Seit Wochen überzieht eine hauchdünne gelbe Schicht alles in Berlin: Autos, Räder, Fenster, Gartenhäuschen – alles, was sich im Freien befindet, ist mit gelben Partikeln bedeckt. Und kaum hat man den Naturstaub weggewischt, ist er schon wieder da. Er scheint sich überall abzusetzen, beim Lüften gelangt er sogar in die Wohnung, und auch Seen haben einen Gelbschleier.

Wie lange dauert das noch? Wann kann man endlich wieder richtig durchatmen, wann Fenster und Auto putzen? „Generell enthält die Luft Staubpartikel unterschiedlicher Größe und Zusammensetzung“, sagt Dr. Christina Endler vom Deutscher Wetterdienst (DWD). Im Frühling mischen sich zu dem ‚normalen‘ Staub auch noch Blütenpollen. Die Pollen der meisten Pflanzen sind grünlich gelb.

Das Staubaufkommen sei normalerweise „im Frühjahr, Sommer und Herbst ausgeprägter“, erklärt die Expertin. „Im Frühjahr blühen eine Vielzahl verschiedener Pflanzen, die bei günstigen Wetterbedingungen ihre Pollen, also den Blütenstaub, in die Luft freisetzen. Je nach Wetterlage kann auch Staub aus der Sahara nach Deutschland transportiert werden.“ Das war Mitte/Ende April der Fall, zuvor auch schon im März.

So ziemlich jede Pflanze bildet Blütenstaub; einige werden von Insekten bestäubt, andere sind auf den Wind angewiesen, der ihre Pollen verteilt. Das alles findet vorrangig im Frühjahr statt, also in etwa von April bis Juni.

30.04.2024

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Deutlich spür- und sichtbar war zuletzt die Birke. Deren Pollen können zu allergischen Reaktionen (zum Beispiel Niesen, Fließschnupfen, juckende Augen) führen. Der Blütenstaub sitzt in den Kätzchen und ist gelblich. Durch Wind werden die Pollen weitergetragen und überall verteilt.

Der Raps, der strahlend blüht und rund um Berlin angebaut wird, ist wider Erwarten nicht für die alles bedeckende Staubschicht verantwortlich. „Der gelbe Blütenstaub auf Autos und Gartenmöbeln stammt nicht vom gelb blühenden Raps, sondern mehrheitlich von Fichte und Kiefer“, schreibt die Stiftung (PID) in ihrer Prognose für die erste Maiwoche.

Jedoch: „In der Nähe zu den Feldern ist starker Pollenflug unter günstigen Umständen (trocken, windig, mild) möglich“, heißt es dort auch in Bezug auf den Raps. Der warm-windige 1. Mai könnte uns also zusätzlichen Gelbstaub von den Feldern an die Fenster gepustet haben.

Matthias Werchan, Diplom-Landschaftsökologe beim PID, betont: „Die gelben Stäube in der Stadt stammen aktuell vorwiegend von den Pollen der Kiefer. Die Kiefer blüht bereits in Berlin und beginnt aktuell in weiten Teilen Brandenburgs zu blühen. Kieferpollen sind groß, mit dem bloßen Auge sichtbar und treten in Massen auf.“

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In Brandenburg seien 70 Prozent der Bäume Kiefern und somit derzeit Hauptproduzent der gelben Pollen. In der wöchentlichen Pollenvoraussage für Berlin schreibt der Polleninformationsdienst: „Durch diese Masse großer Partikel im Luftstaub können unter Umständen Fremdkörpergefühle in den Augen ausgelöst werden.“ Das sei allerdings keine allergische Reaktion.

Und warum sind die Gewässer so gelb? Der Vorstandsvorsitzende des PID, Prof. Dr. Karl-Christian Bergmann, weiß: „Die Pollen der Kiefern platzen nicht bei Berührung mit Wasser, wie es etwa die Pollen von Birke oder Gräsern machen. Deshalb bleiben die Pollen liegen, bis sie mechanisch oder durch Regen abgeschleppt werden.“

Die gute Nachricht ist: Die Belastung durch Birkenpollen nimmt deutlich ab. In den zurückliegenden Wochen war sie in Berlin zum Teil sehr stark, was vor allem Menschen mit Allergien heftig gespürt haben. Werte von mehr als 50 Pollen pro Kubikmeter Luft waren im Tagesmittel normal. Nun sinken die Werte übers Wochenende auf ein bis fünf Pollen pro Kubikmeter. Der Raps blüht in der Regel bis Anfang Juni, sofern es Winterraps ist. Sommerraps blüht im Spätsommer, wird aber seltener angebaut.

Eigentlich sind Regen und kühle Temperaturen ideal. Wechselhaftes Wetter nämlich, so DWD-Expertin Christina Endler, sorge dafür, „dass weniger Pollen in die Luft freigesetzt“ werden beziehungsweise diese teilweise sogar „aus der Luft ausgewaschen werden“.

In den nächsten Tagen soll es in Berlin vereinzelt regnen, und es bleibt frühlingshaft warm. Das heißt, dass der gelbe Staub immer mal wieder abgespült wird. Dennoch bleibt ja die große Frage: Wann lohnt es sich, Fenster und Auto zu putzen?

Unter den momentanen Gegebenheiten wirkt das ja wie eine Sisyphosarbeit: Kaum ist man fertig mit Polieren, kaum hat man die Waschanlage verlassen – schwups, schon wieder alles gelb. Also: Wann hat es ein Ende mit dem gelben Zeug, sodass man Fenster und Auto wirklich mal wieder richtig sauber machen kann?

Wir haben erst Anfang Mai, der Frühling ist voll in Fahrt. Das heißt: Noch mindestens vier Wochen bleiben uns Pollen und somit auch die gelben Stäube erhalten. Die derzeit blühenden Nadelbäume stehen nicht im Verdacht, allergische Reaktionen hervorzurufen. Gleichwohl, die Pollen fliegen trotzdem – vor allem bei schönem Wetter.

Matthias Werchan vom Polleninformationsdienst präzisiert: „Da die Kieferblüte gerade erst eingesetzt hat, ist noch für die nächsten zwei bis drei Wochen mit viel Blütenstaub in der Luft zu rechnen. Ich denke, dass es nach Pfingsten wieder deutlich besser wird, da bis dahin ein Großteil der Kiefern abgeblüht ist.“

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Zwar seien auch danach noch Pollen in der Luft, unter anderem „die allergologisch bedeutsamen Pollen der Gräser“, erklärt Werchan, „aber längst nicht mehr in solchen Massen und so sichtbar“. Und auch PID-Chef Karl-Christian Bergmann sagt, „dass wir noch für etwa 14 Tage mit dem Flug von Kiefernpollen zu rechnen haben“.

Falls es Sie nervt, dass Sie kaum noch aus dem Fenster gucken können und das Auto von einer grünlich gelben Staubschicht bedeckt ist: Machen Sie klar Schiff! Ja, es ist ärgerlich, wenn es schneller als sonst wieder aussieht wie zuvor. Aber die Momente, in denen es schön ist, haben auch ihren Wert, zumal Autopflege eine Wertinvestition ist. Und es dauert ja auch ein Weilchen, bis die Gelbschicht wieder so dick ist, wie sie war.

QOSHE - Raps, Pollen, Saharastaub: Was ist das gelbe Zeug – und wann ist es wieder weg? - Nicole Schulze
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Raps, Pollen, Saharastaub: Was ist das gelbe Zeug – und wann ist es wieder weg?

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03.05.2024

Seit Wochen überzieht eine hauchdünne gelbe Schicht alles in Berlin: Autos, Räder, Fenster, Gartenhäuschen – alles, was sich im Freien befindet, ist mit gelben Partikeln bedeckt. Und kaum hat man den Naturstaub weggewischt, ist er schon wieder da. Er scheint sich überall abzusetzen, beim Lüften gelangt er sogar in die Wohnung, und auch Seen haben einen Gelbschleier.

Wie lange dauert das noch? Wann kann man endlich wieder richtig durchatmen, wann Fenster und Auto putzen? „Generell enthält die Luft Staubpartikel unterschiedlicher Größe und Zusammensetzung“, sagt Dr. Christina Endler vom Deutscher Wetterdienst (DWD). Im Frühling mischen sich zu dem ‚normalen‘ Staub auch noch Blütenpollen. Die Pollen der meisten Pflanzen sind grünlich gelb.

Das Staubaufkommen sei normalerweise „im Frühjahr, Sommer und Herbst ausgeprägter“, erklärt die Expertin. „Im Frühjahr blühen eine Vielzahl verschiedener Pflanzen, die bei günstigen Wetterbedingungen ihre Pollen, also den Blütenstaub, in die Luft freisetzen. Je nach Wetterlage kann auch Staub aus der Sahara nach Deutschland transportiert werden.“ Das war Mitte/Ende April der Fall, zuvor auch schon im März.

So ziemlich jede Pflanze bildet Blütenstaub; einige werden von Insekten bestäubt, andere sind auf den Wind angewiesen, der ihre Pollen verteilt. Das alles findet vorrangig im Frühjahr statt, also in etwa von April bis Juni.

30.04.2024

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© Berliner Zeitung


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