Es ist im Moment nicht leicht, das passende Outfit für den Tag zu finden. Die Jahreszeiten zwischen Winter und Sommer werden alle halben Jahre zur textilen Herausforderung und gerade am Morgen zum Problem. Dabei ist die Lösung doch so einfach. Sie heißt Layering – und das liegt total im Trend. So kann man Vorhandenes neu kombinieren und muss für ein neues Outfit noch nicht einmal shoppen gehen.

Wie sehen das modebewusste Berliner? Wir haben uns auf die Straßen von Mitte begeben, um mit ihnen über die Fashion-Strategien für den Frühling zu sprechen.

Westover oder Pullunder, so heißt das meistunterschätzte Kleidungsstück im Frühling. Der ärmellose Klassiker kann nämlich als wärmendes und gleichzeitig ordnendes Teil über alles gezogen werden, was ein wenig zu zart für frühlingshafte Temperaturschwankungen gewebt ist. Für den besonderen Look kombiniert man beispielsweise zum weißen T-Shirt ein klassisches Exemplar mit V-Ausschnitt; das sieht toll aus und wärmt die Nieren.

22.03.2024

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Sapphira ist so oder so ein Fan. Sie liebt den ärmellosen Klassiker das ganze Jahr hindurch, wie sie sagt. „Ich trage ihn zu jeder Jahreszeit, auch im Sommer; über dem T-Shirt, zu Rock und Stiefeln. Ich mag diesen Corporate-Style, trage ihn aber gerne etwas verspielter.“ Ihr Pullunder ist ein Vintage-Stück von Zara, das sie in Schweden gekauft hat. Auch die Bluse ist vintage. Hose und Stiefel sind von Our Legacy. Und es sei Absicht, sagt Sapphira, dass sie ein Hosenbein in den Stiefel gesteckt trägt und eins nach draußen. „Ich habe das mal bei meiner Kunstlehrerin gesehen, die trug das so mit Sporthose und Stiefeln, das fand ich cool.“

„Es ist der erste Aperol in diesem Jahr“, sagt Julie, die mit ihrer Freundin Anouk vorm Café Lois in der Linienstraße sitzt. Und schon verschwindet die Sonne hinter einer Wolke – und wir sind mit einer typischen Situation im Frühling konfrontiert: dem Wetterwechsel.

„Die beste Lösung für die Übergangsphase ist einfach: schichten, schichten, schichten. Dann kannst du dich immer noch ausziehen, wenn es zu warm wird. Dann wird das schon!“, erläutert Anouk. Und Julie fügt hinzu: „Layern ist sowieso total in. Es sieht viel besser aus, wenn man mehrere Schichten anhat und nicht einfach nur eine Jacke und ein T-Shirt. Also wenn noch ein bisschen was rausguckt.“

Die beiden müssen es ja wissen, denn sie arbeiten als Models. Über ihren Look sagt Julie: „Das teuerste ist das Gucci-Cap, alles andere vintage.“ Anouks teuerstes Kleidungsstück ist ihre Jeans von Ann Demeulemeester. Ihr Gucci-Cap sei ein Fake, den sie aus Paris mitgebracht habe, der Rest ebenfalls vintage.

„Ich war gerade bei der Maniküre“, sagt Ben und präsentiert seine blauen Gelnägel, die bestens zur Jacke passen. Der Friedrichshainer ist auf dem Weg zu Arbeit in den Admiralspalast, wo er „in der Gastronomie“ arbeitet. Seine kobaltblaue Workwear-Jacke ist aus der Merchandise-Kollektion des Berliner Clubs Tresor. „Die habe ich mir letzte Woche bestellt, weil sie im Sale war“, sagt Ben. Dazu trägt er eine Dockermütze, einen Uniqlo-Rolli, Dickies-Hose mit Keychain und Schuhe von New Rock. Die Halskette sei ein Weihnachtsgeschenk gewesen.

Und wie sucht er bei wechselhaftem Wetter seine Kleidung aus? „Ich stelle mich gerne mal kurz auf den Balkon, um zu wissen, wie kalt es ist“, antwortet Ben. Der Blick durchs geschlossene Fenster würde nicht viel bringen, denn: „In Berlin haben die einen das ganze Jahr Pufferjacken an und die anderen laufen durchgehend in T-Shirts und kurzen Hosen rum.“

Gillian ist vor zwei Wochen aus dem Harz nach Berlin gezogen, um bei Haderlump ein Praktikum zu machen. Über ihr Outfit in Schwarz sagt sie: „Ich habe eine sehr dünne Satinhose und ein Satinhemd an, beides secondhand aus Berlin.“ Auffällig leuchtet ihr cremeweißer Perlenschmuck, den sie am Ohr und am Hals trägt. Die Kette ist von Vivienne Westwood, die derzeit wohl angesagteste Marke für Schmuck der Generation Z. Warum das so ist, kann sich Gillian auch nicht erklären, sie kann das aber bestätigen. „In meiner Bubble haben plötzlich ganz viele Vivienne Westwood getragen, das fing irgendwann an.“

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Gabrielle ist aus Frankreich nach Berlin gekommen, genauso wie Gillian wegen eines Praktikums bei Haderlump. Ihre Jeans sind von Urban Outfitters, die Schuhe von Dr. Martens, dazu trägt sie Vintage-Top und Vintage-Jeans. Ihre Loose-Fit-Jeans eignen sich bestens, um bei kaltem Wetter etwas darunterzuziehen: „Ich trage gerne Leggins drunter.“ Gillian stimmt zu und sagt: „Unter den sehr dünnen Satinhosen trage ich momentan auch noch Leggins, und unter dem Hemd ein Longsleeve.“ Da haben wir es wieder, das Layering!

An Johannes sieht man, worüber Julie beim Aperol gesprochen hat. Unter dem Sweatshirt schaut ein mintgrünes T-Shirt hervor, das dem Look einen weiteren Layer hinzufügt. In der Übergangszeit trägt er „viele Schichten“, sagt er, und „meistens noch eine Goretex-Jacke drüber, weil ich mit dem Moped fahre.“ Der Skateboarder aus Köpenick trägt komplett Supreme und dazu Dr. Martens.

Johannes wohnt in Köpenick, dort hat er auch sein Atelier, denn er ist Künstler: „Ich mache große Bilder“. Einige davon kann man auf seinem Instagram-Account @jotillsch sehen.

Auch Raphael folgt dem klimaflexiblen Prinzip des Schichtens. Sein Outfit besteht aus vielen hochmodischen Layern: „Die Dolce&Gabbana-Jacke habe ich mir secondhand geholt, der Hoodie ist ein No-Name-Teil, das T-Shirt ist von Search & Destroy, einem Upcycler aus Berlin, und die Hose ist von Acne Studios. Sonnenbrille, Mütze und Schuhe sind von Balenciaga, die Kette von BCCO“ – seinem eigenen Label. „Bei mir wird nur Designerkram geschichtet“, lacht Raphael.

Und was ist, wenn es regnet? „Ich besitze keinen Regenschirm, das letzte Mal habe ich einen vor zwei Wochen in New York benutzt“, antwortet er. Regenschirme sind wohl gerade out.

Die angehende Modedesignerin Hien trägt zu Dr. Martens und schlichter Stoffhose einen Vintage-Ledermantel, den sie mit einem um den Oberkörper gewickelten Kunstpelzkragen aufpeppt. Das wärmt zusätzlich, lässt sich aber auch schnell ablegen, wenn die Sonne rauskommt. Dann wird auch die Sonnenbrille runtergeklappt, die Hien im Haar trägt. „Wenn es noch kalt ist, trage ich immer Thermostrumpfhosen und Thermoshirts drunter“, sagt Hien, die übrigens auch als Synchronsprecherin für erotische Audiohörspiele für Frauen arbeitet.

Hai ist Hiens Bruder, er arbeitet als DJ. Er hat die warme Jacke bereits hinter sich gelassen und ist zum Hoodie gewechselt. Er trägt ein blaues Exemplar von Ljubav, dem Label des Rappers Rin. „Aus dessen allererster Kollektion“, sagt Hai. Die Hose habe ein Arbeitskollege von ihm entworfen: „Das Label hieß Treffpunkt, gibt es aber nicht mehr.“ Die Sneaker sind von Reebok.

Viktor, den man in der Technoszene unter dem Namen Future.666 kennt, sind die Jahreszeiten eigentlich relativ egal. Über seine vegane Lederjacke von Eytys sagt er: „Das ist eigentlich eine Winterjacke“, und fügt hinzu: „Deswegen untendrunter etwas luftiger, dann gleicht sich das aus.“ Der Rest des Looks: Brille und Schuhe von Balenciaga, Leder-Bikerhose und Tanktop.

„Ich habe öfter mal Tanktops an, das ist einfach entspannt“, erzählt Viktor weiter, und wenn man sich die Beiträge auf seinen Instagram-Account ansieht, dann weiß man, dass es stimmt.

Nicht nur die Kringellocken sind ein Hingucker, auch Claras Outfit ist interessant geschichtet. Neben dem Top, das sie wie ein Korsett über die Bluse gezogen hat, trägt sie außerdem einen Faltenminirock über der Jeans. Damit liegt sie im Trend, denn Rock und Hose übereinander geschichtet ist ein Look, den man momentan öfter sieht.

Und praktisch ist das in der Übergangszeit auch, denn der Rock wärmt zusätzlich oder lässt sich ablegen, wenn die Sonne zu sehr knallt. „Und wenn ich nach der Arbeit ausgehen will, kann ich auch die Hose ausziehen, funktioniert beides!“, sagt Clara und fügt hinzu: „Den Rock habe ich selbst gemacht, aus einem anderen Rock. Der Rest des Outfits ist vintage.“

QOSHE - Street Style: Das tragen die Berliner im Frühling - Sabine Röthig
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24.03.2024

Es ist im Moment nicht leicht, das passende Outfit für den Tag zu finden. Die Jahreszeiten zwischen Winter und Sommer werden alle halben Jahre zur textilen Herausforderung und gerade am Morgen zum Problem. Dabei ist die Lösung doch so einfach. Sie heißt Layering – und das liegt total im Trend. So kann man Vorhandenes neu kombinieren und muss für ein neues Outfit noch nicht einmal shoppen gehen.

Wie sehen das modebewusste Berliner? Wir haben uns auf die Straßen von Mitte begeben, um mit ihnen über die Fashion-Strategien für den Frühling zu sprechen.

Westover oder Pullunder, so heißt das meistunterschätzte Kleidungsstück im Frühling. Der ärmellose Klassiker kann nämlich als wärmendes und gleichzeitig ordnendes Teil über alles gezogen werden, was ein wenig zu zart für frühlingshafte Temperaturschwankungen gewebt ist. Für den besonderen Look kombiniert man beispielsweise zum weißen T-Shirt ein klassisches Exemplar mit V-Ausschnitt; das sieht toll aus und wärmt die Nieren.

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Sapphira ist so oder so ein Fan. Sie liebt den ärmellosen Klassiker das ganze Jahr hindurch, wie sie sagt. „Ich trage ihn zu jeder Jahreszeit, auch im Sommer; über dem T-Shirt, zu Rock und Stiefeln. Ich mag diesen Corporate-Style, trage ihn aber gerne etwas verspielter.“ Ihr Pullunder ist ein Vintage-Stück von Zara, das sie in Schweden gekauft hat. Auch die Bluse ist vintage. Hose und Stiefel sind von Our Legacy. Und es sei Absicht, sagt Sapphira, dass sie ein Hosenbein in den Stiefel gesteckt trägt und eins nach draußen. „Ich habe das mal bei meiner Kunstlehrerin gesehen, die trug das so mit Sporthose und Stiefeln, das fand ich cool.“

„Es ist der erste Aperol in diesem Jahr“, sagt Julie, die mit ihrer Freundin Anouk vorm Café Lois in der Linienstraße sitzt. Und schon verschwindet die Sonne hinter einer Wolke – und wir sind mit einer typischen Situation im Frühling konfrontiert: dem Wetterwechsel.

„Die beste Lösung für die Übergangsphase ist einfach:........

© Berliner Zeitung


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