Kriegskosten: In Deutschland mögen sie hoch sein, in Russland sind sie noch viel höher
Und wieder ist eine rote Linie überschritten worden. Nein, ich meine damit keine Waffenlieferungen an die Ukraine und auch nicht die – durch viele Bedingungen eingeschränkte – Erlaubnis westlicher Staaten für die Ukraine, mit westlichen Waffen russisches Gebiet beschießen zu dürfen. Ich meine etwas viel Harmloseres: Ab sofort sponsort der Rüstungskonzern Rheinmetall Borussia Dortmund. Das zeige, wie weit die Militarisierung der Gesellschaft fortgeschritten sei, betitelte Der Spiegel seinen Leitartikel: „Leider“, setzte Spiegel-Kommentator Stefan Kuzmany noch dazu.
Ich habe da schlechte Nachrichten für die Kollegen vom Spiegel: Das ist erst der Anfang. Bald werden nicht nur Fußballvereine von der Militarisierung unserer Politik profitieren, sondern auch Werbeagenturen, Parteien, und, so paradox es klingen mag, sogar die „Zivilgesellschaft“ und über Anzeigen auch die Medien, darunter Der Spiegel.
Wenn ein größerer Anteil des Bruttoinlandsprodukts in die Rüstung geht, wenn Rüstungsbetriebe Rekordumsätze und Rekordgewinne machen, dann schwillt nicht nur ihr Eigenkapital an, sondern auch ihre Werbeetats. Die setzen sie dann dafür ein, die Politik und die öffentliche Meinung von der Notwendigkeit zu überzeugen, die Zeitenwende umzusetzen und dafür zu sorgen, dass der warme Geldregen, den die Zeitenwende für sie bedeutet, sich in heftige Geld-Niederschläge verwandelt.
Mit der Schaffung des sogenannten 100-Milliarden-Bundeswehr-Sondervermögens und der Anhebung der Verteidigungsausgaben hat sich die Ampel eine Lobby geschaffen und sie mit Geld versorgt, die einen Teil dieses Geldes darauf verwenden wird, diese Zeitenwende durch heftigen Lobbyismus abzusichern.
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Wir bekommen jetzt eine Miniaturausgabe dessen, was in den USA der ‚Militärisch-Industrielle Komplex‘ genannt wird: Rüstungsbetriebe, die Stiftungen finanzieren, die Konferenzen und Studienreisen für politische Entscheider und Multiplikatoren organisieren, die die öffentliche Meinung bearbeiten. Wenn irgendwann in Ihrer Stadtteilinitiative ein adrett gekleideter, redegewandter Mann mittleren Alters (es kann auch eine Frau sein) auftaucht, der anbietet, den Kinderspielplatz zu renovieren und dort nicht nur Go-Karts und Rutschbahnen, sondern auch Tunnels (die er nicht Schützengräben nennen wird) und Mini-Unimogs (von denen er nicht verraten wird, dass sie olivgrün bemalt sein werden) aufzubauen, dann wissen Sie: Die Zeitenwende hat auch Sie erreicht!
Sie können dann, wie die Leitartikler vom Spiegel, ein gewisses pazifistisch angehauchtes Unbehagen empfinden. Aber Sie sollten zwei Dinge wissen, die Der Spiegel Ihnen nicht verrät: Wirtschaftlich betrachtet ist es widersinnig, soviel Geld in die Rüstung zu stecken, aber politisch ist es unvermeidbar.
Ökonomisch betrachtet ist Rüstung Geldverschwendung. Zehntausende Menschen arbeiten daran, Panzer, Raketen, olivgrüne Unimogs, Gewehre und Uniformen herzustellen, die im Frieden sinnlos in der Landschaft herumstehen, wenn sie nicht gerade bei Manövern schützenswerte CO2-absorbierende Landschaften in Matschwüsten verwandeln, nach einiger Zeit verrotten und verrosten und dann durch neue und modernere Rüstungsgüter ersetzt werden müssen.
Im Gegensatz zu Maschinen, die Konsumgüter, andere Maschinen oder Gebäude herstellen können, tragen sie nichts zu unserem Wohlstand bei, erwirtschaften keinen Mehrwert. Im besten Fall kann man sie exportieren und bekommt dann wenigstens die Herstellungskosten zurück, zusammen mit einem saftigen Gewinn. Das ist ein Ausweg, der bei vielen auch pazifistisch angehauchtes Unbehagen auslöst, obwohl er volkswirtschaftlich sinnvoller ist, als das Zeug im Land verrotten zu lassen. Vertreter der Rüstungsindustrie wenden an dieser Stelle meist ein, dass Rüstung auch nützliche und volkswirtschaftlich sinnvolle Nebenprodukte erzeugt, die zivil genutzt werden können. Das stimmt, ist aber, wie die Briten sagen, self-defeating, ein Argument, das sich selbst widerlegt. Dann könnte man sich ja gleich auf die zivile Forschung verlegen und hoffen, es werde dabei etwas für die Rüstung abfallen.
Ukraine-Krieg trifft Ostdeutschland: „Hier läuft etwas aus dem Ruder“
28.05.2024
Ökonomisch noch unsinniger werden Rüstungsgüter, wenn Krieg ausbricht. Dann werden sie nämlich vernichtet oder vernichten die Rüstungsgüter des Feindes und müssen nicht alle zig Jahre, sondern ständig durch neue ersetzt werden. Wenn die Rüstungsgüter das untereinander ausgefochten haben, sind auf beiden Seiten Tausende oder sogar Millionen Menschen tot, die Rüstungsgüter sind alle kaputt und jedem der Kriegsgegner geht’s deutlich schlechter als vor dem Krieg. Rüstungsgüter sind Maschinen zur gewaltsamen Wohlstandsvernichtung. Das klingt jetzt ziemlich stark nach dem, was das Bündnis Sahra Wagenknecht, die........
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