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Helke Sander: „Es war eben so, dass vor allem Soldaten der Roten Armee vergewaltigt haben“

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24.10.2024

Wir treffen uns in einem Café an der Neuen Kantstraße, Helke Sander, die Begründerin der neuen Frauenbewegung in der BRD, hat einen Platz am Fenster gewählt. Sie ist 87 Jahre alt, ihr Gehstock lehnt an der Wand, sie spricht mit einer Lakonie, die auch ihre Filme auszeichnen. Am Sonnabend wird ihr im Rahmen der Verleihung des Kinopreises des Kinematheksverbunds im Kino Arsenal der Ehrenpreis für ihre Verdienste um die Filmkultur und das Filmerbe verliehen.

Frau Sander, ich möchte in das Jahr 1968 zurück, als Sie auf der Delegiertenkonferenz des Sozialistischen Studentenbundes in Frankfurt am Main in einer Rede sagten, dass die Befreiung der Frau zu Hause anfängt, bei der Kinderbetreuung. Das ist fast ein halbes Jahrhundert her. Wenn Sie sich heute umschauen – hat sich grundlegend etwas geändert?

Wir wollten, dass sich der SDS unseren Forderungen anschließt. Wir Frauen waren ja nicht mal rechtlich gleichgestellt. Wir haben uns für die gesellschaftliche Versorgung von Kindern eingesetzt. Aber dass Männer etwas machen, was Frauen fordern, war für die meisten damals abstrus.

Wenn Sie sich in der Gegenwart umgucken – was von dem, was Sie damals wollten, ist denn passiert?

Schon einiges, es reicht nur nicht. Damals wussten wir nicht, wie katastrophal die Lage der Frauen weltweit ist. Damals waren wir knapp vier Milliarden, heute sind wir fast zehn Milliarden, aber verbessert hat sich die Lage nur in einigen westlichen, kapitalistischen Ländern. Aber auch da ist nicht alles gut, etwa wenn man an die miserablen Schulen in Deutschland denkt.

Wie blicken Sie auf die feministische Bewegung in Deutschland heute?

Damit habe ich gewisse Schwierigkeiten. Die Genderbewegung hat die Frauenbewegung entpolitisiert.

Im Zentrum Ihres Films „Redupers – die allseits reduzierte Persönlichkeit“ von 1977 steht eine alleinerziehende Mutter, die Sie selbst spielen. Worum ging es Ihnen mit diesem Film?

Es geht um Zeit. Dass der Tag 24 Stunden hat und die nicht reichen, für alles, was man zu erledigen hat und erledigen will. Es bleibt immer ein Überhang.

Haben Sie damals neidisch in die DDR geguckt, wo es genug Kindertagesstätten gab, anders als in der........

© Berliner Zeitung


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