Begeht Israel einen Völkermord an den Palästinensern? Natürlich nicht. Der Internationale Gerichtshof aber eröffnet solchen Vorwürfen nun neuen Raum.

Israel hat nicht viele Verbündete – kein anderes Land wird in den Resolutionen der Vereinten Nationen so häufig und so hart kritisiert. Der Internationale Gerichtshof macht da leider keine Ausnahme. Seine Entscheidung, den Vorwurf des Völkermordes an den Palästinensern weiterzuverfolgen und die israelische Armee zu einem besseren Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung zu verpflichten, trifft Israel deutlich härter als die Hamas. Damit folgen auch die Richter in Den Haag dem absurden Narrativ, nach dem Israel vor allem ein Ziel verfolgt, nämlich die Palästinenser auszulöschen.

Tatsächlich geht die israelische Armee im Gazastreifen nicht gegen Palästinenser vor, weil sie Palästinenser sind, sondern gegen Terroristen, die eben auch Palästinenser sind. Das macht einen Unterschied – und zwar einen sehr großen. Dass unter einem Krieg immer auch die Zivilbevölkerung leidet, gehört zur Tragik solcher Konflikte. Um daraus aber einen Völkermord abzuleiten, braucht es schon eine gehörige Portion politischer und juristischer Voreingenommenheit.

Israel führt Krieg gegen die Hamas und nicht gegen das palästinensische Volk, und für die katastrophale humanitäre Lage im Gazastreifen ist zuallererst die Hamas verantwortlich, die mit ihren Massakern vom 7. Oktober diesen Krieg erst angezettelt hat.

Die Argumentation Südafrikas, das vor dem Gerichtshof geklagt hat, ist dabei in doppelter Hinsicht perfide. Zum einen, weil sie Ursache und Wirkung verkehrt – Israel ist in diesem Krieg nicht Täter, sondern Opfer. Zum anderen, weil sie den Gründungsmythos des Staates Israel komplett ausblendet – er ist das Ergebnis des bislang größten Völkermordes überhaupt. Die Gründung eines eigenen Staates war die Antwort der Juden auf den Holocaust. Ihnen nun zu unterstellen, sie würden die Palästinenser ähnlich verfolgen wie die Nazis sie selbst, relativiert letztlich auch den Holocaust, ein Menschheitsverbrechen sondergleichen.

Ein Völkermord per definitionem spielt sich dagegen weitgehend unbemerkt von der Weltöffentlichkeit gerade in Nigeria ab. Dort bringen fanatische Islamisten seit Jahren Christen um, nur weil sie Christen sind – fast 200 alleine an den Weihnachtsfeiertagen. Gegen Nigeria aber hat noch niemand vor dem Internationalen Gerichtshof geklagt.

Hören Sie dazu auch unseren Podcast "Augsburger Allgemeine Live" vom 30. Oktober 2023 mit den Nahost-Experten unserer Redaktion.

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Die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs trifft Israel härter als die Hamas

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26.01.2024

Begeht Israel einen Völkermord an den Palästinensern? Natürlich nicht. Der Internationale Gerichtshof aber eröffnet solchen Vorwürfen nun neuen Raum.

Israel hat nicht viele Verbündete – kein anderes Land wird in den Resolutionen der Vereinten Nationen so häufig und so hart kritisiert. Der Internationale Gerichtshof macht da leider keine Ausnahme. Seine Entscheidung, den Vorwurf des Völkermordes an den Palästinensern weiterzuverfolgen und die israelische Armee zu einem besseren Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung zu verpflichten, trifft Israel deutlich härter als die Hamas. Damit folgen auch die Richter in Den Haag dem absurden Narrativ, nach dem Israel vor allem ein Ziel verfolgt, nämlich die Palästinenser auszulöschen.

Tatsächlich geht die israelische Armee im Gazastreifen nicht gegen........

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