Ein beigefarbener Trenchcoat, noch ein beigefarbener Trenchcoat und noch einer, dazu Röcke und Hosen – ebenfalls in Beige. Nein, das war nicht die Modenschau einer deutschen Konfektionskette in den Wilmersdorfer Arkaden, sondern die Show des Pariser Couture-Hauses Dior im Jardin des Tuileries am gestrigen Dienstag.

Was Maria Grazia Chiuri, die Kreativdirektorin der Frauenlinie da präsentierte, verschlug so manchem Gast die Sprache. Auch Applaus wollte nach der Show nicht so richtig aufbranden. War das noch Mode oder schon längst nur noch Bekleidung? Chiuri muss sich bereits seit geraumer Zeit viel Häme gefallen lassen. Ihre Kollektionen seien einfallslos, langweilig und zu kommerziell ausgerichtet, heißt es vor allem auf Social Media.

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Die nun präsentierte Ready-to-wear für den Winter 2024/25, der vermeintlich erste Höhepunkt der Paris Fashion Week, setzte ihren immer bieder werdenden Entwürfen nun die Krone auf. Und da ist die Frage nicht weit, unter welchem Druck das Modehaus wohl steht. Es ist gut möglich, dass auch Dior, eine Marke im LVMH-Konglomerat, mit den wirtschaftlichen Schwankungen des Luxusmarkts zu kämpfen hat und Chiuri angehalten wurde, die Massen zu bedienen.

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Aber wollen diese Massen wirklich einen Dior-Trench, der aussieht wie von Uniqlo? Wohl nicht – vielleicht war deshalb groß „Miss Dior“ über die Mäntel und Sakkos gepinselt. Seltsam in diesem Zusammenhang wiederum ist, dass die Models kaum Taschen in den Händen hielten. Denn: Wenn sich ein berühmtes Modehaus durch schwere Zeiten retten kann, dann mit dem Verkauf von Accessoires.

„Das Jahr 1967 war die Geburtsstunde von Miss Dior, der Damenkollektion, die die Konfektionsmode einführte und von Marc Bohan seinem Assistenten Philippe Guibourgé anvertraut wurde“, heißt es fast fadenscheinig in der Presseerklärung zu Kollektion. Und weiter: „Die Herausforderung für die Mode bestand damals in der Reproduzierbarkeit eines Kleides und vor allem in seiner Anpassungsfähigkeit an einen sich ständig verändernden Lebensrhythmus …“

Das klingt nach Resignation und es schreit Normcore! Denn nicht die Distinktion ist mehr das Ziel, sondern die Anpassung. Fast tat einem die tapfer lächelnde Maria Grazia Chiuri ein wenig leid, wie sie nach der Präsentation auf den Runway kam und zweimal in die falsche Richtung lief. Die beigefarbenen Dior-Ensembles irritierten am Ende vielleicht auch sie selbst. Der einzige Trost an dieser Stelle mag sein, dass derzeit auch viele andere große Labels auf Nummer sicher setzen. Krieg und Inflation scheinen zunehmend Widerhall in der Mode zu finden. Manche Designer schwelgen in der Dystopie, andere suchen die Sicherheit in normativer Businesskleidung, die diese am Ende aber eben doch nicht geben kann.

QOSHE - Normcore: Wenn Dior aussieht wie Uniqlo - Sabine Röthig
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Normcore: Wenn Dior aussieht wie Uniqlo

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28.02.2024

Ein beigefarbener Trenchcoat, noch ein beigefarbener Trenchcoat und noch einer, dazu Röcke und Hosen – ebenfalls in Beige. Nein, das war nicht die Modenschau einer deutschen Konfektionskette in den Wilmersdorfer Arkaden, sondern die Show des Pariser Couture-Hauses Dior im Jardin des Tuileries am gestrigen Dienstag.

Was Maria Grazia Chiuri, die Kreativdirektorin der Frauenlinie da präsentierte, verschlug so manchem Gast die Sprache. Auch Applaus wollte nach der Show nicht so richtig aufbranden. War das noch Mode oder schon längst nur noch Bekleidung? Chiuri muss sich bereits seit geraumer Zeit viel Häme gefallen lassen. Ihre Kollektionen seien einfallslos, langweilig und zu kommerziell ausgerichtet, heißt es vor allem auf Social Media.

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