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„Frieden schaffen ohne Waffen? Ich wünschte, es wäre so einfach“

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19.08.2024

Die Berliner Zeitung führt eine Debatte über die mögliche Wiedereinführung des Wehrdienstes, höhere Militärausgaben und eine Militarisierung der Gesellschaft. (Lesen Sie zu diesem Thema den Meinungsbeitrag „Nein zu Wehr- und Dienstpflicht“ von Kevin Gensheimer, der in seinem Text erläutert, im Verteidigungsfall aus Deutschland fliehen zu wollen.) Dies ist der Text von unserem Autor Klaus Bachmann, Politologie-Professor in Warschau. Wollen Sie antworten oder Feedback geben? Schreiben Sie uns! briefe@berliner-zeitung.de

An Cassandra-Rufen fehlt es derzeit nicht. Verteidigungsminister Boris Pistorius will „bis 2029 kriegstüchtig sein“, Bundeswehr-Generalinspekteur Carsten Breuer will das gleiche in fünf Jahren. Denn dann, davon gehen viele hohe Nato-Beamte und Militärs inzwischen aus, werde sich Russland soweit vom Krieg gegen die Ukraine erholt haben, dass es einen Angriff auf ein Nato-Land starten könnte. Und dann wäre die Bundesrepublik nicht nur indirekt an einem Krieg beteiligt, sondern direkt: mit deutschen Soldaten, die „jeden Quadratzentimeter Bündnisgebiet verteidigen“ (Scholz) und unter Umständen sogar mit Angriffen auf das Territorium der Bundesrepublik.

Und da ist es natürlich gut, wenn man den Gegner von solchen Angriffen abschrecken kann. Das geht auf zweierlei Art und Weise: Entweder, indem man dafür sorgt, dass sein Angriff sofort abgewehrt hat, wie das Israel unlängst mit einem massiven iranischen Drohnenangriff getan hat. Das macht Angriffe teuer und ineffektiv, lädt aber unter Umständen zur Eskalation ein. Man sieht das in der Ukraine, wo Russland ein ums andere Mal zivile Ziele, die nicht durch westliche Flugabwehr geschützt werden, angreift, um die Ukraine zu zwingen, Flugabwehr von der Front ins Innere des Landes abzuziehen. Und sie versucht, die Ukraine mit so vielen billigen iranischen Drohnen anzugreifen, dass selbst die westlichen Flugabwehrgeschütze nicht mehr nachkommen.

Effizienter wäre es deshalb, der Ukraine zu erlauben, westliche Waffen tief in Russland einzusetzen. Dann müsste Russland, um nicht getroffen zu werden, seine Basen soweit von der ukrainischen Grenze abziehen, dass sie die Ukraine nicht mehr erreichen. Bisher fehlt dafür aber noch das, was Journalisten gerne den „politischen Willen“ nennen.

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In der Bundesrepublik ist der dafür jetzt da, dank des Übereinkommens zwischen der Bundesrepublik und den USA zur Stationierung von Mittelstreckenraketen und Marschflugkörpern in Deutschland. Bisher konnte Russland von Kaliningrad und Belarus aus die Bundesrepublik innerhalb von Minuten erreichen, ohne dass die Bundesrepublik sie davon abhalten oder abschrecken konnte. Jahrzehntelang haben wir uns darauf verlassen, dass Deutschland von Alliierten umgeben ist, wir selbst keine Gebietsansprüche an andere und andere keine an uns haben und uns deshalb nichts droht, wovor wir abschrecken müssten.

•gestern

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Diese Zeiten sind jetzt vorbei. Russische Dienste werben im Internet Agenten in Westeuropa an und radikalisieren sie IS-mäßig, um sie dazu zu bringen, Messehallen abzufackeln und Eisenbahnstrecken zu unterbrechen. Sie führen Cyberattacken durch, mit denen sie unsere Wahlen manipulieren und Massenprügeleien wie in Großbritannien anzetteln können. Uns ist das in Russland bisher noch nicht gelungen. Im Bereich der Mittelstreckenraketen werden wir also bald nicht mehr so ratlos sein.

Trotzdem gebe ich Ralf Stegner und allen in der SPD, die sich beim jüngsten SPD-Präsidiumsbeschluss nicht durchgesetzt haben, recht: So etwas erhöht das Risiko der Eskalation. Das Problem mit diesem Argument ist nicht, dass es falsch ist, sondern dass man damit keine Politik machen kann: das Fehlen einer wichtigen Abschreckungskomponente kann nämlich auch zur Eskalation führen. Wäre die Ukraine 2014 besser........

© Berliner Zeitung


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