Um eins vorwegzunehmen: Wer einmal Kanzlerkandidat werden wollte, gibt den Traum von der bundes- und weltpolitischen Bühne nicht innerhalb weniger Jahre auf. Insofern überrascht es nicht, dass der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder erneut politische Luft im Ausland schnuppert. Nach Serbien und China hat Söder nun Italien bereist und sich mit der Regierungschefin Giorgia Meloni der ultrarechten Partei Fratelli d‘Italia in Rom getroffen. Auch eine Privataudienz bei Papst Franziskus im Vatikan stand auf dem Programm.

Die bayerischen Grünen, im Landtag neben der AfD die größte Oppositionsfraktion, wittern eine PR-Show zur Aufpolierung seines außenpolitischen Profils. Statt sich um Bayern zu kümmern, arbeite er am Bild der Kanzlerkandidatur, kritisieren sie.

Gewiss: Es ist nichts Neues, dass Länderchefs Auslandsreisen unternehmen, um die Interessen des eigenen, im Falle Bayerns wirtschaftsstarken Bundeslandes zu vertreten. Die Bilderflut des Markus Söder – der CSU-Mann mit Erdbeereis, der CSU-Mann vor dem Trevi Brunnen, der CSU-Mann auf der Spanischen Treppe – zeigt aber einmal mehr, dass es ihm vor allem um die Selbstinszenierung geht. Und wer an seinem Image arbeitet, der will die eigene Popularität steigern.

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Dabei weiß der CSU-Chef, dass seine Chancen auf die Kanzlerkandidatur der Union verschwindend gering sind. Spricht man CDU-Politikerinnen und -Politiker auf eine mögliche Kanzlerkandidatur Söders an, schütteln die meisten vehement den Kopf. „Auf keinen Fall“, heißt es dann oft. In diese Situation hat sich Söder selbst gebracht. Nachdem die K-Frage 2021 zugunsten von Armin Laschet entschieden worden war, konnte sich Söder Querschüsse Richtung Berlin nicht verkneifen. Die CDU hat das nicht vergessen.

Auf dem Parteitag der Schwesternpartei hielt er sich für Söder-Verhältnisse mit den Sticheleien ein wenig zurück. Ein Satz ließ aber aufhorchen: „An MIR wird der Erfolg 2025 nicht scheitern“, sagte Söder. Ihm wohlgesonnene Parteifreunde – und davon gibt es in der CDU nur wenige – verstanden das als sein Versprechen, den Wahlkampf nicht erneut zu stören. Die Skeptiker – und die sind in der CDU in der Mehrzahl – hörten eher heraus, dass er sich bessere Chancen ausrechne als CDU-Chef Friedrich Merz.

Trotz der vergleichsweise schlechten Umfragewerte von Merz läuft die Kanzlerkandidatur derzeit auf ihn zu. Und sollte der CDU-Mann einen Fehler machen, der ihm die Kandidatur kostet, gibt es in der Union noch eine Alternative. Und die heißt nicht Markus Söder, sondern Hendrik Wüst. Für den bayerischen Ministerpräsidenten bleibt eine Rolle: die des Königsmachers.

QOSHE - Ministerpräsident der Selbstinszenierung: Will Söder immer noch Kanzler werden? - Alisha Mendgen
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Ministerpräsident der Selbstinszenierung: Will Söder immer noch Kanzler werden?

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11.05.2024

Um eins vorwegzunehmen: Wer einmal Kanzlerkandidat werden wollte, gibt den Traum von der bundes- und weltpolitischen Bühne nicht innerhalb weniger Jahre auf. Insofern überrascht es nicht, dass der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder erneut politische Luft im Ausland schnuppert. Nach Serbien und China hat Söder nun Italien bereist und sich mit der Regierungschefin Giorgia Meloni der ultrarechten Partei Fratelli d‘Italia in Rom getroffen. Auch eine Privataudienz bei Papst Franziskus im Vatikan stand auf dem Programm.

Die bayerischen Grünen, im Landtag neben der AfD die größte Oppositionsfraktion, wittern eine PR-Show zur........

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