Ukrainern Bürgergeld streichen? Warum Dobrindt das Land so ins Chaos stürzen würde
Die erste Attacke gegen ukrainische Flüchtlinge ritten die CDU-Abgeordneten Thorsten Frei und Steffen Bilger mit der Forderung, Ukrainern das Bürgergeld zu entziehen, um sie so dazu zu zwingen, sich der Wehrpflicht in ihrem Land zu unterwerfen. Das erscheint auf den ersten Blick logisch: Warum sollen wir hier in Deutschland Leute auf Staatskosten durchfüttern, für die es zu Hause einen Job bei der Armee gibt, vor dem sie hierher desertiert sind?
Auf den zweiten Blick entdeckt man, dass die meisten ukrainischen Flüchtlinge Frauen und Kinder sind, die sich eventuell (die Frauen) freiwillig zur Armee melden können, aber nach ukrainischem Recht nicht müssen, schon gar nicht, wenn ihre Männer bereits bei der Armee sind und sich um die Kinder nicht kümmern können.
Auf den dritten Blick erweist sich, dass die Ukraine momentan nur Männer zur Armee einzieht, die mindestens 25 Jahre alt sind. Und der vierte Blick verrät, dass Ukrainer, die unter dieses neue Einberufungsgesetz fallen, durchaus noch andere Möglichkeiten haben, als an die Front zu gehen, wenn man ihnen das Bürgergeld entzieht.
Erste Möglichkeit: Sie gehen ins Ausland, zum Beispiel nach Frankreich oder Belgien. Das dürfen Ukrainer nämlich, im Gegensatz zu Asylsuchenden. Zweite Möglichkeit: Sie bleiben in Deutschland und stellen einen Antrag auf internationalen Schutz. Und dann wird es heftig – aber für die bundesdeutschen Behörden, nicht für die Ukrainer. Dazu muss man aber, wenn man christdemokratischer Wahlkämpfer mit Adrenalinschub ist, einen Schritt zurücktreten und tief Luft holen.
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Es gibt nämlich einen Grund dafür, dass Ukrainer, die nach dem 24. Februar 2022 in die EU gekommen sind, viele Dinge dürfen, die Asylbewerber normalerweise nicht dürfen. Damals grub die EU-Kommission eine alte sogenannte „Massenzustroms-Richtlinie“ aus dem Jugoslawienkrieg aus der Schublade, die es ihr ermöglichte, schnell und flexibel auf einen plötzlichen Zustrom von Hilfesuchenden zu reagieren.
Natürlich hätte man die fliehenden Jugoslawen in den 90er-Jahren und die nun fliehenden Ukrainer einfach ins Asylverfahren pressen können. Das hatte, man erinnert sich, nach dem plötzlichen Auftauchen der Syrer auf der Balkanroute circa 200.000 Altfälle angehäuft.
27.06.2024
•gestern
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Die Bundesregierung unter der Christdemokratin Angela Merkel brauchte damals Jahre, um die Rückstände beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) abzubauen. Wie viele Jahre hätte sie gebraucht, um jene Rückstände abzuarbeiten, die durch das Auftauchen von einer Million Ukrainer innerhalb eines Monats – zusätzlich zu den 244.000 Nicht-Ukrainern, die 2022 auch Asylanträge stellten – zustande gekommen wären, wenn Ukrainer das Asylverfahren hätten durchlaufen müssen? Dass es nicht so kam, war kein Gefallen der EU und der Bundesregierung an die Ukrainer, es war ein Gefallen für das........
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