Stand: 13.02.2024, 17:34 Uhr

Von: Andreas Schwarzkopf

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Deutschland und die anderen EU-Staaten müssen ihre Verteidigungspolitik weiter dramatisch ändern. Die verschiedenen Schritte sollten aber gut durchdacht sein.

In der Verteidigungspolitik scheint es keine Grenzen mehr zu geben. Während für die einen die Atombombe für die EU ein Thema werden könnte, finden andere ein Sondervermögen von 300 statt der bisher 100 Milliarden Euro hierzulande nötig. Richtig an diesen etwas unausgegorenen Schnellschüssen ist lediglich, dass Deutschland und die anderen EU-Staaten ihre Verteidigungspolitik nach dem Krieg Russlands gegen die Ukraine und den beunruhigenden verbalen Attacken von Donald Trump gegen die europäische Sicherheitsarchitektur dramatisch ändern.

Konkret: Sie müssen mehr Verantwortung für die eigene Verteidigung übernehmen und dafür mehr Geld ausgeben. Denn sie müssen unabhängiger von den USA werden - egal ob Trump im November ins Weiße Haus gewählt wird oder nicht. Auch US-Präsident Joe Biden würde den Druck auf die europäischen Verbündeten im Falle seiner Wiederwahl weiter erhöhen.

Für den europäischen Strategiewechsel ist es zwingend notwendig, die Bevölkerung in die Debatten mehr einzubeziehen und die künftige Politik besser zu erläutern. Denn vielen fällt es immer noch schwer. Schritt zu halten mit den Folgen der neuen Bedrohungen und geostrategischen Herausforderungen.

Hilfreich ist dabei nicht, wenn etwa davon gesprochen wird, Deutschland müsse kriegstauglich werden. Richtiger ist vielmehr, dass Berlin wegen seiner ökonomischen Stärke innerhalb der EU und der Nato mehr leisten muss, um sich und die Verbündeten des alten Kontinents besser verteidigen zu können gegen die Bedrohung Russlands.

Dieser Prozess der Transformation bedeutet nicht, dass Deutschland und die anderen EU-Staaten künftig eine aggressive Außenpolitik betreiben. Vielmehr werden sie weiter ganz normal wie bisher mit fast allen anderen Staaten politisch verhandeln oder Handel treiben.

Verteidigungspolitisch müssen die Europäer zudem ihren bereits eingeschlagenen Weg konsequenter und mit höherem Tempo gehen, ohne allerdings hysterisch zu werden. Zunächst gilt es der Ukraine im Kampf gegen die russischen Invasoren weiter beizustehen. Sollten die USA tatsächlich nicht mehr das überfallene Land unterstützen, werden die Europäer einspringen und Lücken stopfen müssen.

Darüber hinaus müssen sie vor allem ihre eigenen militärisch konventionellen Fähigkeiten erhöhen. Dafür sollten sie ihre Ressourcen besser nutzen. Bei der Produktion von Waffen sollten sie mehr miteinander statt in Konkurrenz zueinander agieren. Dies würde unnötige Kosten genauso sparen wie wenn sie darüber hinaus auch die Fähigkeiten ihrer Armeen besser aufeinander abstimmen würden.

Ob und wie die Europäer künftig die atomare Verteidigung organisieren müssen, ist derzeit eigentlich kein Thema. Denn noch breiten die USA den atomaren Schutzschirm über dem alten Kontinent aus. Sollte Washington dies ändern wollen, wird dies nicht über Nacht geschehen. Es wird also Zeit sein, den Staffel zu übergeben.

In dieser Übergangszeit wird zu klären sein, ob Frankreich bei diesem Thema womöglich die USA ersetzen kann. Die EU selbst wird dies nicht selbst übernehmen können. Dafür fehlen sowohl die Machtbefugnisse wie auch die Kommandostrukturen. Und die EU-Hauptstädte werden sicher diesen nationalen Einfluss ohne weiteres an Brüssel übertragen.

Zu klären ist auch, welche Art der Wehrpflicht in Deutschland nötig sein wird, damit die Bundeswehr wie geplant von 183 000 Soldatinnen und Soldaten auf 200 000 wachsen kann. Die alte Methode einen ganzen Jahrgang einzuberufen ist dafür allerdings nicht tauglich. Dafür fehlen die Kasernen und das Ausbildungspersonal.

Berichte S. 2/3

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13.02.2024

Stand: 13.02.2024, 17:34 Uhr

Von: Andreas Schwarzkopf

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Deutschland und die anderen EU-Staaten müssen ihre Verteidigungspolitik weiter dramatisch ändern. Die verschiedenen Schritte sollten aber gut durchdacht sein.

In der Verteidigungspolitik scheint es keine Grenzen mehr zu geben. Während für die einen die Atombombe für die EU ein Thema werden könnte, finden andere ein Sondervermögen von 300 statt der bisher 100 Milliarden Euro hierzulande nötig. Richtig an diesen etwas unausgegorenen Schnellschüssen ist lediglich, dass Deutschland und die anderen EU-Staaten ihre Verteidigungspolitik nach dem Krieg Russlands gegen die Ukraine und den beunruhigenden verbalen Attacken von Donald Trump gegen die europäische Sicherheitsarchitektur dramatisch ändern.

Konkret: Sie müssen mehr Verantwortung für die eigene Verteidigung übernehmen und dafür mehr Geld ausgeben. Denn sie müssen unabhängiger........

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