Die Kombination aus einer orientierungslosen Regierungsspitze und alarmistischer Opposition macht das Volk mürbe. Höchste Zeit, dass Olaf Scholz Führung zeigt.

Was macht eigentlich Bundeskanzler Olaf Scholz? Die Republik erlebt dramatische Zeiten, die Verabschiedung des Haushalts für kommendes Jahr wird auf einen Termin kurz vor Jahresende verschoben, nachdem das Bundesverfassungsgericht den 60 Milliarden Euro schweren Klimafonds für nichtig erklärt hat. Von der Weltlage, den Herausforderungen durch den andauernden Krieg Wladimir Putins gegen die Ukraine und dem Grauen in Nahost ist da noch gar nicht die Rede.

Und was tut der Mann, der von sich sagt, wer bei ihm Führung bestelle, bekomme sie auch (O-Ton Scholz)? Er schweigt. Sicher, wer den Kanzler sucht, kann ihn finden. Beim Digitalgipfel in Jena. Beim Treffen mit Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni. Der Kanzler arbeitet, die Regierungsarbeit läuft, hier gibt es nichts zu sehen. Das ist die Botschaft.

Normalität vorleben, das kann zur Beruhigung beitragen. In dieser Krise aber wirkt es seltsam entrückt. Denn hier geht es nicht um Putins Überfall oder den Terror der Hamas, Ereignisse, deren Eintreten nicht in der Hand der deutschen Regierung lagen. Hier geht es um ein Problem, das der Finanzminister Scholz dem Kanzler Scholz selbst eingebrockt hat. Verfassungswidrige Sondertöpfe, um die Schuldenbremse des Grundgesetzes zu umgehen, das war Scholz' Idee. Hätte der Bürger da nicht ein Recht zu erfahren, was der Erfinder dieser Konstruktion jetzt zu tun gedenkt?

Fehlanzeige. Wer wissen will, was immerhin die zweite Regierungsreihe denkt, kann sich zu später Stunde durch Talkshows zappen. Wen man dort meistens trifft, ist Robert Habeck. Der Vizekanzler und Wirtschaftsminister hat dem Industriestandort Deutschland den klimaneutralen Umbau seiner Wirtschaft verordnet. Eine Generationenaufgabe, doch nun fehlt leider das Geld, um diesen Anpassungsprozess abzufedern. Zehntausende Arbeitsplätze sind so gefährdet. Stattdessen schimpft er auf die CDU, die mit ihrer Klage die Taschenspielertricks der Regierung dankenswerterweise offengelegt hat.

Der Bundesfinanzminister wiederum verhängt bedeutungsschwer eine Haushaltssperre. Was Christian Lindners Finanz-Lockdown für die Menschen heißt, erfahren wir nicht. Und die Opposition? Die sieht zwar, mit einigem Recht, ihre Stunde gekommen, trägt ansonsten aber zur maximalen Beunruhigung bei, wenn sie vom Ende von Sozialleistungen, Bürgergeld und Kindergrundsicherung raunt.

All das lässt die Bürgerinnen und Bürger ratlos zurück. Mehr noch: die Kombination aus einer orientierungslosen Regierungsspitze und alarmistischer Opposition macht das Volk mürbe. Und wenn keiner weiß, wie es weitergeht, profitieren immer dieselben – die Rechtsaußen der AfD.

Gefordert ist Klarheit. Vom Kanzler. Im Bundestag. Deutschlands Bürgerinnen und Bürger überweisen pro Jahr beinahe 1000 Milliarden Euro an Steuern an den Staat. Damit muss es möglich sein, dass dieser Staat seine Kernaufgaben bewältigt – für äußere und innere Sicherheit sorgt, für sozialen Ausgleich, wo nötig, und für eine Wirtschaftspolitik, die den Standort stärkt. Beinahe 1000 Milliarden Euro – damit muss sich ein Land wie Deutschland regieren lassen, ohne Taschenspielertricks.

Ja, durch Schulden finanziertes Geld war der Kitt, der das Bündnis der weltanschaulich weit auseinanderliegenden Ampelparteien notdürftig zusammenhielt. In der Krise können SPD, Grüne und FDP nun zeigen, dass mehr in dieser Regierung steckt als der kleinste gemeinsame Nenner: Prioritäten setzen, auf Lieblingsprojekte verzichten, regieren eben, zum Wohle des Landes. Doch dafür bräuchte es erst mal einen der sagt, wo es langgeht.

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QOSHE - Gesucht: der Kanzler - Peter Müller
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Gesucht: der Kanzler

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22.11.2023

Die Kombination aus einer orientierungslosen Regierungsspitze und alarmistischer Opposition macht das Volk mürbe. Höchste Zeit, dass Olaf Scholz Führung zeigt.

Was macht eigentlich Bundeskanzler Olaf Scholz? Die Republik erlebt dramatische Zeiten, die Verabschiedung des Haushalts für kommendes Jahr wird auf einen Termin kurz vor Jahresende verschoben, nachdem das Bundesverfassungsgericht den 60 Milliarden Euro schweren Klimafonds für nichtig erklärt hat. Von der Weltlage, den Herausforderungen durch den andauernden Krieg Wladimir Putins gegen die Ukraine und dem Grauen in Nahost ist da noch gar nicht die Rede.

Und was tut der Mann, der von sich sagt, wer bei ihm Führung bestelle, bekomme sie auch (O-Ton Scholz)? Er schweigt. Sicher, wer den Kanzler sucht, kann ihn finden. Beim Digitalgipfel in Jena. Beim Treffen mit Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni. Der Kanzler arbeitet, die Regierungsarbeit läuft, hier gibt es nichts zu sehen. Das ist die Botschaft.

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