Der Mann spaziert über den Bahnsteig – Jeans, weiße Turnschuhe, weiße Streifen auf der Jacke. Er hat seine Kapuze über den Kopf gezogen und sieht eigentlich aus wie ein normaler Fahrgast. Doch er ist es offenbar nicht. Er soll kurz zuvor eine Frau in der U-Bahn der Linie U3 zunächst sexuell genötigt und anschließend vergewaltigt haben.

Danach stieg er an der Endhaltestelle Krumme Lanke aus und spazierte in aller Ruhe über den Bahnsteig, lief schnellen Schrittes die fahrende Rolltreppe hoch, ging dann über den Bahnhofsvorplatz. Schließlich stieg er nach Angaben der Polizei vermutlich in den Bus der Linie 118 in Fahrtrichtung S-Bahnhof Wannsee.

Die Vergewaltigung ereignete sich laut Polizei in der Nacht zum 9. Februar dieses Jahres zwischen Mitternacht und 0.20 Uhr. Die Berliner Polizei veröffentlichte in dieser Woche drei Videosequenzen aus den Überwachungskameras des Bahnhofs. Während andere Fahndungsaufrufe wesentlich länger, mitunter bis zu einem Jahr brauchen, ging es in diesem Fall verhältnismäßig schnell, bis ein Richter dafür seine Genehmigung erteilte. Die Chancen, den Verdächtigen zu ermitteln, stehen deshalb nicht schlecht. Denn oft haben in anderen Fällen die Gesuchten die Stadt längst verlassen oder ihr Aussehen geändert.

Gleichwohl hat der Fahndungsaufruf nicht nur für Frauen etwas Verstörendes. Denn es stellt sich für viele die Frage: Wie sicher ist der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV)?

Ein Blick auf das Lagebild ÖPNV der Berliner Polizei zeigt, dass bei der BVG die Zahl der Straftaten im Jahr 2022 auf 13.709 im Vergleich zum Vorjahr gesunken ist. Im Vorjahr waren noch 16.655 erfasst worden. Die Zahl der Körperverletzungen in U-Bahnen, Straßenbahnen und Bussen sank von 3777 auf 3570. Gestiegen ist in der Zeit die Zahl der erfassten Sexualdelikte von 243 auf 313. Vor zehn Jahren lag sie bei der BVG noch bei 47.

27.02.2024

gestern

27.02.2024

•gestern

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Zumindest die Berliner Kriminalstatistik – noch ein anderes Zahlenwerk, das eine vorläufige Eingangsstatistik ist, bei der sich die Daten immer wieder mal ändern – listet auch die Angaben auf, welche die Bundespolizei lieferte, die für die Sicherheit in S-Bahnen und Zügen zuständig ist. Demnach ist die Gesamtzahl der in den öffentlichen Verkehrsmitteln Berlins verübten Körperverletzungen von 4242 auf 4910 gestiegen.

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Eine offizielle Statistik für das Jahr 2023 liegt noch nicht vor – eine inoffizielle aber schon. Wie aus einer Antwort der Berliner Innenverwaltung vom 28. Dezember auf eine Anfrage der Grünen hervorgeht, wurden im vergangenen Jahr bis September etwa 11.700 Delikte in den Bereichen der BVG und der Bundespolizei registriert – davon etwa 3400 Gewalttaten. Unter diesen waren rund 2200 Körperverletzungen, 410 Raubüberfälle, knapp 440 Drohungen und etwa 300 Sexualdelikte.

Die BVG verweist darauf, dass sie pro Jahr fast eine Milliarde „Fahrgastfahrten“ durchführe. In Relation zu den insgesamt 13.709 erfassten Straftaten im Jahr 2022 hält sie deshalb ihre Verkehrsmittel für sicher.

Zumindest bezüglich der U-Bahn-Linie 8, die den schlechtesten Ruf unter den Berliner U-Bahn-Strecken hat, soll jetzt mehr unternommen werden. Die etwa 18 Kilometer lange Linie führt von der Hermannstraße in Neukölln bis nach Wittenau. Reinigungs- und Sicherheitskräfte sollen dort rund um die Uhr verstärkt für Sauberkeit und Ordnung sorgen, wie die BVG kürzlich mitteilte.

Das Unternehmen legt Wert auf die Feststellung, dass im Jahr 2022 rund 250 Sicherheitskräfte rund um die Uhr in den Fahrzeugen und Anlagen der BVG unterwegs gewesen seien, was durchschnittlich etwa 2344 Einsatzstunden pro Tag entspreche. In allen Bahnhöfen und Fahrzeugen gebe es bereits Kameras. Bis 2022 seien 154 U-Bahnhöfe mit Videokameras ausgestattet worden. Bei der BVG sind 6672 Kameras im Einsatz, die die Polizei bei der Aufklärung von Straftaten unterstützen sollen.

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Die Zahl der Fälle, in denen Videomaterial von der Polizei Berlin oder der Bundespolizei angefordert wird, steigt stetig an. Im Jahr 2018 waren es 6618 Fälle, im Jahr 2019 holte sie sich 7320 Mal die Bilder, 2020 passierte das 7363 Mal. Im Jahr 2021 stieg die Zahl auf 7802 und 2022 auf 8211 Fälle an. Bis zum 20. Dezember vergangenen Jahres wurde in 8926 Fällen Videomaterial angefordert.

Allerdings hat die Berliner Polizei bei der Auswertung der Videos nur vergleichsweise wenig Erfolg. 2022 wurden 239 und im vergangenen Jahr bis Ende September 203 Verdächtige mithilfe der Videofilme identifiziert.

Vielleicht bringt ja die Fahndungsmeldung zu dem mutmaßlichen Vergewaltiger etwas: Der gesuchte Tatverdächtige ist von schlanker Gestalt, hat dunkle Haare, ist zwischen 1,70 und 1,75 Meter groß und etwa 28 bis 35 Jahre alt. Das Landeskriminalamt will wissen, wer Angaben zur Identität beziehungsweise zum Aufenthaltsort des Mannes machen kann. Hinweise nimmt jede Polizeidienststelle entgegen.

QOSHE - Berliner Polizei fahndet nach Vergewaltiger: Wie sicher sind Bus und Bahn? - Andreas Kopietz
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Berliner Polizei fahndet nach Vergewaltiger: Wie sicher sind Bus und Bahn?

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29.02.2024

Der Mann spaziert über den Bahnsteig – Jeans, weiße Turnschuhe, weiße Streifen auf der Jacke. Er hat seine Kapuze über den Kopf gezogen und sieht eigentlich aus wie ein normaler Fahrgast. Doch er ist es offenbar nicht. Er soll kurz zuvor eine Frau in der U-Bahn der Linie U3 zunächst sexuell genötigt und anschließend vergewaltigt haben.

Danach stieg er an der Endhaltestelle Krumme Lanke aus und spazierte in aller Ruhe über den Bahnsteig, lief schnellen Schrittes die fahrende Rolltreppe hoch, ging dann über den Bahnhofsvorplatz. Schließlich stieg er nach Angaben der Polizei vermutlich in den Bus der Linie 118 in Fahrtrichtung S-Bahnhof Wannsee.

Die Vergewaltigung ereignete sich laut Polizei in der Nacht zum 9. Februar dieses Jahres zwischen Mitternacht und 0.20 Uhr. Die Berliner Polizei veröffentlichte in dieser Woche drei Videosequenzen aus den Überwachungskameras des Bahnhofs. Während andere Fahndungsaufrufe wesentlich länger, mitunter bis zu einem Jahr brauchen, ging es in diesem Fall verhältnismäßig schnell, bis ein Richter dafür seine Genehmigung erteilte. Die Chancen, den Verdächtigen zu ermitteln, stehen deshalb nicht schlecht. Denn oft haben in anderen Fällen die Gesuchten die Stadt längst verlassen oder ihr Aussehen geändert.

Gleichwohl hat der Fahndungsaufruf........

© Berliner Zeitung


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