat die Rundfunkbehörde verlangt, dass der Liedtext zu Eden Golans ESC-Song »October Rain« geändert werde, da er »zu politisch« sei, was gegen die Regeln des Wettbewerbs verstoße.

Im März hat die EBU dann eine überarbeitete Version des Beitrags, der nun »Hurricane« heißt, akzeptiert.

Der Eurovision Song Contest findet vom 6. bis zum 11. Mai in Malmö statt.

QOSHE - Morddrohungen gegen Israels Eurovision-Kandidatin - Sophie Albers Ben Chamo
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Morddrohungen gegen Israels Eurovision-Kandidatin

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10.04.2024

Nachdem Israels Eurovision-Kandidatin Eden Golan in den sozialen Medien mit Mord gedroht wurde, hat die Europäische Rundfunkunion (EBU), die den Eurovision Song Contest (ESC) organisiert, eine Stellungnahme des stellvertretenden EBU-Generaldirektors Jean Philip De Tender veröffentlicht. Allerdings ohne darin Golans Namen zu nennen. Dafür aber beginnt der Text mit wortreichem Verständnis für die hitzige Debatte um Israels Teilnahme an dem Gesangswettbewerb. Dem Ernst der Lage wird das offensichtlich bewusst harmlos formulierte Schreiben kaum gerecht.

So heißt es, die EBU sei sich »der tiefen Gefühle und der starken Meinungen bewusst, die der diesjährige Eurovision Song Contest - vor dem Hintergrund eines schrecklichen Krieges im Nahen Osten - hervorgerufen hat. Wir verstehen, dass die Menschen sich an der Debatte beteiligen und ihre tief empfundenen Ansichten zu diesem Thema zum Ausdruck bringen wollen«.........

© Juedische Allgemeine


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