Mehr Fortschritt wollte man wagen: Christian Lindner, Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Robert Habeck am 24. November 2021 bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags der Ampelkoalition. Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist die Grundlage des ohnehin nicht ganz einfachen Bündnisses zerstört.

© Quelle: imago images/Bildgehege

Nach dem Urteil aus Karlsruhe hat die Ampel ein 60 Milliarden Euro großes Problem: Sie braucht dringend Geld für Klimainvestitionen und Standortpolitik, darf dafür aber nicht mehr die ungenutzten Corona-Kredite aus ihrem Schattenhaushalt nutzen. Von diesem Schlag wird sich die Koalition nicht mehr erholen, kommentiert Eva Quadbeck.

Das Verfassungsgerichtsurteil aus dieser Woche wird noch lange nachhallen und die Finanzierung von Staatsaufgaben grundlegend verändern. Für die aktuell regierende Ampel ist es ein schwerer Schlag, von dem sie sich bis zum Ende der Wahlperiode nicht erholen wird. Das Geld, das so locker in den Kreditermächtigungen des Klima- und Transformationsfonds saß, muss für den notwendigen klimafreundlichen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft nun mühsam an anderen Ecken zusammengekratzt werden. Und wo soll gegebenenfalls gespart werden: Bei den Subventionen für die Chipfabrik? Bei der Gebäudesanierung? Bei der Förderung der Elektromobilität? Wird gar die CO2-Abgabe schneller erhöht, was Strom, Sprit, Erdgas und Heizöl deutlich verteuern würde?

Nicht nur die Ampel wird künftig jeden Euro zweimal umdrehen müssen. Auch NRW, das Saarland, Bremen und Berlin haben Schattenhaushalte aufgebaut, mit denen sie unter Druck geraten könnten. Zudem will die Union auch noch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds überprüfen lassen – besser bekannt als „Doppelwumms“. Das sind jene Sonderkredite in Höhe von mehr als 200 Milliarden Euro, aus denen in der Folge des Ukrainekriegs zum Beispiel die Strompreisbremse finanziert wurde. Der Bundesregierung droht also noch mehr Ungemach. Wobei der Union bewusst sein sollte, dass sie eines Tages möglicherweise selbst die Suppe auslöffeln muss, die sie der Ampel gerade einbrockt. Denn nachfolgende Regierungen werden künftig nicht mehr so locker mit den Milliarden jonglieren können, wie es auch zu Zeiten der Kanzlerschaft von Angela Merkel der Fall war. In einer unvorhersehbaren Krise wie bei Kriegen, Naturkatastrophen oder einer Pandemie kann die Schuldenbremse immer noch außer Kraft gesetzt werden – die frischen Kredite dürfen nach dem Urteil aus dieser Woche aber nicht mehr auf über Jahre gestreckte Fonds verteilt werden.

Mehr zum Thema

Ohne diese Sonderfonds verliert die Ampel ihren politischen Spielraum und ihre Möglichkeiten, jenseits von Krieg, Inflation und gestiegenen Zinsen zumindest einen Teil ihres Versprechens von Fortschritt einzulösen. Sie hätten es wissen können, dass diese Finanztricks gegen die grundgesetzlich festgelegte Schuldbremse verstoßen. Kritik und mahnende Stimmen gab es genug. Aber die Ampel-Koalition wäre wohl gar nicht zustande gekommen ohne den nun vom Verfassungsgericht erheblich gestutzten Klima- und Transformationsfonds. Der Kunstgriff im Bundeshaushalt ermöglichte es den Liberalen in den Koalitionsverhandlungen den Investitionswünschen der Grünen fürs Klima zuzustimmen. Mit dem Urteil ist deshalb auch ein wichtiger Pfeiler der Geschäftsgrundlage der Bundesregierung eingestürzt. Das bedeutet, dass dieses Bündnis von nun an noch weniger zusammenhält als bisher.

Die fehlenden 60 Milliarden Euro bremsen nicht nur Klimaprojekte aus. Das Geld ist angesichts auch der schwierigen wirtschaftlichen Lage zum Schutz des Klimas und zur Belebung der Konjunktur verplant gewesen. Nun sitzt die Ampel in einer Zwickmühle: Die Investitionen sind in der reformbedürftigen Republik dringend notwendig. Die Schuldenbremse aber steht in der Verfassung, und es gibt keine Mehrheiten dies zu ändern. Die Liberalen in der Regierung sind auch nicht bereit, mit Fantasie zu dem politischen Ergebnis zu kommen, dass sich das Land in einer Notlage befindet. Der Druck, zwecks Aussetzen der Schuldenbremse eine Notlage festzustellen, wird in der Ampelkoalition aber sicherlich wachsen. Denn in dieser Frage hat das Verfassungsgericht dem Gesetzgeber eindeutig Spielraum gegeben. Für Finanzminister und FDP-Chef Lindner könnte die Lage noch deutlich ungemütlicher als bisher werden.

Der Virologe ist unzufrieden mit der deutschen Debattenkultur und will daher selbst anpacken: 2025 will er bei der Bundestagswahl kandidieren und das Land „an die internationale Spitze“ führen.

Insgesamt mehr als 4300 Ukrainer befinden sich nach Angaben der ukrainischen Regierung in russischer Kriegsgefangenschaft, davon über 760 Zivilisten. Die Angehörigen werden finanziell vom Staat unterstützt. Kiew bereitet derweil ein weiteres Gefängnis für russische Gefangene vor.

Im Westen sind die Taliban verpönt. Doch am Donnerstag trat der ranghohe Taliban-Funktionär Abdulbari Omar offenbar in Köln auf. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Serap Güler zeigt sich „fassungslos“.

Seit mehr als anderthalb Jahren führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Ein Ende ist weiterhin nicht in Sicht. Von Truppenaufstockungen über Waffenlieferungen bis zu den Folgen von Drohnen- und Raketenangriffen – verfolgen Sie alle Entwicklungen in unserem Liveblog.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist in Berlin gelandet und vom Bundespräsidenten empfangen worden. Sein Treffen mit Kanzler Olaf Scholz wird überschattet von seinen Verbalattacken gegen Israel. Am Abend stellen sich Erdogan und Scholz den Fragen der Journalisten.

QOSHE - Die Grundlage der Ampelkoalition ist futsch - Eva Quadbeck
menu_open
Columnists Actual . Favourites . Archive
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close
Aa Aa Aa
- A +

Die Grundlage der Ampelkoalition ist futsch

13 0
17.11.2023

Mehr Fortschritt wollte man wagen: Christian Lindner, Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Robert Habeck am 24. November 2021 bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags der Ampelkoalition. Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist die Grundlage des ohnehin nicht ganz einfachen Bündnisses zerstört.

© Quelle: imago images/Bildgehege

Nach dem Urteil aus Karlsruhe hat die Ampel ein 60 Milliarden Euro großes Problem: Sie braucht dringend Geld für Klimainvestitionen und Standortpolitik, darf dafür aber nicht mehr die ungenutzten Corona-Kredite aus ihrem Schattenhaushalt nutzen. Von diesem Schlag wird sich die Koalition nicht mehr erholen, kommentiert Eva Quadbeck.

Das Verfassungsgerichtsurteil aus dieser Woche wird noch lange nachhallen und die Finanzierung von Staatsaufgaben grundlegend verändern. Für die aktuell regierende Ampel ist es ein schwerer Schlag, von dem sie sich bis zum Ende der Wahlperiode nicht erholen wird. Das Geld, das so locker in den Kreditermächtigungen des Klima- und Transformationsfonds saß, muss für den notwendigen klimafreundlichen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft nun mühsam an anderen Ecken zusammengekratzt werden. Und wo soll gegebenenfalls gespart werden: Bei den Subventionen für die Chipfabrik? Bei der Gebäudesanierung? Bei der Förderung der Elektromobilität? Wird gar die CO2-Abgabe schneller erhöht, was Strom, Sprit, Erdgas........

© Die Harke


Get it on Google Play