Die Beteiligten in dem Gerichtsverfahren sind an diesem Montag nicht erschienen. Das müssen Karim R. und Abdulrahim M. auch nicht. Die beiden gebürtigen Libanesen werden in diesem sogenannten selbstständigen Einziehungsverfahren am Berliner Landgericht von ihren Anwälten vertreten.

Es geht in diesem juristischen Streit vor der 2. Strafkammer um beschlagnahmte Immobilien, die die Staatsanwaltschaft einer arabischstämmigen Großfamilie zuordnet, zu der Karim R. gehört. Insgesamt stehen fünf Grundstücke und Wohnungen im Fokus des Verfahrens. Sie sollen den beiden 40 und 72 Jahre alten Männern gehören.

Die Objekte gehören zu 77 Immobilien im Wert von rund zehn Millionen Euro, die die Staatsanwaltschaft Berlin im Jahr 2018 beschlagnahmt hatte und die der Familie R. gehören sollen. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Grundstücke und Häuser mit Geld erworben wurden, das aus Straftaten stammt. Die Einziehung ist Teil der Strategie zur Bekämpfung sogenannter Clankriminalität.

In dem aktuellen Verfahren listet die Staatsanwaltschaft den Kauf von Wohnungen und Grundstücken durch Karim R. und Abdulrahim M. in den Jahren 2013 bis 2019 auf. So soll Karim R. im Juli und August 2015 drei Immobilien in Neukölln für 87.000, 97.000 und 160.000 Euro erworben haben. Laut Antragsschrift mit Geld, das aus gewerbsmäßigem Betrug oder Diebstahl stammte.

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Insgesamt zwei Immobilien soll Abdulrahim M. zusammen mit Karim R. gekauft haben. Gezahlt worden seien dafür 250.000 und 98.000 Euro. Auch hierbei soll das Geld unrechtmäßig erworben und die Herkunft verschleiert worden sein. Doch kann das den Männern auch nachgewiesen werden?

Wegen des Verdachts der Geldwäsche hatte die Staatsanwaltschaft zunächst ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Doch im April 2021 wurde es mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Daraufhin beantragte die Staatsanwaltschaft die Einziehung der fünf Immobilien sowie der damit in Zusammenhang stehenden Miet- und Pachteinnahmen. Das ist gesetzlich möglich.

Weder Karim R. noch Abdulrahim M. würden sich in dem Verfahren äußern, teilten ihre Anwälte an diesem ersten Verhandlungstag mit. Allerdings gab Carsten Wegner, der Anwalt von Karim R., eine mehr als einstündige Erklärung ab. Darin sprach er von politisch gewollter negativer Stimmungsmache gegen die Familie seines Mandanten und von Sippenhaft. Ziel sei die Stigmatisierung von Karim R.

Wegner nannte die Einziehungsanträge der Staatsanwaltschaft zudem rechtswidrig. Es seien keine aus Straftaten erlangten und damit „bemakelten“ Vermögenswerte in die Finanzierung der Immobilien geflossen. Vielmehr handele es sich um „Geld der Eltern- und Großelterngeneration“. Die Familie seines Mandanten verfüge im Libanon über ein nennenswertes Immobilienvermögen. Mit Straftaten von Verwandten habe Karim R. nichts zu tun.

Wegner erklärte an die Schöffen gewandt, sie sollten nicht alles für die „bare sprichwörtliche Goldmünze“ nehmen, was die Staatsanwaltschaft in dem Verfahren sage. Damit spielte er auf die von kriminellen Mitgliedern der Großfamilie R. auf spektakuläre Weise im Jahr 2017 gestohlene 100 Kilogramm schwere Goldmünze Big Marple Leaf aus dem Berliner Bode-Museum an.

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Offenbar findet dieser Coup auch in der Antragsschrift der Staatsanwaltschaft Erwähnung. Der Anwalt sagte, er könne nicht erkennen, was der Diebstahl der Goldmünze mit dem Verfahren zu tun haben könnte. Karim R. habe die Immobilien, um die es gehe, lange Zeit vor dieser Tat erworben.

Wegner wies zudem auf ein Verfahren gegen einen Neffen seines Mandanten hin: In diesem Fall hatte das Landgericht Berlin im Dezember 2023 die Einziehung von Immobilien abgelehnt. Begründung: Es sei nicht nachweisbar, dass diese „mit Geldern aus Straftaten finanziert“ worden seien.

Unerwähnt ließ der Jurist allerdings eine noch nicht rechtskräftige Entscheidung vom März dieses Jahres. Darin hatte das Landgericht die Einziehung einer Immobilie in Reinickendorf angeordnet, die dem arabischstämmigen Clan zugeordnet wird. Die Immobilie sei zumindest zum Teil aus rechtswidrig erlangtem Vermögen finanziert worden, so die Richter. Über eine Strohfrau soll die Großfamilie R. an das 335.000-Euro-Grundstück gelangt sein.

In dem nunmehr geführten Verfahren sind insgesamt 25 Verhandlungstage geplant. Am nächsten Montag geht es weiter.

QOSHE - Beschlagnahmte Clan-Immobilien: Anwalt spricht von Sippenhaft und Stigmatisierung - Katrin Bischoff
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Beschlagnahmte Clan-Immobilien: Anwalt spricht von Sippenhaft und Stigmatisierung

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15.04.2024

Die Beteiligten in dem Gerichtsverfahren sind an diesem Montag nicht erschienen. Das müssen Karim R. und Abdulrahim M. auch nicht. Die beiden gebürtigen Libanesen werden in diesem sogenannten selbstständigen Einziehungsverfahren am Berliner Landgericht von ihren Anwälten vertreten.

Es geht in diesem juristischen Streit vor der 2. Strafkammer um beschlagnahmte Immobilien, die die Staatsanwaltschaft einer arabischstämmigen Großfamilie zuordnet, zu der Karim R. gehört. Insgesamt stehen fünf Grundstücke und Wohnungen im Fokus des Verfahrens. Sie sollen den beiden 40 und 72 Jahre alten Männern gehören.

Die Objekte gehören zu 77 Immobilien im Wert von rund zehn Millionen Euro, die die Staatsanwaltschaft Berlin im Jahr 2018 beschlagnahmt hatte und die der Familie R. gehören sollen. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Grundstücke und Häuser mit Geld erworben wurden, das aus Straftaten stammt. Die Einziehung ist Teil der Strategie zur Bekämpfung sogenannter Clankriminalität.

In dem aktuellen Verfahren listet die Staatsanwaltschaft den Kauf von Wohnungen und Grundstücken durch Karim R. und Abdulrahim M. in den Jahren 2013 bis 2019 auf. So........

© Berliner Zeitung


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