Stand: 16.04.2024, 16:35 Uhr

Von: Kristina Dunz

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Das deutsch-chinesische Verhältnis muss auf neue Füße gestellt werden. Die bisher längste Auslandsreise des Kanzlers ist erst der Anfang.

Olaf Scholz hat sich mit seiner großen China-Reise viel Zeit gelassen. Das Land ist ihm offensichtlich höchst suspekt, die Notwendigkeit funktionierender Beziehungen eher eine Last.

Gleich zu Beginn seiner Amtszeit provozierte der Kanzler Peking mit der Haltung, das Reich der Mitte sei nur ein Partner von vielen. Obendrein traf er sich zuerst mit dessen scharfen Konkurrenten Indien und Japan und umgarnte den globalen Süden.

„De-Risking“ wurde zum geflügelten Wort – die Risiken für Deutschland durch die wirtschaftliche Abhängigkeit von China sollen eingedämmt werden. Aus Sicht eines Präsidenten wie Xi Jinping, dessen Macht einer Diktatur gleicht, ist Deutschland damit ein weniger vertrauenswürdiger Zeitgenosse geworden. Auch das ist riskant.

Aber wohin einseitige Abhängigkeiten führen können, hat das Gas-Geschäft mit Russland gezeigt. Die Loslösung stellte Deutschland beinahe vor ein Versorgungsproblem. Von den Milliarden-Kosten ganz zu schweigen. Nun muss auch das deutsch-chinesische Verhältnis auf neue Füße gestellt werden.

Die bisher längste Auslandsreise des Kanzlers samt deutschen Top-Managern und sein ausführliches Gespräch mit Xi sind ein Anfang. Als Fundament dient Scholz und Xi ihre kurze Begegnung im Herbst 2022. Der chinesische Staatschef erklärte anschließend, mit dem Einsatz von Nuklearwaffen dürfe nicht einmal gedroht werden. Ohne Moskau zu erwähnen, wusste Kremlchef Wladimir Putin, dass er und sein Krieg gegen die Ukraine gemeint waren. Scholz darf das als Erfolg werten. Auch, dass dieses Bekenntnis nun gemeinsam erneuert wurde.

Doch seine Hoffnung, er könnte Xi auch zu einer Zusage für eine Teilnahme Chinas an einem Friedensgipfel für die Ukraine im Juni in der Schweiz bewegen, wurde nicht erfüllt. So bleibt nur ein Schimmer der Hoffnung: Xi will über Friedenskonferenzen im Austausch bleiben. Es ist zwar richtig, dass sich Xi ungewöhnlich viel Zeit für Scholz genommen hat. Doch bei allem, was er mit Xi bespricht, muss dies immer bedacht werden: Ihm sitzt Putins mächtigster Verbündeter gegenüber.

Solange der Angriffskrieg gegen die Ukraine kein Schaden für China ist, sondern Europas Sicherheit und Wirtschaft schwächt, schaut Xi getrost zu. Jedenfalls ist schwer zu glauben, dass die Atommacht mit 1,4 Milliarden Bürgerinnen und Bürgern zu schwach wäre, um Einfluss auf Putin zu nehmen. Eine Eskalation im Nahen Osten zwischen Israel und – Russlands Partner – Iran, ein Flächenbrand in der Region, eine Beschädigung der gesamten internationalen Ordnung durch gleich zwei große Kriege hingegen dürften China bedrohlicher erscheinen.

Die Wirtschaft war immer das deutsch-chinesische Bindeglied. Jahrzehnte profitierten deutsche Unternehmen von billigen Arbeitskräften in China und stellten nicht viele Fragen nach dem Umgang Pekings mit Menschenrechten. Zugleich gaben sie viel Know-how preis. Nun werden sie zum Teil von chinesischen Firmen überholt und ausgebootet. China überschwemmt den deutschen und europäischen Markt mit so günstigen Produkten, etwa E-Autos, dass eigene Unternehmen mitunter schwer mithalten können.

Angetrieben von der FDP verzichtete die Ampel zuletzt auf Subventionen für das Solarunternehmen Meyer-Burger, das nun in die USA geht. Eine Chance, wieder einen Fuß in die Tür dieser Branche zu bekommen, die China vor Jahren von Deutschland gekapert hatte, erscheint vorerst vertan. Nach Entschlossenheit, Risiken der Abhängigkeit zu minimieren, sieht das nicht aus.

Fakt ist: Deutschland ist Chinas wichtigster Handelspartner in Europa und China Deutschlands wichtigster Wirtschaftspartner in Asien. Es geht um Hunderte Milliarden Euro. De-Risking hört sich da wie ein frommer Wunsch an. Berichte S. 2/3

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Stand: 16.04.2024, 16:35 Uhr

Von: Kristina Dunz

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Das deutsch-chinesische Verhältnis muss auf neue Füße gestellt werden. Die bisher längste Auslandsreise des Kanzlers ist erst der Anfang.

Olaf Scholz hat sich mit seiner großen China-Reise viel Zeit gelassen. Das Land ist ihm offensichtlich höchst suspekt, die Notwendigkeit funktionierender Beziehungen eher eine Last.

Gleich zu Beginn seiner Amtszeit provozierte der Kanzler Peking mit der Haltung, das Reich der Mitte sei nur ein Partner von vielen. Obendrein traf er sich zuerst mit dessen scharfen Konkurrenten Indien und Japan und umgarnte den globalen Süden.

„De-Risking“ wurde zum geflügelten Wort – die Risiken für Deutschland durch die wirtschaftliche Abhängigkeit von China sollen eingedämmt werden. Aus Sicht eines Präsidenten wie Xi Jinping, dessen Macht einer Diktatur gleicht, ist Deutschland damit ein weniger vertrauenswürdiger........

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