Man kann es durchaus als Sensation bezeichnen. Ein Forschungsteam der Freien Universität (FU) Berlin hat gemeinsam mit russischen Kollegen in Sibirien die älteste befestigte Siedlung der Welt entdeckt. Sie wurde vor 8000 Jahren von Jägern und Sammlern errichtet und ist zugleich die nördlichste steinzeitliche Wallanlage Eurasiens, wie es in einer Mitteilung der FU heißt. Die Entdeckung wurde in der Fachzeitschrift Antiquity veröffentlicht.

Eine der Leiterinnen der Forschungsgruppe ist Henny Piezonka, seit Mai 2023 Professorin für Prähistorische Archäologie am Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften der FU. Sie forschte 2019 mit einem Team von Wissenschaftlern aus Berlin, Kiel und Jekaterinburg in der Taiga Westsibiriens.

Das Team bestätigte das steinzeitliche Alter der Stätte am sibirischen Fluss Amnya. „Diese Erkenntnis verändert unser Verständnis der frühen menschlichen Gesellschaften“, sagt Henny Piezonka. Damit stehe die Vorstellung infrage, „dass die Menschen erst mit dem Aufkommen der Landwirtschaft begannen, dauerhafte Siedlungen mit monumentaler Architektur zu bauen und komplexe soziale Strukturen zu entwickeln“.

08.12.2023

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07.12.2023

Piezonka, geboren 1976 in Cottbus, studierte einst Ur- und Frühgeschichte, Klassische Archäologie und Kunstgeschichte in Berlin und Glasgow. Zu ihren Stationen gehörten Bonn, Greifswald und Kiel. Sie forschte in Sibirien und der Mongolei zur Geschichte von Jägern, Sammlern, Hirten und frühen bäuerlichen Gruppen. Sie spricht von der „unwahrscheinlich großen Diversität“ menschlicher Gesellschaften und möchte dazu beitragen, sich vergangenen Lebenswelten „realistischer anzunähern“.

„Bereits als Zehnjährige wollte ich Archäologin werden“, erzählte sie jüngst in einem Blog. Ansonsten befasse sie sich gern mit Keramik und Keramikmalerei. Befragt, an welchen neolithischen Ort sie sich zurückversetzen lassen würde, wenn das möglich wäre, sagte sie, dass sie sich nur schwer entscheiden könne.

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Sie sähe zum Beispiel gern, wie einst die Vertreter der Linienbandkeramik und die lokale, wildbeuterische Bevölkerung an der nördlichen Peripherie, in der Uckermark, aufeinandertrafen – „wie sie sich wohl begegnet sind und was sie voneinander gehalten haben?“

Die befestigte Steinzeitsiedlung von Amnya wird übrigens vom US-Wissenschaftsmagazin Archaeology zu den Top 10 der archäologischen Entdeckungen des Jahres 2023 gezählt. Sie ist nicht zuletzt ein ermutigendes Beispiel für die Zusammenarbeit deutscher und russischer Wissenschaftler.

QOSHE - Sensation an der FU Berlin: Wissenschaftler entdecken älteste Siedlung der Welt - Torsten Harmsen
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Sensation an der FU Berlin: Wissenschaftler entdecken älteste Siedlung der Welt

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10.12.2023

Man kann es durchaus als Sensation bezeichnen. Ein Forschungsteam der Freien Universität (FU) Berlin hat gemeinsam mit russischen Kollegen in Sibirien die älteste befestigte Siedlung der Welt entdeckt. Sie wurde vor 8000 Jahren von Jägern und Sammlern errichtet und ist zugleich die nördlichste steinzeitliche Wallanlage Eurasiens, wie es in einer Mitteilung der FU heißt. Die Entdeckung wurde in der Fachzeitschrift Antiquity veröffentlicht.

Eine der Leiterinnen der Forschungsgruppe ist Henny Piezonka, seit Mai 2023 Professorin für Prähistorische Archäologie am Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften der FU. Sie forschte 2019 mit einem Team von........

© Berliner Zeitung


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