Peggy Gou hat wahre Starqualitäten. Ihre Erscheinung passt so gut in diese Zeit wie ihre Musik. Und wenn sie auf Instagram in die Kamera spricht, scheinen Gesten und Sätze einer perfekten Choreografie zu folgen. Auch als sie an diesem Abend eine kleine Rede vor ihren Berliner Gästen hält, reihen sich die Wörter professionell pointiert aneinander. Zwischendurch macht Peggy Gou kleine Pausen, neigt den Kopf neckisch und lächelt milde ins Publikum.

Das Publikum – das sind an diesem exklusiven Abend nicht Tausende wie sonst, sondern gerade mal 600 Menschen. Fans, Freunde, Partner und Presse, exklusiv eingeladen. Sie sind gekommen, um die Videopremiere zur neuen Single „1+1=11“ zu feiern. Der ebenfalls in Berlin lebende und mit Peggy Gou befreundete Lichtkünstler Ólafur Elíasson ist auch vor Ort, denn der Musikclip ist sein Werk.

Die Tickets für die Veranstaltung in der recht bodenständigen Location Trauma Bar und Kino waren zuvor kostenlos über das Instagram-Profil von Peggy Gou vergeben worden. Nach fünf Minuten seien sie weg gewesen, hieß es seitens des Labels. Peggy Gou gibt an diesem Abend wie so oft keine Interviews. Wir müssen uns unsere Fragen also selbst beantworten.

Die wichtigste ist: Wer ist diese Peggy Gou und was macht ihren Erfolg aus? Sie ist eine der erfolgreichsten weiblichen DJs und Musikproduzentinnen der Welt, zu ihren Sets wird weltweit getanzt, sie posiert auf Covern internationaler Magazine und ist mit den ganz Großen der Modebranche befreundet; die gebürtige Südkoreanerin ist als VIP-Gast auf vielen Schauen in Paris oder Mailand eingeladen.

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09.04.2024

•gestern

Auf Social Media werden ihre Looks gefeiert und per Anleitung nachgebaut. Für ein typisches Peggy-Gou-Outfit braucht es einen Mix aus Streetwear und Luxusmode: Martine Rose oder Attico hier, Louis Vuitton, Bottega Veneta, Chanel oder Miu Miu dort. Tattoos geben dem Look den Rest – fertig ist ein hipper Hansdampf in allen Gassen, wie Peggy Gou einer ist.

Doch wer das Phänomen Peggy Gou noch ein bisschen besser verstehen will, der schaue sich auch ihre Fans an. Das haben wir an jenem Abend im April dann auch getan - und uns dabei auf modische Aspekte konzentriert.

Zuerst treffen wir die gebürtige Italienerin Claudia. Sie sieht aus, wie mit der Zeitmaschine aus den 80er-Jahren in der Zukunft angereist. Auch ihr Kaugummi ist heute ein ziemlich aus der Mode gekommenes Accessoire. Aber Moment, solche Stiefel gab es damals noch nicht – auch tätowiert waren nur wenige Damen. Also muss Claudia doch ganz offiziell im Hier und Jetzt leben.

Was gibt es über ihr Outfit zu sagen? „Ich habe einfach meinen Schrank aufgemacht, ein bisschen Farbe, ein bisschen Techno, fertig“, antwortet Claudia auf die Frage, wie sie sich für den heutigen Abend modisch vorbereitet hat. Würde Peggy Gou ähnlich auf diese Frage antworten? Es könnte sein.

Claudia wohnt in Berlin und arbeitet in einem Multibrand-Fashionstore in Prenzlauer Berg. Ein Freund ergatterte die Peggy-Gou-Tickets auf Instagram und nahm Claudia mit. Sie kennt Peggy Gou schon von DJ-Gigs in Italien. Der Song „I Believe in Love Again“ mit Lenny Kravitz machte sie endgültig zum Fan. Ihr Lieblingslied ist aber „Starry Night“.

Die Küsten Mexikos sind prädestiniert für Raves. Kein Wunder, dass dort viele der größten Festivals und besten Partys der Welt stattfinden, auch Peggy Gou ist in Mexiko dauergebucht. Vielleicht wird ihr Stil sogar ein bisschen von dem Land beeinflusst. Tattoos und knappe Tops sind in den mexikanischen Beach-Arealen jedenfalls kein seltener Anblick. Ihre Fanbase vor Ort ist entsprechend groß und so sind auch in Berlin mexikanische Gäste zugegen.

Alejandro lebt zwar schon eine ganze Weile in Berlin, aufgewachsen ist er aber in Mexiko-Stadt. Er arbeitet als Barkeeper in einem Restaurant. Über Peggy Gou denkt er, ihr Musik- und Modestil prädestinieren Peggy Gou zu„einer Marke“. Und was trägt er? Alejandro: „Secondhand-Jacke, Trasher-T-Shirt, Levi’s-Jeans und Yeezy-Sneaker.“

In der Schlange, die sich pünktlich zum Start der Veranstaltung um 20 Uhr vor dem Club gebildet hat, treffen wir Luna. Sie macht selbst Musik und ist ein Peggy-Gou-Fan der ersten Stunde: „Ich verfolge ihre Arbeit schon von Anfang an“, sagt sie. „Damals fand ich sie schon als DJ sehr cool, da wusste ich noch gar nicht, dass sie selber Musik produziert.“

Und weiter: „Mich fasziniert vor allem die Kombination aus koreanischen Vocals und House-Beats“, fasst Luna den musikalischen Kern des Peggy-Gou-Sounds zusammen. „Das war 2016 noch was ganz Neues.“ Auch die modische Einordnung des Stars klingt eloquent: „Iconic! Diese preppy Sets. Sie hat immer diese klassischen Sachen an, die sie mit Streetstyle kombiniert.“

Lunas Outfit ist unterdessen Layering deluxe: Mesh-Longsleeve, Blazer und Bomberjacke. Alles Vintage und Oversized. Dazu Jeans, eine selbstgemachte Cap und Sockenschuhe sowie Grillz am Zahn mit eigenem Künstlerlogo. Nachdem sie in Amsterdam gewohnt hat, ist sie vor zwei Monaten nach Berlin gezogen. Ihr Soloprojekt heißt wie sie selbst Luna Morgenstern.

Calvin und Marshall sind nach eigenen Angaben spontan auf dem Konzert gelandet. Als echte Hardcore-Fans kann man die beiden also nicht bezeichnen (oder geben sie es nur nicht zu?). Der Berliner Calvin freut sich aber trotzdem, dass er seinem Besucher Marshall in Berlin etwas bieten kann. Viel mehr können wir nicht besprechen, denn ein DJ-Set übertönt unser Gespräch.

Die beiden haben schon ein bisschen Fotoerfahrung und stellen sich für uns schick auf die Treppe. Ihre Looks: Marshall trägt eine gelayerte Mischung aus Preppy und Workwear; eine Weste von A. A. Spectrum, eine Jacke von MNML, einen Cos-Wolljumper und ein weißes Vintage-Hemd mit mittelgroßem Kentkragen. Dazu eine Anzughose von Cos und Cowboyboots. Calvin ist etwas sportlicher unterwegs: Er trägt eine Vintage-Pufferjacke und Boots von Eytys. Hose und Oberteil hat er selbst genäht.

Viola wurde in China geboren, sie lebt momentan in München, wo sie als Tattoo-Artist arbeitet. „Ich mochte House früher nicht, über Peggy Gou bin ich zu dieser Musik gekommen“, sagt sie. „Ich höre ihre Musik immer, während ich tätowiere. Ich mag auch ihren Modegeschmack sehr, ihre Outfits sind großartig.“ Violas Look: Ann Demeulemeester-Schuhe, avantgardistische Hosen eines kleinen chinesischen Labels und ein Sport-BH. Dazu gut sichtbare Tattoos.

Ob beabsichtigt oder nicht, aber Viola kommt damit dem Signature-Style von Peggy Gou schon sehr nahe, die auch gerne knappe Tops und weite Hosen trägt.

Sofia stammt wie Alejandro aus Mexiko-Stadt. Sie ist ein Peggy-Gou-Fan durch und durch. Sie hat aber vor allem auch den Modestil der Künstlerin auf dem Schirm. Für den heutigen Abend hat sie gründlich recherchiert: „Meine Freunde haben mich gefragt, was ziehst du an? Da bin ich auf Pinterest gegangen, um zu schauen, was der Peggy-Gou-Style ist.“

Und wie wäre dieser? „Nicht ganz so eng wie mein Kleid“, antwortet Sofia. „Peggy Gou trägt eher baggy Schnitte, oft auch Bucket Hats – es geht bei ihr generell mehr in Richtung Streetstyle.“ Sie hat einen Style, den man sofort als den ihren erkennt.

Sofias Mini-Leokleid von Bershka samt Stiefeln von Pull&Bear und der Vintage-Blüte an einem Lederband um den Hals erinnert sehr an die Berliner Club-Outfits in den Neunziger- und Nullerjahren. Schön, dass das auch heute noch funktioniert.

Berliner Popstars Peggy Gou und Ólafur Elíasson machen gemeinsame Sache: „1+1=11“

04.04.2024

FAZIT: Wir lernen an diesem Abend, dass Peggy Gou nicht nur wegen ihrer DJ-Sets und ihren eingängigen Songs so populär ist, sondern auch aufgrund ihrer Erscheinung. Ihr ernstes Interesse für Mode wird von ihren Fans wahrgenommen und extrem honoriert. Kein Wunder, ist das DJ-Pult doch heute mehr denn je auch eine Bühne, auf der es neben musikalischem Talent auch Entertainer-Qualitäten und einen Signature-Look braucht. Zumal alles stets und ständig abgefilmt wird. Bei Peggy Gou stimmt das Gesamtpaket, denn der Erfolg gibt ihr recht.

QOSHE - Internationaler Star aus Berlin: Wer Peggy Gou verstehen will, muss ihre Fans kennen - Sabine Röthig
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Internationaler Star aus Berlin: Wer Peggy Gou verstehen will, muss ihre Fans kennen

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11.04.2024

Peggy Gou hat wahre Starqualitäten. Ihre Erscheinung passt so gut in diese Zeit wie ihre Musik. Und wenn sie auf Instagram in die Kamera spricht, scheinen Gesten und Sätze einer perfekten Choreografie zu folgen. Auch als sie an diesem Abend eine kleine Rede vor ihren Berliner Gästen hält, reihen sich die Wörter professionell pointiert aneinander. Zwischendurch macht Peggy Gou kleine Pausen, neigt den Kopf neckisch und lächelt milde ins Publikum.

Das Publikum – das sind an diesem exklusiven Abend nicht Tausende wie sonst, sondern gerade mal 600 Menschen. Fans, Freunde, Partner und Presse, exklusiv eingeladen. Sie sind gekommen, um die Videopremiere zur neuen Single „1 1=11“ zu feiern. Der ebenfalls in Berlin lebende und mit Peggy Gou befreundete Lichtkünstler Ólafur Elíasson ist auch vor Ort, denn der Musikclip ist sein Werk.

Die Tickets für die Veranstaltung in der recht bodenständigen Location Trauma Bar und Kino waren zuvor kostenlos über das Instagram-Profil von Peggy Gou vergeben worden. Nach fünf Minuten seien sie weg gewesen, hieß es seitens des Labels. Peggy Gou gibt an diesem Abend wie so oft keine Interviews. Wir müssen uns unsere Fragen also selbst beantworten.

Die wichtigste ist: Wer ist diese Peggy Gou und was macht ihren Erfolg aus? Sie ist eine der erfolgreichsten weiblichen DJs und Musikproduzentinnen der Welt, zu ihren Sets wird weltweit getanzt, sie posiert auf Covern internationaler Magazine und ist mit den ganz Großen der Modebranche befreundet; die gebürtige Südkoreanerin ist als VIP-Gast auf vielen Schauen in Paris oder Mailand eingeladen.

•vor 3 Std.

09.04.2024

•gestern

Auf Social Media werden ihre Looks gefeiert und per Anleitung nachgebaut. Für ein typisches Peggy-Gou-Outfit braucht es einen Mix aus Streetwear und Luxusmode: Martine Rose oder Attico hier, Louis Vuitton, Bottega Veneta, Chanel oder Miu Miu dort. Tattoos geben dem Look den Rest – fertig ist ein hipper Hansdampf in allen Gassen, wie Peggy Gou einer........

© Berliner Zeitung


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