Seit Monaten schwelt ein gerichtsanhängiger Bienen-Beef zwischen dem umstrittenen ÖRR-Satiriker Jan Böhmermann und dem sächsischen Bio-Imker Rico Heinzig. In einer ZDF-Sendung im vergangenen November hatte Böhmermann den Bio-Anspruch des Imkers kritisiert: „Auch wenn es wie Naturschutz aussieht und vor allem so aussehen soll, ist dieses ganze Honigbienenangesiedel nichts anderes als Beewashing.“

In Wahrheit, so Böhmermann im ZDF, gehe es dem Imker um „Werbung, Geld und Business“. Das Wort „Beewashing“ ist eine Anspielung auf den Vorwurf des „Greenwashing“, den Kritiker gegen die vermeintlichen Umweltschutz-Anstrengungen finanzstarker Unternehmen erheben.

Imker Heinzig reagierte mit einer Satire der eigenen Art. Er druckte Werbeplakate und Etiketten mit Böhmermanns Konterfei. Darauf wirbt der ZDF-Mann als „führender Bienen- und Käferexperte“ für Rico Heinzigs „Beewashing Honey“. Der TV-Satiriker, dem böse Zungen nachsagen, er trete gern zwangsgebührenfinanziert nach unten, fand das gar nicht lustig. Um zu verbieten, dass Imker Heinzig mit seinem Gesicht wirbt, klagte er vor dem Landgericht Dresden auf Schutz von Persönlichkeitsrechten.

Den Prozess gewann allerdings der Imker – die Richter sahen in dessen Aktion eine pfiffige Retourkutsche. Böhmermann ging in Berufung. Nun treffen sich die Parteien vor dem Oberlandesgericht Dresden wieder. Wie MDR Sachsen meldet, steht die mündliche Verhandlung am kommenden Dienstag an.

07.06.2024

•vor 4 Std.

•gestern

Auf Nachfrage von MDR Sachsen betont Böhmermanns Anwalt Torben Düsing, in dem Rechtsstreit gehe es lediglich um das angestrebte Verbot eines unerlaubten, kommerziellen Verkaufs von Produkten mit Böhmermanns Bild und Namen: „Irgendwelche Zahlungsansprüche sind nicht Gegenstand des Verfahrens.“ Offensichtlich legt der Anwalt Wert darauf, zu betonen, dass der Satiriker, dessen ZDF-Honorare dem Vernehmen nach deutlich über dem Mindestlohn liegen, sich an dem sächsischen Imker nicht auch noch schadenersatzlich bereichern will.

In einem Podcast des Hessischen Rundfunks hatte Böhmermann im März gesagt: „Bei dieser Honiggeschichte treffen einfach zwei Satiriker aufeinander. Ich finde es spannend herauszufinden, ob das eine neue Form von Satire ist. Dass, wenn mir etwas nicht gefällt, ich dann quasi Persönlichkeitsrechte von Leuten verletzen kann und damit Produkte verkaufen kann. Ich würde das gern für mich wissen. Dann spare ich mir die ganze Arbeit mit der Sendung und werde anderweitig reich.“

Laut MDR Sachsen sagt Böhmermanns Anwalt, Heinzig „inszeniere“ sich in dem Verfahren als „armer kleiner Imker“, obwohl er über eine Spendenplattform mehr als 70.000 Euro zur Finanzierung der Verfahrenskosten eingesammelt habe. Dabei lägen die gesetzlichen Kosten des Verfahrens in erster Instanz bei „lediglich knapp über 5000 Euro und die Kosten der zweiten Instanz circa 6000 Euro“.

Rico Heinzig rechnet mit rund 20.000 Euro Anwalts- und Verfahrenskosten, sollte er verlieren. Der Spendenaufruf habe ein Vielfaches des ursprünglichen Ziels erreicht: „Die Leute haben einfach nicht aufgehört, zu spenden. Da kriegt man schon Gänsehaut.“ Das über die Verfahrenskosten hinausgehende Geld wolle er an „kleine, regionale und nachhaltige Umweltschutzprojekte“ spenden: „Das werde ich nicht in meiner Imkerei nutzen.“

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Heinzig fühlt sich im Recht; er habe sich mit satirischen Mitteln verteidigt. Es sei „verwunderlich und auch beschämend“, dass jemand, der Deutschland Humorlosigkeit vorwerfe, die eigene Medizin nicht vertrage. Böhmermanns Team versuche, „es so hinzustellen, als ob ich alles kommerziell betreibe und er der Satiriker ist, dessen Persönlichkeitsrechte verletzt worden sein sollen“.

Hingegen seien seine, Heinzigs, Persönlichkeitsrechte verletzt worden: „Videomaterial über meine Firma wurde ungefragt gezeigt und der ganze Berufsstand der Imker durch den Kakao gezogen – für die TV-Quote im gebührenfinanzierten Fernsehen.“

In den sozialen Medien hatte Heinzigs Aktion für reichlich Beifall gesorgt. Böhmermann, der mindestens so viele Kritiker gegen sich vereint wie die Institution Öffentlich-Rechtliches Fernsehen insgesamt, gilt vielen als Scharfrichter des staatlich sanktionierten Zeitgeists und dessen „richtiger“ Meinungen. Das Urteil des Oberlandesgerichts wird am Dienstag wohl noch nicht erwartet.

QOSHE - Jan Böhmermanns Bienen-Beef geht in die nächste Runde - Thomas Fasbender
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Jan Böhmermanns Bienen-Beef geht in die nächste Runde

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09.06.2024

Seit Monaten schwelt ein gerichtsanhängiger Bienen-Beef zwischen dem umstrittenen ÖRR-Satiriker Jan Böhmermann und dem sächsischen Bio-Imker Rico Heinzig. In einer ZDF-Sendung im vergangenen November hatte Böhmermann den Bio-Anspruch des Imkers kritisiert: „Auch wenn es wie Naturschutz aussieht und vor allem so aussehen soll, ist dieses ganze Honigbienenangesiedel nichts anderes als Beewashing.“

In Wahrheit, so Böhmermann im ZDF, gehe es dem Imker um „Werbung, Geld und Business“. Das Wort „Beewashing“ ist eine Anspielung auf den Vorwurf des „Greenwashing“, den Kritiker gegen die vermeintlichen Umweltschutz-Anstrengungen finanzstarker Unternehmen erheben.

Imker Heinzig reagierte mit einer Satire der eigenen Art. Er druckte Werbeplakate und Etiketten mit Böhmermanns Konterfei. Darauf wirbt der ZDF-Mann als „führender Bienen- und Käferexperte“ für Rico Heinzigs „Beewashing Honey“. Der TV-Satiriker, dem böse Zungen nachsagen, er trete gern zwangsgebührenfinanziert nach unten, fand das gar nicht lustig. Um zu verbieten, dass Imker Heinzig mit seinem Gesicht wirbt, klagte er vor dem Landgericht........

© Berliner Zeitung


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