Stand: 26.04.2024, 14:58 Uhr

Von: Manfred Niekisch

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Kulinarische Mitbrinsel wie ein Döner für Präsident Erdogan öffnen der internationalen Diplomatie neue Ideen.

Es hat sich herumgesprochen, dass das Verhältnis zwischen der Türkei und Deutschland nicht gerade reibungsfrei ist zur Zeit. Nein, falsch, es ist wohl zunächst ein Problem zwischen dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und deutschen Politikerinnen sowie Politikern, nicht zwischen den Menschen zweier Länder.

Menschenrechte, Israel, Hamas: Die Haltungen stehen sich ziemlich unversöhnlich gegenüber. Immerhin kam es beim Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nicht zum großen Krach. Das war beim Staatsbesuch seines Amtsvorgängers Joachim Gauck vor zehn Jahren deutlich anders, weil dieser das Thema Menschenrechte und Demokratie in Erdogans Reich sehr konkret kritisiert hatte.

Es war ja jetzt auch eine tolle Befriedungsgeste des deutschen Würdenträgers, einen Dönerspieß aus Deutschland nach Istanbul zu bringen. So als ob das ein eingängiges Zeichen für deutsch-türkischen Kulturaustausch ist, oder gar Ausdruck, wie integriert türkische Staatsangehörige in Deutschland sind.

Ähnlich bewährt hätten sich wohl die Eulen, wären sie denn irgendwann vor langer Zeit nach Athen getragen worden. Kulturelle Leistungen aus der Küche: Es waren wohl italienische Schrebergärtner, die den erstaunten Deutschen vor Jahrzehnten gurkenähnliche Gewächse nahebrachten, die man kochen, braten, grillen konnte. Und für die immer noch die abenteuerlichsten Betonungen im deutschzüngigen Umlauf sind, Sutschini etwa, die eigentlich Zucchini heißen.

Naja, den Gnocchi geht es hier sprachlich nicht viel besser. Spaghetti Bolognese kommen da manchem etwas korrekter über die Lippen, auch wenn diese Pasta mit Soße gar nicht so wirklich gängig ist im bel paese. Dort leidet die Kulinarik ansonsten schon erheblich derzeit.

Klimawandel, wochenlanger Regen und dann monatelange Trockenheit haben die Ernte von Oliven und Trauben im Märchenland Toskana und rundherum schwer beeinträchtigt. Olivenöl und Wein sind deswegen teuer geworden, zumindest die guten Sorten. Verschiedene Tests von Olivenölen haben gerade offenbart, was für minderwertiges Zeug unter klangvollen, irreführenden Bezeichnungen den deutschen Konsumentinnen und Konsumenten untergejubelt wird. Nicht im Wortsinne preiswert, sondern richtig billig, mit Mineralölanteilen. Immerhin hält Wein qualitätsmäßig das Niveau, wenn auch nicht preislich.

Blieben die Kosten des Klimawandels darauf beschränkt, wäre das noch einigermaßen erträglich. Sind sie aber nicht. So ereilen uns die negativen Folgen unseres CO2-Ausstoßes in vielfältiger Form.

Umso wichtiger ist es, Völkerfreundschaften zu pflegen, auch mit Gastgeschenken für die Spitzen des Staates. Wladimir Putin kriegt natürlich erstmal nix. Aber Käsekrainer für den österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen, Pizza Margherita für Giorgia, die italienische Ministerpräsidentin Georgia Meloni, Messwein für Papst Franziskus, Tapas für König Felipe, und, naja, die Eulen für Athen.

Der diplomatischen Fantasie sind nach dem deutsch-türkischen Döner für Erdogan kaum Grenzen gesetzt. Nur mit Froschschenkeln für den französischen Präsidenten Emmanuel Macron würde eine rote Linie mehr als deutlich überschritten.

Manfred Niekisch ist Biologe und ehemaliger Zoodirektor.

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Eulen für Istanbul

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26.04.2024

Stand: 26.04.2024, 14:58 Uhr

Von: Manfred Niekisch

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Kulinarische Mitbrinsel wie ein Döner für Präsident Erdogan öffnen der internationalen Diplomatie neue Ideen.

Es hat sich herumgesprochen, dass das Verhältnis zwischen der Türkei und Deutschland nicht gerade reibungsfrei ist zur Zeit. Nein, falsch, es ist wohl zunächst ein Problem zwischen dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und deutschen Politikerinnen sowie Politikern, nicht zwischen den Menschen zweier Länder.

Menschenrechte, Israel, Hamas: Die Haltungen stehen sich ziemlich unversöhnlich gegenüber. Immerhin kam es beim Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nicht zum großen Krach. Das war beim Staatsbesuch seines Amtsvorgängers Joachim Gauck vor zehn Jahren deutlich anders, weil dieser das Thema........

© Frankfurter Rundschau


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