Der Mann, der am Bahnhof Grunewald einen antisemitischen Brandanschlag auf die Bücherbox am Holocaust-Mahnmal „Gleis 17“ verübt hat, kommt frei. Am 12. August vergangenen Jahres hatte er die zu einer Bücherbox umgebaute Telefonzelle am Bahnhof Grunewald angezündet und am Tatort ein antisemitisches und den Holocaust leugnendes Schreiben hinterlassen.

Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte wegen Volksverhetzung, versuchter schwerer Brandstiftung und Sachbeschädigung beantragt, den Mann im Maßregelvollzug unterzubringen. Er leide unter einer wahnhaften Störung. Doch das Berliner Landgericht lehnte die Unterbringung ab. Der inzwischen 64-jährigen Olaf J., dem insgesamt 13 Taten zwischen Januar und August 2023 zur Last gelegt wurden, ist ein freier Mann.

Kurz vor dem Anschlag auf die Bücherbox hatte der Mann laut Staatsanwaltschaft eine mit Lampenöl befüllte Flasche angezündet und auf das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen im Tiergarten gelegt und ein homophobes Pamphlet hinterlassen. Weil die Flasche herunterfiel, erlosch die Flamme. Auch die Staatsanwaltschaft kam bei der Beweiserhebung in der Verhandlung zu dem Schluss, dass nicht mal eine Sachbeschädigung vorliege.

Olaf J., der sich unter anderem als Warner vor dem Dritten Weltkrieg sieht und glaubt, sogar das Datum zu kennen, hatte zudem einen Brandanschlag auf eine Beratungsstelle für lesbische Frauen in Neukölln verübt. Er hatte die Scheibe des Büros eingeschlagen, dortige Flyer entzündet, die er für „Gräuelpropaganda“ hielt. Dort, wie auch am Mahnmal in Tiergarten hinterließ er Flyer mit Bibelzitaten. Das Feuer erlosch von allein, der Sachschaden war gering, das Gericht erkannte keine versuchte schwere Brandstiftung.

Die aus drei Richtern und zwei Schöffen bestehende Kammer kam allerdings am Donnerstag zu dem Schluss, dass der 64-Jährige zwar schuldunfähig sei, eine Unterbringung im Maßregelvollzug sei dennoch nicht gerechtfertigt.

Die Richter hielten die Vorgaben aus dem Paragraf 63 des Strafgesetzbuches für nicht erfüllt, wonach jemand „erhebliche rechtswidrige Taten“ begangen haben muss, „durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden“ entstanden sein muss. „Die Hürden für die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus liegen sehr hoch“, sagte eine Gerichtssprecherin der Berliner Zeitung.

20.02.2024

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20.02.2024

Nach seiner Festnahme im August befand sich Olaf F. im Maßregelvollzug in Untersuchungshaft, aus der er am Donnerstag entlassen wurde. Sein Verteidiger, Ehssan Khazaeli, beantragte eine Entschädigung für seinen Mandanten, was das Gericht aber zurückwies. Gleichwohl äußerte er sich zufrieden mit dem Urteil: „Der Rechtsstaat hat sich bewährt.“

An diesem Freitag soll am „Gleis 17“ eine neue Bücherbox eingeweiht werden. An der Einweihung wird auch Bezirksbürgermeisterin Kirstin Bauch teilnehmen. Die Veranstaltung beginnt um 12 Uhr.

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QOSHE - Berliner Landgericht spricht Bücherbox-Brandstifter frei - Andreas Kopietz
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Berliner Landgericht spricht Bücherbox-Brandstifter frei

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22.02.2024

Der Mann, der am Bahnhof Grunewald einen antisemitischen Brandanschlag auf die Bücherbox am Holocaust-Mahnmal „Gleis 17“ verübt hat, kommt frei. Am 12. August vergangenen Jahres hatte er die zu einer Bücherbox umgebaute Telefonzelle am Bahnhof Grunewald angezündet und am Tatort ein antisemitisches und den Holocaust leugnendes Schreiben hinterlassen.

Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte wegen Volksverhetzung, versuchter schwerer Brandstiftung und Sachbeschädigung beantragt, den Mann im Maßregelvollzug unterzubringen. Er leide unter einer wahnhaften Störung. Doch das Berliner Landgericht lehnte die Unterbringung ab. Der inzwischen 64-jährigen Olaf J., dem insgesamt 13 Taten zwischen Januar und August 2023 zur Last gelegt wurden, ist ein freier Mann.

Kurz vor dem Anschlag auf die Bücherbox........

© Berliner Zeitung


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