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Frieden – gegen Gewalt an Frauen

Auch nach Ende der «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» ist Gewaltprävention vordringlich. Prekär ist die Situation insbesondere für Ausländerinnen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind und deren Aufenthaltsrecht an eine Ehe gekoppelt ist.

Susanne Leutenegger Oberholzer 11.12.2023, 20.48 Uhr

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Im Jahr 2022 wurden nach Erhebung der Vereinten Nationen weltweit fast 89’000 Frauen und Mädchen vorsätzlich getötet.

Symbolbild: Salvatore Di Nolfi/Keystone

Wir sind mitten im Advent. Gerade in dieser Zeit müsste die Friedensbotschaft im Mittelpunkt stehen. Aber weltweit dominieren Gewalt und kriegerische Auseinandersetzungen. Zu gewalttätigen Auseinandersetzungen eskalieren oft auch Konflikte im privaten Umfeld. Opfer sind vielfach Frauen und Kinder. Im Jahr 2022 wurden in der Schweiz rund 20'000 Fälle häuslicher Gewalt in all ihren Formen angezeigt.

Das Ausmass an Gewalt an Frauen weltweit ist erschreckend. Im Jahr 2022 wurden nach Erhebung der Vereinten Nationen weltweit fast 89'000 Frauen und Mädchen vorsätzlich getötet. 55 Prozent dieser Tötungsdelikte wurden von Familienmitgliedern begangen. Femizide häufen sich auch in unseren Breitengraden. In Italien erschüttert die Ermordung der 22-jährigen Studentin Giulia Cecchettin durch ihren Ex-Freund das Land. Der Mord war der 106. Femizid in Italien in diesem Jahr. In der Schweiz werden, so Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider in Liestal, jeden Monat durchschnittlich zwei Frauen im familiären Umfeld getötet.

Die Gewaltprävention ist vordringlich. Das ist auch das Ziel der Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen». Die Kampagne wurde 1991 vom Women‘s Global Leadership ins Leben gerufen. Die Aktionstage beginnen stets am 25. November am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen und dauern bis zum Abschluss am Tag der Menschenrechte am 10. Dezember. Auch wenn diese Aktionstage dieses Jahr bereits vorbei sind. Das Thema bleibt aktuell – insbesondere auch über die Festtage. Seit 1991 haben in über 187 Ländern bislang mehr als 5000 Organisationen die Kampagne unterstützt. Die Schweiz macht seit 2008 mit. Das Reden über Gewalt, auch über unsichtbare Gewaltformen, ist ein erster Schritt zur Gewaltbekämpfung.

Immer wichtiger wird dabei die Istanbul-Konvention, das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Der völkerrechtliche Vertrag ist in der Schweiz seit 1. April 2018 in Kraft. Unabhängige Expertinnen und Experten überwachen die Umsetzung. Sie wird mit einem nationalen Aktionsplan 2022 bis 2026 verstärkt.

Eine zentrale Anlaufstelle für gewaltbetroffene Menschen ist in unserer Region die Opferhilfe beider Basel (OHBB). Pro Arbeitstag suchen, so Geschäftsleiter Beat John, zehn Menschen neu die Beratung auf. 75 Prozent sind Frauen. Wiederum 75 Prozent der Frauen sind Opfer von häuslicher Gewalt. 2022 nahmen die Fälle um 9 Prozent und im ersten Halbjahr 2023 um 17 Prozent zu. Die OHBB kann telefonisch oder via E-Mail erreicht werden.

Prekär ist die Situation insbesondere für Ausländerinnen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind und deren Aufenthaltsrecht an eine Ehe gekoppelt ist. Eine Scheidung ist damit oft keine Option. Eine parlamentarische Initiative der Baselbieter SP-Nationalrätin Samira Marti verlangt deshalb, dass die Opfer von häuslicher Gewalt eine Härtefallbewilligung erhalten. Dazu werden nun die gesetzlichen Grund­lagen angepasst.

Menschen müssen lernen, mit Konflikten gewaltfrei umzugehen. Das ist ein wichtiger Schritt für mehr Frieden wie auch zum Schutz der Frauen vor Gewalt.

*Susanne Leutenegger Oberholzer politisierte 23 Jahre im ­Nationalrat (für Poch und SP). Die Juristin und Ökonomin lebt in Augst.

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Das Ausmass an Gewalt an Frauen weltweit ist erschreckend. Im Jahr 2022 wurden nach Erhebung der Vereinten Nationen weltweit fast 89'000 Frauen und Mädchen vorsätzlich getötet. 55 Prozent dieser Tötungsdelikte wurden von Familienmitgliedern begangen. Femizide häufen sich auch in unseren Breitengraden. In Italien erschüttert die Ermordung der 22-jährigen Studentin Giulia Cecchettin durch ihren Ex-Freund das Land. Der Mord war der 106. Femizid in Italien in diesem Jahr. In der Schweiz werden, so Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider in Liestal, jeden Monat durchschnittlich zwei Frauen im familiären Umfeld getötet.

Die Gewaltprävention ist vordringlich. Das ist auch das Ziel der Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen». Die Kampagne wurde 1991 vom Women‘s Global Leadership ins Leben gerufen. Die Aktionstage beginnen stets am 25. November am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen und dauern bis zum Abschluss am Tag der Menschenrechte am 10. Dezember. Auch wenn diese Aktionstage dieses Jahr bereits vorbei sind. Das Thema bleibt aktuell – insbesondere auch über die Festtage. Seit 1991 haben in über 187 Ländern bislang mehr als 5000 Organisationen die Kampagne unterstützt. Die Schweiz macht seit 2008 mit. Das Reden über Gewalt, auch über unsichtbare Gewaltformen, ist ein erster Schritt zur Gewaltbekämpfung.

Immer wichtiger wird dabei die Istanbul-Konvention, das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Der völkerrechtliche Vertrag ist in der Schweiz seit 1. April 2018 in Kraft. Unabhängige Expertinnen und Experten überwachen die Umsetzung. Sie wird mit einem nationalen Aktionsplan 2022 bis 2026 verstärkt.

Eine zentrale Anlaufstelle für gewaltbetroffene Menschen ist in unserer Region die Opferhilfe beider Basel (OHBB). Pro Arbeitstag suchen, so Geschäftsleiter Beat John, zehn Menschen neu die Beratung auf. 75 Prozent sind Frauen. Wiederum 75 Prozent der Frauen sind Opfer von häuslicher Gewalt. 2022 nahmen die Fälle um 9 Prozent und im ersten Halbjahr 2023 um 17 Prozent zu. Die OHBB kann telefonisch oder via E-Mail erreicht werden.

Prekär ist die Situation insbesondere für Ausländerinnen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind und deren Aufenthaltsrecht an eine Ehe gekoppelt ist. Eine Scheidung ist damit oft keine Option. Eine parlamentarische Initiative der Baselbieter SP-Nationalrätin Samira Marti verlangt deshalb, dass die Opfer von häuslicher Gewalt eine Härtefallbewilligung erhalten. Dazu werden nun die gesetzlichen Grund­lagen angepasst.

Menschen müssen lernen, mit Konflikten gewaltfrei umzugehen. Das ist ein wichtiger Schritt für mehr Frieden wie auch zum Schutz der Frauen vor Gewalt.

*Susanne Leutenegger Oberholzer politisierte 23 Jahre im ­Nationalrat (für Poch und SP). Die Juristin und Ökonomin lebt in Augst.

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Susanne Leutenegger Oberholzer 11.12.2023, 20.48 Uhr

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Das Ausmass an Gewalt an Frauen weltweit ist erschreckend. Im Jahr 2022 wurden nach Erhebung der Vereinten Nationen weltweit fast 89'000 Frauen und Mädchen vorsätzlich getötet. 55 Prozent dieser Tötungsdelikte wurden von Familienmitgliedern begangen. Femizide häufen sich auch in unseren Breitengraden. In Italien erschüttert die Ermordung der 22-jährigen Studentin Giulia Cecchettin durch ihren Ex-Freund das Land. Der Mord war der 106. Femizid in Italien in diesem Jahr. In der Schweiz werden, so Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider in Liestal, jeden Monat durchschnittlich zwei Frauen im familiären Umfeld getötet.

Die Gewaltprävention ist vordringlich. Das ist auch das Ziel der Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen». Die Kampagne wurde 1991 vom Women‘s Global Leadership ins Leben gerufen. Die Aktionstage beginnen stets am 25. November am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen und dauern bis zum Abschluss am Tag der Menschenrechte am 10. Dezember.........

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