Das Fernsehduell in Thüringen erhitzt schon vorab die Gemüter. AfD-Rechtsaußen Höcke diskutiert mit CDU-Landeschef Voigt. Was für und gegen diesen Zweikampf spricht.

Einen Erfolg hat Björn Höcke, Ikone der äußersten Rechten in der AfD, schon jetzt erzielt. Er wird heute Abend auf Augenhöhe mit dem Chef der Thüringer CDU, Mario Voigt, diskutieren. Das Fernsehduell macht vor allem deshalb schon vorab Schlagzeilen, weil dahinter nicht so sehr die Frage steht, wer die besseren Argumente hat oder ob Höcke einmal mehr verbal entgleist. Es geht vielmehr um eine Grundsatzfrage zum Auftakt Superwahljahres mit der Europawahl und gleich drei brisanten Landtagswahlen in Ostdeutschland.

Wie sollen andere Parteien und Medien mit der in Teilen rechtsextremistischen AfD umgehen? Entzaubern sich die populistischen Vereinfacher selbst, wenn es hart um die Sache, um Ideen und machbare Lösungsvorschläge geht? Oder trägt man nur zur Normalisierung einer Partei bei, deren Positionen und Stil eben nicht normal sind?

Der Sender Welt TV führt an diesem Donnerstagabend um 20.15 Uhr quasi den ersten Feldversuch durch. Höcke gegen Voigt - da wird es um mehr gehen als um die Landtagswahl in Thüringen, wo die AfD in Umfragen auf dem ersten Platz liegt. Denn die Rechtsaußenpartei ist längst kein Ost-Phänomen mehr, auch im Bund ist sie zweitstärkste Kraft hinter der Union.

Seit Jahren ringen die politische Konkurrenz, aber auch Journalistinnen und Journalisten, um den richtigen Umgang mit der AfD. Manche haben sich über sie empört, manche haben sie kopiert, manche haben sie hart an Themen gestellt, manche haben sie lächerlich gemacht. Das Ergebnis: Die AfD hat sich weiter radikalisiert und spielt mit Inbrunst ihre Opferrolle, die ihr zumindest beim eigenen Publikum nur noch mehr Zuspruch bringt. Und genau hier ist das Argument, warum es richtig sein kann, die AfD auch in ein solches Fernsehduell einzuladen.

Leuten wie Björn Höcke, Alice Weidel oder Alexander Gauland wird es danach nicht mehr ganz so leicht fallen, zu behaupten, sie würden von "den Mainstream-Medien" totgeschwiegen. Man kann eine politische Kraft, die in mehreren Bundesländern Chancen hat, stärkste Fraktion im Landtag zu werden, nicht dauerhaft ignorieren.

Dass Mario Voigt sich in die Arena wagt, ist mutig. Denn mit AfD-Leuten zu diskutieren, ist bisweilen so, als würde man mit Donald Trump einen gemeinsamen Nenner suchen. Wenn das Gegenüber nicht einmal bereit ist, eine Debatte auf Basis von allgemeingültigen Fakten zu führen, kann man nur verlieren. Der CDU-Mann geht trotzdem ins Risiko, was selbst in seiner eigenen Partei umstritten ist. Seiner persönlichen Glaubwürdigkeit im Wahlkampf von Thüringen kann es aber helfen, dass er sich nicht wegduckt. Zumal Voigt es dort ja nicht nur mit Höcke, sondern auch mit Noch-Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Linken zu tun bekommt - beide sind wesentlich bekannter als er.

CDU-Chef Friedrich Merz bleibt nichts anderes übrig, als die Sache laufen zu lassen. Schließlich hat er selbst die Parole ausgegeben, sich hart in der Sache mit den Rechtsradikalen auseinanderzusetzen. Andererseits ist es nun eben die Union, die dem Faschisten Höcke eine bundesweite Bühne bereitet, die er zur großen Selbstinszenierung nutzen und wird. Seine Devise dürfte sein, sich vor großem Publikum selbst zu verharmlosen.

Macht man die AfD erst recht zu einer Alternative für die Wählerinnen und Wähler, indem man mit ihr genauso umgeht wie mit den demokratischen Mitbewerbern, obwohl sie sich an Fakten, Regeln, Stilfragen und politische Umgangsformen nicht gebunden fühlt? Diese Frage kann man durchaus mit Ja beantworten. Und genau hier ist das Argument, warum es ein Fehler sein kann, die AfD in ein solches Fernsehduell einzuladen.

Denn selbst, wenn sich Voigt in der Diskussion gut schlägt, wenn er argumentative Punkte macht, wenn er Höcke in Bedrängnis bringt, wird die AfD doch nachher die große Propaganda-Maschine anwerfen und das TV-Duell zu einem gigantischen Erfolg stilisieren.

In Sozialen Netzwerken verfügen die Rechten über einen großen Vorsprung gegenüber den anderen Parteien. Viel früher haben sie erkannt, warum die Methode Trump in den USA so erfolgreich ist. Mut zur Halbwahrheit, könnte man in Anlehnung an den Parteislogan der AfD sagen. Was kümmern schon Fakten, wenn Emotionen doch viel leichter die Massen mobilisieren?

Dennoch wäre es falsch, vor dieser perfiden Strategie zu kapitulieren. Die demokratischen Kräfte dürfen sich nicht vom Virus des Populismus anstecken lassen, sie müssen mit echten Lösungen und seriöser Politik dagegenhalten. Damit lässt sich vielleicht kein Start-Ziel-Sieg in einem Fernsehduell einfahren, damit lassen sich auch nicht Rechtsextremisten, Verschwörungsideologen und Demokratieverächter in den Reihen der AfD-Anhängerschaft überzeugen. Aber all jene, die aus anderen Gründen oder schlichtem Frust darüber nachdenken, die AfD zu wählen, obwohl sie von deren Ideen eigentlich gar nichts halten, muss man immer wieder in die Verlegenheit bringen, nachdenklich zu werden.

Womöglich kann das TV-Duell zwischen Björn Höcke und Mario Voigt an diesem Donnerstagabend einen Teil dazu beitragen.

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QOSHE - TV-Duell Höcke gegen Voigt: Ist es richtig, die AfD einzuladen? - Michael Stifter
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TV-Duell Höcke gegen Voigt: Ist es richtig, die AfD einzuladen?

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11.04.2024

Das Fernsehduell in Thüringen erhitzt schon vorab die Gemüter. AfD-Rechtsaußen Höcke diskutiert mit CDU-Landeschef Voigt. Was für und gegen diesen Zweikampf spricht.

Einen Erfolg hat Björn Höcke, Ikone der äußersten Rechten in der AfD, schon jetzt erzielt. Er wird heute Abend auf Augenhöhe mit dem Chef der Thüringer CDU, Mario Voigt, diskutieren. Das Fernsehduell macht vor allem deshalb schon vorab Schlagzeilen, weil dahinter nicht so sehr die Frage steht, wer die besseren Argumente hat oder ob Höcke einmal mehr verbal entgleist. Es geht vielmehr um eine Grundsatzfrage zum Auftakt Superwahljahres mit der Europawahl und gleich drei brisanten Landtagswahlen in Ostdeutschland.

Wie sollen andere Parteien und Medien mit der in Teilen rechtsextremistischen AfD umgehen? Entzaubern sich die populistischen Vereinfacher selbst, wenn es hart um die Sache, um Ideen und machbare Lösungsvorschläge geht? Oder trägt man nur zur Normalisierung einer Partei bei, deren Positionen und Stil eben nicht normal sind?

Der Sender Welt TV führt an diesem Donnerstagabend um 20.15 Uhr quasi den ersten Feldversuch durch. Höcke gegen Voigt - da wird es um mehr gehen als um die Landtagswahl in Thüringen, wo die AfD in Umfragen auf dem ersten Platz liegt. Denn die Rechtsaußenpartei ist längst kein Ost-Phänomen mehr, auch im Bund ist sie........

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