Die Lage an der Gigafactory Grünheide ist nach dem Brandanschlag auf die Stromversorgung ernst, sehr ernst. Das zeigt sich nicht nur daran, dass die Bundesanwaltschaft die Ermittlung an sich gezogen hat, weil es sich möglicherweise um einen linksterroristischen Anschlag handelt. Es zeigt sich auch daran, dass Firmengründer Elon Musk vielleicht überraschend nach Brandenburg kommen will. Die Internetplattform Table Media will dies am Dienstag aus Kreisen des Unternehmens erfahren haben.

Der Milliardär solle wohl am Mittwoch am BER landen. Es hieß, dass angeblich auch ein Treffen mit Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke und Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (beide SPD) geplant sei. Das wurde allerdings am Dienstagabend von der Potsdamer Landesregierung nicht bestätigt. Andere Medien berichten, dass auch ein Treffen mit Berlins Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) geplant gewesen sei, aber doch nicht stattfinde.

Der Besuch könnte durchaus zu einer weiteren Eskalation beitragen. Denn Musk hatte nach dem Anschlag mit starken Worten reagiert: „Das sind entweder die dümmsten Ökoterroristen der Welt oder sie sind Marionetten derer, die keine guten Umweltziele haben.“ Vor Ort halten bis zu 80 Leute ein Dutzend Baumhäuser in jenem Wald besetzt, den Tesla für die Erweiterung des Werkes opfern will. Ein Hauptkritikpunkt der Gegner in Grünheide und der angereisten Baumbesetzer ist die Wasserfrage. Der Vorwurf lautet: Die Fabrik gefährdet die Wasserversorgung der gesamten Region östlich von Berlin.

Teslas Erweiterungspläne finden bislang Wohlwollen in der Landesregierung, doch in einer Umfrage vor Ort stimmten 62 Prozent der Teilnehmer einer Bürgerbefragung dagegen. Und am Montag sagte Wirtschaftsminister Steinbach, dass die Besetzung des Waldes wohl nicht mehr lange geduldet werde. Nun hängt vieles davon ab, wie Musk an Ort und Stelle agiert; früher hatte er eher leichtsinnig argumentiert. Bei seinem Besuch 2021 in Grünheide, fast auf den Tag genau vor drei Jahren, sagte er: „Im Grunde sind wir nicht in einer sehr trockenen Region. Bäume würden nicht wachsen, wenn es kein Wasser geben würde. Ich meine: Wir sind ja hier nicht in der Wüste.“

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Inzwischen konnte die nach einem gezielten Anschlag lahmgelegte Tesla-Fabrik wieder ans Stromnetz angeschlossen werden, die Produktion wird Schritt für Schritt hochgefahren. Der knapp einwöchige Produktionsstopp ist die Folge eines Brandanschlages auf einen Strommast, der auch das erste europäische Werk des amerikanischen Elektroautobauers versorgt. Zu der Tat haben sich linksextremistische Gruppen bekannt. Der Produktionsausfall soll im dreistelligen Millionenbereich liegen.

Mit dem Wieder-Anlaufen der Produktion rückt auch die Wasserfrage wieder in den Mittelpunkt – der Hauptkritikpunkt der Tesla-Kritiker. Nun entgegnen die Kritiker dieser Kritiker, dass die Gigafactory nur vergleichsweise wenig Wasser verbrauche. Die Schlagzeile der B.Z. lautete: „Tesla verbraucht halb so viel Wasser wie der Spargelhof Klaistow.“ Da stellt sich die Frage: Stimmt das?

Das Interessante daran: Die reinen Fakten stimmen tatsächlich, und doch reichen diese Vergleichswerte an sich nicht aus, um die Vorwürfe der Kritiker zu entkräften. Denn es werden zwar nicht gleich Äpfel mit Birnen verglichen, aber es gibt doch deutliche Unterschiede zwischen dem Wasser für Tesla und dem Wasser für den größten Brandenburger Spargelhof bei Beelitz.

Erst einmal die Zahlen: Insgesamt hat Tesla nach einem firmeninternen Papier, über das zuerst der Tagesspiegel berichtete, im Jahr 2023 insgesamt 451.654 Kubikmeter Wasser verbraucht. Laut Genehmigung wären sogar 1,3 Millionen möglich. Der Wert für den Spargelhof liegt bei einer Million Kubikmeter und ist damit doppelt so hoch wie der Verbrauch bei Tesla.

„Aber wir verbrauchen das Wasser nicht so, wie es in einer Fabrik verbraucht wird“, sagte Ernst-August Winkelmann, Chef des Spargelhofes. Der entscheidende Unterschied: Die Tesla-Fabrik benötigt aufbereitetes Wasser aus einem Wasserwerk. Außerdem muss das verbrauchte Wasser hinterher auch aufwendig gereinigt werden, denn beim Autobau sind nun mal Chemikalien im Spiel – auch gefährliche.

Winkelmann sagte, die Mengen seien so berechnet worden, dass die Entnahme für die Region unproblematisch sei. „Wir dürften auch nur so viel entnehmen, dass keine Gefahr für die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung besteht“, sagte Winkelmann. „Die Menschen haben ganz klar Priorität.“

Das ist ein wesentlicher Unterschied zur Tesla-Fabrik. Die wurde in einer Region genehmigt, in der es bereits vor Tesla eine Wasserknappheit gab. Wer sich dort umhört, bekommt von Anwohnern erzählt, dass auch kleine Ein-Personen-Garagen-Firmen nicht genehmigt worden seien, weil der Wasserverbrauch nicht unnötig erhöht werden sollte. Dann kam Tesla.

Das Wasser für die Spargelfelder wird nicht wie bei Tesla aus dem Wassernetz entnommen, sondern selbst mit Pumpen aus dem Grundwasser gefördert. Winkelmann sagte, es sei die mit den Behörden vor Ort abgestimmte und genehmigte Maximalmenge. „Und wir entnehmen das Wasser auch nur, wenn es nicht ausreichend regnet, also wenn es wirklich nötig ist. Denn die Pumpen für das Wasser müssen auch angetrieben werden und das kostet Geld.“

Wegen der Wasserversorgung laufen Gerichtsprozesse, weil es wohl Ungereimtheiten bei der Bewilligung jener Wassermengen gibt, die ein örtliches Wasserwerk des Wasserverbands Strausberg-Erkner (WSE) entnehmen darf. Die Region ist auch die erste, in der groß angelegte Verbote für den Wasserverbrauch erteilt wurden, zum Beispiel das Wässern des Rasens in Gärten.

Aber der öffentliche und juristische Streit dreht sich nicht nur ums Trinkwasser, es geht auch ums Abwasser. Vor wenigen Wochen war bekannt geworden, dass Tesla „ständig und in erheblicher Weise“ die zulässigen Grenzwerte für Abwasser überschreitet, das gilt für Phosphor und Stickstoff, – teilweise um das Sechsfache.

Der Wasserversorger wollte die Entsorgung stoppen, doch Tesla schrieb an den WSE: „Ihnen ist bekannt, dass der Stopp einer Einleitung der Abwässer der Gigafactory zu einem Produktionsstopp der Gigafactory führen würde. Ein solcher Beschluss verursacht täglich einen Schaden in Millionenhöhe.“ Der Verband wird von den örtlichen Bürgermeistern dirigiert, die in einer Sondersitzung über den Stopp der Abwasserreinigung abstimmen sollten, den Beschluss aber vertagten. Danach trat der Chef der Verbandsversammlung zurück, der Streit ist offensichtlich.

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Ganz anders ist es mit dem Wasser beim Spargelhof. Dort wird das entnommene Wasser wie künstlicher Regen eingesetzt. Firmenchef Winkelmann erklärte es so: Etwa sechs bis zehn Prozent werden im Boden von den Pflanzen aufgenommen. Damit sei das Wasser quasi im Lebensmittel gespeichert und werde von den Menschen aufgenommen, wenn sie den Spargel essen. Der Rest versickere und werde beim Weg durch Sand und Erde gereinigt. „Es wird wieder lupenreines Grundwasser“, sagte er. „Das ist nun mal ganz anders als bei einer industriellen Nutzung und deshalb nicht vergleichbar.“

Heidemarie Schroeder von der Wassertafel Berlin-Brandenburg beklagt die fehlenden Sicherheitskonzepte bei Tesla, denn nach dem Anschlag lief keine Notstromversorgung an. „Das Werk des Autobauers verfügt über kein ausreichendes Störfallkonzept“, sagte sie. „Für das Trinkwasser der Region kann das Fehlen einer ausreichenden Absicherung durch eine redundante Überwachung jedoch schlimmere Folgen haben als nur eine Woche Produktionsausfall.“ Sie sagte, das Landesumweltamt verlasse sich bei der Grundwasserüberwachung allein auf die Selbstüberwachung des Konzerns. Die Ergebnisse müssten auch nur alle fünf Jahre vorgelegt werden. Bei Unachtsamkeit oder in einem Havariefall könnten Gifte ins Grundwasser gelangen, doch der Wasserverband würde das erst später erkennen. „Eine Abhilfe ist dann nicht mehr möglich“, sagte sie.

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QOSHE - Vor Musk-Besuch: Tesla verbraucht nur halb so viel Wasser wie größter Spargelhof Brandenburgs - Jens Blankennagel
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Vor Musk-Besuch: Tesla verbraucht nur halb so viel Wasser wie größter Spargelhof Brandenburgs

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13.03.2024

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