Henning Hirsch hat endlich „Barbie“ angeschaut und sagt nach 2 rosarot gefärbten Stunden: Ein etwas geringer dosiertes Sendungsbewusstsein bei gleichzeitig mehr Handlung hätten diesem Film gutgetan.

Ja ja, ich bin spät dran. Weiß ich. Aber zuerst hat’s mich nicht so richtig interessiert, dann war’s schwierig, einen gemeinsamen Termin mit meinen 3 Kindern zu finden und als wir es schließlich tun wollten, war der Film aus den Kinos verschwunden.

Also hatten wir uns für vergangenen Sonntagabend in der Wohnung der Tochter verabredet, Popcorn, Chips, Gummibärchen und Pizza bereitgestellt und haben es endlich getan – Barbie angeschaut.

!Achtung: die nachfolgende Rezenzion stammt aus der Feder eines alten, weißen Mannes!

Die Handlung ist rasch erzählt: Barbie (Margot Robbie) lebt gemeinsam mit Ken (Ryan Gosling) und ner Menge anderer Barbies und Kens in Barbieland. Wir lernen im Schnelldurchlauf die Barbie-Präsidentin, 1 Barbie-Neurochirurgin, 1 Barbie-Schriftstellerin und 1 Barbie-Nobelpreisträgerin kennen. Sämtliche Hauttöne sind vertreten, es gibt sogar ne dicke und eine Rollstuhl-Barbie. Die Farbgebung in Barbieland ist bonbon-bunt mit einer Vorliebe für Neon-Pink. Alle Barbies sind glücklich und treffen sich allabendlich für eine Mädels-Cocktail-Happy-Hour. Die Kens sind ebenfalls glücklich, haben jedoch wenig zu kamellen, und ihre Zufriedenheit scheint partiell auf ihrer geistigen Beschränktheit zu gründen. In Barbieland herrscht ganz augenscheinlich eine Form von Matriarchat.

Eines Morgens erwacht Barbie in ihrem rosa Barbiebett, das in einem rosa Schlafzimmer steht, bemerkt beim Zähneputzen im rosa Badezimmer Mundgeruch und hat auf einmal Plattfüße und leichte Cellulite. Sie erfüllt augenscheinlich nicht mehr die Schönheitsnorm, die an Barbies gestellt wird, und bekommt einen kurzen Anflug von Todessehnsucht. Die anderen Barbies raten ihr, Kontakt mit einer ausrangierten Barbie aufzunehmen, der vor vielen Jahren Ähnliches widerfahren war. Diese – nennen wir sie mal so – Punk-Barbie empfiehlt das Treffen mit einem Teenager (w) in der realen Welt (warum es ausgerechnet dieser Teenager sein muss, habe ich nicht mitbekommen, weil ich zu diesem Zeitpunkt auf dem Klo war). Barbie steigt kurzentschlossen ins Auto und macht sich auf den Weg Richtung Los Angeles. Auf halber Strecke klettert Ken aus dem Kofferraum, und die beiden beschließen, die gefährliche Mission zu zweit durchzuführen.

Angelangt am Venice Beach stellen die 2 fest, dass es in der realen Welt anders zugeht als in Barbieland = mehr Machogehabe bei gleichzeitig weniger Pink. Die beiden trennen sich: Barbie spürt den Teenager auf, der (bzw. die) sich jedoch weigert, ihr behilflich zu sein und wird im Anschluss von der Security des Herstellers (Mattel) einkassiert und in dessen Headquarter gebracht. Der versammelte Vorstand empfiehlt die Rückverfrachtung nach Barbieland. Barbie, deren Mission ja noch nicht erfüllt ist, flieht durch die langen Korridore des Verwaltungsgebäudes (diese Sequenz erinnert ein bisschen an Terry Gilliams „Brazil“), und entkommt schließlich dank der tatkräftigen Unterstützung einer Mattel-Mitarbeiterin (die praktischerweise gleichzeitig die Mutter des bisher wenig hilfreichen Teenagers ist). Die 3 verabreden, zurück nach Barbieland zu fahren, um die Angelegenheit direkt vor Ort zu regeln. Während der Reise kristallisiert sich heraus, dass die Mitarbeiterin die Ideengeberin für die Prototypen „Barbie mit Todessehnsucht“ und „Plattfuß-Barbie“ ist und damit das Ziel verfolgt, das Sauberfrau-Image der Figur allmählich aufzulösen und mehr der Realität anzupassen.

Retour in Barbieland stellen die 3 erschrocken fest, dass mittlerweile Ken dort das Kommando übernommen und das Patriarchat eingeführt hat. Alle Barbies machen freudig mit, so als ob sie von einem Gehirnwäschevirus befallen wurden. Gemeinsam mit der nicht-infizierten Punk-Barbie baldowern die 4 nun einen Schlachtplan aus, um die alten Verhältnisse wiederherzustellen.

Mehr soll hier nicht verraten werden, denn eventuell hat der ein oder andere Leser (m/w/d) dieser Kolumne den Film ja noch nicht gesehen.

Wollen wir uns der Produktion zuerst mal aus dramaturgischem Blickwinkel nähern. Da kann man als alter weißer Mann leider nur schulterzuckend anmerken, dass die Handlung durchgängig blass bleibt: kaum Spannung drin, keinerlei überraschende Wendung, die Figuren stark überzeichnet. Okay, Barbie und Ken muss man wohl überzeichnen, aber weshalb man den Mattel-Vorstand (der ja der realen Welt entstammt) ebenfalls in dieses Raster presst, bleibt das Geheimnis des Drehbuchautors. Im völligen Kontrast dazu allerdings Gloria (die zur Flucht Beihilfe leistende Mitarbeiterin) und deren (leicht rebellische) Teenagertochter Sasha. Die sagen Sätze, die 1 zu 1 aus einem Feminismushandbuch für Fortgeschrittene entnommen sein könnten:

Ich habe es so satt, ständig dabei zuzusehen, wie jede einzelne Frau sich von morgens bis abends zerreißt, nur damit man sie mag. Und wenn das alles auch für eine Puppe zutrifft, die nur das Abbild einer Frau ist, dann weiß ich auch nicht mehr. Dann ist es noch schlimmer als ich annahm.
(c) Gloria

Womit wir bei den Dialogen angekommen sind. Die passen in ihrer kindlichen Naivität natürlich zu Barbie & Ken, und die passen mit der Prägnanz, in der sie die offenkundige Schwachstelle der rosaroten Scheinwelt – nämlich die Illusion jederzeit perfekt sein zu müssen – geißeln, ebenfalls zu dem das Barbie-Universum revolutionierenden Mutter-Tochter-Gespann. Es fehlt aber leider jeglicher Wortwitz; es sei denn, man findet die Art und Weise, wie Barbie & Ken reden, per se lustig. Und das, was Gloria & Sasha von sich geben, klingt überwiegend knöchern bis hin zu moralinsauer. Mir ist schon klar, dass der „geniale“ Gedanke darin liegen soll, dem arglosen Puppensprech das feministische Wording der 2 Figuren aus der realen Welt entgegenzusetzen; jedoch ist dieser gewollte Kontrast zu offensichtlich, wird auch zu häufig eingesetzt, sodass die Wirkung des Stilmittels nach ein paar Minuten verpufft. Und wenn der Drehbuchautor bei den Dialogen nicht mehr weiterwusste, wird eine Gesangs- oder Tanzeinlage eingeschoben. Kann man machen, klar. Warum auch nicht? Gibt einige gute Filme, in die Gesangseinlagen integriert sind. Wobei es dann halt ne gute Einlage sein sollte. Was ich am Sonntagabend im Barbie-Film musikalisch zu hören bekam, war allerdings Magerkost. Ich weiß jetzt, dass Ken auch singt; aber damit niemals in den Charts der realen Welt landen wird.

Die Schauspieler – das geht schnell: Margot Robbie wie immer ein Hingucker und wie immer gut. Barbie ist jetzt sicher nicht ihre bisher beste Rolle, aber sie verleiht der Puppe zum einen Optik de luxe und zum anderen emotionale Momente, die selbst bei nem misogynen Boomer wie mir verfangen. Ryan Gosling hingegen beweist mal wieder, dass er exakt 2 mimische Ausdrücke beherrscht = cool und etwas weniger cool (als Ken zwischendurch mal weint, wirkt das eher peinlich als schauspielerisch gekonnt). Und über die restlichen Akteure brauchen wir kein Wort zu verlieren, da von der Wichtigkeit ihrer Rollen her allesamt vernachlässigbar.

Visuelle Gestaltung & Requisite: Hier liegt die absolute Stärke des Films = der Transport des Barbie-Puppenhaus-Feelings auf die Leinwand: beeindruckende Farben, tolle Kostüme, schön-kitschige Postkarten-Hintergründe. Da stimmt wirklich alles bis hin zur pinken (lachsrosa?) Krawatte des Mattel-CEO. Das ist überaus gelungenes Hollywood-Kino!

Die Zuschaue sind begeistert, besonders positiv wird die Botschaft des Films aufgenommen. Bloß, worin besteht die Message eigentlich? Ist es nur 1 oder sind es mehrere? Falls ja: um welche handelt es sich? Ich bin da nach wie vor rätselnd. Das Einzige, was ich begriffen habe = da soll mit pinker Penetranz (pardon: Nachhaltigkeit) was gesendet werden.

Ich versuche mich jetzt daran, die Sendung zu entschlüsseln bzw. in ihre Einzel-Botschaften aufzudröseln:
(A) Matriarchat schlägt Patriarchat
(B) Diversität ist ein unbedingtes Muss
(C) Barbie hat erkannt, dass sie näher an die Realität heranrücken muss, wenn sie eine Zukunft haben will (Stichwort = Orangenhaut-Puppe)
(D) Grundsätzlich ist die Barbiewelt okay, da von modernen Frauen bevölkert.

Wollen wir uns mal die Punkte (C) & (D) vorknöpfen, um zu sehen, ob die Puppen tatsächlich dem modernen Frauenbild entsprechen. Was ist bspw. von einer Schriftsteller-Barbie zu halten, die in ihrem gesamten Leben keinen einzigen Satz zu Papier gebracht hat? Oder von einer Nobelpreis-Puppe, die nicht erklären kann, wofür sie diese Auszeichnung verliehen bekam? Die Präsidenten-Barbie ist schwarz (womit sie oben (B) Diversität erfüllt); aber ist ihr bewusst, was einen amerikanischen Präsidenten (m/w/d) hinsichtlich Richtlinienkompetenz von einem deutschen Kanzler unterscheidet? Das sind aber blöde Fragen, die sie hier an Barbie stellen, Herr Kolumnist, meinen Sie? Das stimmt, es sind tatsächlich blöde Fragen. Aber genauso blöde ist es, bloß weil ich eine Puppe schwarz anmale und ihr die Bezeichnung „Präsidentin“ verleihe, zwangsläufig von einer modern geprägten Figur auszugehen. Streng betrachtet handelt es sich um eine Plastikhülle bar jeglichen Inhalts. Wer benötigt denn bei Puppen irgendeinen Inhalt, es sind Puppen und keine realen Menschen, sagen Sie jetzt? Okay, wenn’s Puppen sind und bleiben – wozu dann diese penetrante Berieselung mit Botschaften im Film? Wird es tatsächlich jemals eine Plattfuß-, Todessehnsucht-, Bulimie-, Haarausfall- oder Schlechte-Zähne-Barbie geben, oder will der Hersteller den Gedanken des Näher-an-die-Wirklichkeit-ranrückens dann lieber doch nicht überstrapazieren? Realität bedeutet im zweitgenannten Szenario, dass Barbie zwar alle möglichen Berufe ergreifen darf (evtl. sogar den des CEO von Mattel), dabei aber immer nett & adrett auszusehen hat.

Was nützen all die o.g. Botschaften (vllt. gab’s noch mehr davon, die ich als alter weißer Mann schlichtweg nicht begriffen habe), wenn die zwar ans Publikum gerichtet, jedoch nie in die Praxis umgesetzt werden, weil dem Hersteller die falsche Vorspiegelung der Moderne völlig reicht? Nichts ist so konservativ wie der Vorstand einer Aktiengesellschaft, der ständig bibbernd auf die Quartalszahlen schielt. Sollte die vorgelagerte Marktforschung ergeben, dass sich eine Adipositas-Barbie nicht verkauft, so wird diese nicht produziert. Völlig egal, wie wirklichkeitsgetreu diese Puppe wäre. Zwischendurch grübelte ich: Ist „Barbie“ ein Werk, bei dem Autor(en) & Regisseurin völlig frei in Ausarbeitung und Gestaltung waren, oder gab’s Vorgaben vom Geldgeber? Ich tippe auf das zweite Szenario.

Ich bin zwiegespalten: visuelle Gestaltung und Requisite toll gemacht. Margot Robbie von der Optik her top, haucht der (dummen) Plastikpuppe Leben ein und verleiht ihr hin und wieder sogar einen Hauch intellektuellen Tiefgang. Ryan Gosling hingegen mittelmäßig; das war er aber auch schon im Netflix-Blockbuster „The Gray Man“.

Die Botschaft(en) wird/werden zu sehr mit dem Holzhammer vermittelt. Hier ist weniger oft durchaus mehr. Anstatt dem Zuschauer ständig zu erklären, worin die Vorteile des Matriarchats liegen, wäre es klüger gewesen, das spielerisch zu zeigen (show, don’t tell). Und da biegt der Film mMn falsch ab, als er die beiden Protagonisten in die Barbie-Scheinwelt zurückschickt, anstatt sie ihre Mission im realen Los Angeles erfüllen zu lassen. Die für meinen Geschmack einprägsamste Sequenz ist die, wo Barbie auf Sasha und deren Freundinnen trifft und sich Sachen wie „du hast den Feminismus um 50 Jahre zurückgeworden“, „seit man dich erfunden hat, fühlen sich Frauen deinetwegen schlecht. Du hast das Selbstwertgefühl vieler Mädchen zerstört“, „du tötest den Planeten mit deiner Verklärung des ungebremsten Konsumverhaltens“ und „Faschistin“ anhören muss. Denn das war ehrlich und trifft den Kern der Barbie-Problematik = Propagierung eines Schönheitsideal, das für 90 Prozent der jungen Käuferinnen niemals erreichbar ist (dasselbe gilt natürlich für Sixpack-Ken; wobei halt nur wenig Jungs sich eine Ken-Puppe zulegen). Zwischen-PS: nicht jede Ikone der Konsumgesellschaft ist zwingend eine Faschistin. Aber aus dem Mund von Sasha hört sich das in dieser Szene trotzdem überzeugend an.

Statt weiterer Aufenthalt in der realen Welt folgen nun 1 Stunde Barbieland-Farbenzauber, Tanz- & Gesangseinlagen zzgl. hölzerne Dialoge. Mit der Flucht aus L.A. wurde leider die Chance vertan, Barbie & Ken konsequent mit den Problemen des richtigen Lebens im Allgemeinen und denen von Teenagern der Sorte Sasha im Speziellen zu konfrontieren. Dem Kampf zwischen Matriarchat und Patriarchat, der sich jetzt vor dem Zuschauer ausbreitet, haftet doch stark der Geruch von Haarspray und Wild-Cherry-Deodorant an.

Barbie ist mithin, ein/eine:
(a) Regisseur- (nicht: Drehbuchautor-) Werk
(b) Margot-Robbie-Film
(c) Werbeproduktion für Mattel (und ein bisschen für Birkenstock).

Zur Punktevergabe:
 Sohn 1 = 2 („Ich bin nur hier, weil’s Pizza gibt“)
 Sohn 2 = 3 („Story ist Müll“)
 die Tochter = 3 („Botschaft wird zu holzhammermäßig transportiert“)
 Ich = 4 (1 Zusatzpunkt für Margot Robbie).

Dass dieser Film (angeblich) das Kino gerettet hat, freut mich zwar fürs Kino, kann jetzt aber nicht an der Originalität der erzählten Geschichte gelegen haben. Der Streifen liegt inhaltlich näher bei „Charlie und die Schokoladenfabrik“ als bei „The Rocky Horror Picture Show“ (wie einer meiner Facebook-Bekannten begeistert kommentierte).

PS. Weshalb Barbie ganz am Ende einen Termin bei einem Gynäkologen (in der realen Welt) bucht, habe ich nicht so ganz verstanden. Ist sie schwanger (falls ja: von Ken?) oder will sie sich erstmal unverbindlich nach den Möglichkeiten einer Vagina-Transplantation erkundigen (denn sie hat ja keine)? Kann evtl. in einer Fortsetzung aufgeklärt werden.

PPS. Sollte Barbie als reiner Kinderfilm gemeint sein (FSK 6?), nehme ich natürlich (beinahe) alles oben Gesagte zurück und schreibe ne neue Rezi.
+++

Barbie
– Genre: Komödie
– FSK: 6 Jahre
– Erscheinungsjahr: 2023
– Produktionsunternehmen: Heyday Films, LuckyChap Entertainment, NB/GG Pictures, Mattel Films
– Budget: ca. 140 Mio. USD
– Vertrieb: Warner Bros. Pictures

– Regie: Greta Gerwig
– Drehbuch: Greta Gerwig & Noah Baumbach
– Protagonisten: Margot Robbie & Ryan Gosling

Gibt’s mittlerweile bei Amazon Prime.

Betriebswirt und Politologe, Comicleser, Filmjunkie, Bukowski- und FC- (es gibt nur einen FC: nämlich den aus Köln) Fan, trockener Alkoholiker. In die Abstinenz startete er mit einem Roman: Saufdruck. Seitdem tippt er abends Kurzgeschichten und Gedichte. Da die Schreiberei alleine nicht satt macht, verdient er tagsüber seine Kaltmiete und die Kühlschrankfüllung mit Marketing & Orga. Henning Hirsch lebt im Bonner Süden und ist Vater von drei Kindern ... Wer mehr von ihm lesen möchte: www.saufdruck.de

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Viel Pink, wenig Story

7 1
28.11.2023

Henning Hirsch hat endlich „Barbie“ angeschaut und sagt nach 2 rosarot gefärbten Stunden: Ein etwas geringer dosiertes Sendungsbewusstsein bei gleichzeitig mehr Handlung hätten diesem Film gutgetan.

Ja ja, ich bin spät dran. Weiß ich. Aber zuerst hat’s mich nicht so richtig interessiert, dann war’s schwierig, einen gemeinsamen Termin mit meinen 3 Kindern zu finden und als wir es schließlich tun wollten, war der Film aus den Kinos verschwunden.

Also hatten wir uns für vergangenen Sonntagabend in der Wohnung der Tochter verabredet, Popcorn, Chips, Gummibärchen und Pizza bereitgestellt und haben es endlich getan – Barbie angeschaut.

!Achtung: die nachfolgende Rezenzion stammt aus der Feder eines alten, weißen Mannes!

Die Handlung ist rasch erzählt: Barbie (Margot Robbie) lebt gemeinsam mit Ken (Ryan Gosling) und ner Menge anderer Barbies und Kens in Barbieland. Wir lernen im Schnelldurchlauf die Barbie-Präsidentin, 1 Barbie-Neurochirurgin, 1 Barbie-Schriftstellerin und 1 Barbie-Nobelpreisträgerin kennen. Sämtliche Hauttöne sind vertreten, es gibt sogar ne dicke und eine Rollstuhl-Barbie. Die Farbgebung in Barbieland ist bonbon-bunt mit einer Vorliebe für Neon-Pink. Alle Barbies sind glücklich und treffen sich allabendlich für eine Mädels-Cocktail-Happy-Hour. Die Kens sind ebenfalls glücklich, haben jedoch wenig zu kamellen, und ihre Zufriedenheit scheint partiell auf ihrer geistigen Beschränktheit zu gründen. In Barbieland herrscht ganz augenscheinlich eine Form von Matriarchat.

Eines Morgens erwacht Barbie in ihrem rosa Barbiebett, das in einem rosa Schlafzimmer steht, bemerkt beim Zähneputzen im rosa Badezimmer Mundgeruch und hat auf einmal Plattfüße und leichte Cellulite. Sie erfüllt augenscheinlich nicht mehr die Schönheitsnorm, die an Barbies gestellt wird, und bekommt einen kurzen Anflug von Todessehnsucht. Die anderen Barbies raten ihr, Kontakt mit einer ausrangierten Barbie aufzunehmen, der vor vielen Jahren Ähnliches widerfahren war. Diese – nennen wir sie mal so – Punk-Barbie empfiehlt das Treffen mit einem Teenager (w) in der realen Welt (warum es ausgerechnet dieser Teenager sein muss, habe ich nicht mitbekommen, weil ich zu diesem Zeitpunkt auf dem Klo war). Barbie steigt kurzentschlossen ins Auto und macht sich auf den Weg Richtung Los Angeles. Auf halber Strecke klettert Ken aus dem Kofferraum, und die beiden beschließen, die gefährliche Mission zu zweit durchzuführen.

Angelangt am Venice Beach stellen die 2 fest, dass es in der realen Welt anders zugeht als in Barbieland = mehr Machogehabe bei gleichzeitig weniger Pink. Die beiden trennen sich: Barbie spürt den Teenager auf, der (bzw. die) sich jedoch weigert, ihr behilflich zu sein und wird im Anschluss von der Security des Herstellers (Mattel) einkassiert und in dessen Headquarter gebracht. Der versammelte Vorstand empfiehlt die Rückverfrachtung nach Barbieland. Barbie, deren Mission ja noch nicht erfüllt ist, flieht durch die langen Korridore des Verwaltungsgebäudes (diese Sequenz erinnert ein bisschen an Terry Gilliams „Brazil“), und entkommt schließlich dank der tatkräftigen Unterstützung einer Mattel-Mitarbeiterin (die praktischerweise gleichzeitig die Mutter des bisher wenig hilfreichen Teenagers ist). Die 3 verabreden, zurück nach Barbieland zu fahren, um die Angelegenheit direkt vor Ort zu regeln. Während der Reise kristallisiert sich heraus, dass die Mitarbeiterin die Ideengeberin für die Prototypen „Barbie mit Todessehnsucht“ und „Plattfuß-Barbie“ ist und damit das Ziel verfolgt, das Sauberfrau-Image der Figur allmählich aufzulösen und mehr der Realität anzupassen.

Retour in Barbieland stellen die 3 erschrocken fest, dass mittlerweile Ken dort das Kommando übernommen und das Patriarchat eingeführt hat. Alle Barbies........

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