Der DFB und der DOSB lassen sich von TikTok sponsern, die Fußball-Bundesliga hat kein Problem mit Wettanbietern – wie die Auswahl der Geldgeber problematisch ist.

Das hörte sich eigentlich ganz toll an, was der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) kürzlich der Welt kundtat. Bei den Olympischen Spielen in Paris soll es "spannende Livestreams der Medaillenfeiern aus dem Deutschen Haus oder auch Einblicke in das olympische Leben" geben. Und zu diesem Zweck hat der DOSB ein Sponsoring mit dem Social-Media-Dienst TikTok beschlossen. Das wiederum ist angesichts der Kritik, der das chinesische Unternehmen ausgesetzt ist, dann nicht mehr ganz so toll. Zugleich steht es sinnbildlich für den sorglosen Umgang mit den sozialen Medien, der im Sport vorherrscht. Dessen Funktionäre verweisen gerne mal auf die Vorbildfunktion ihrer Athleten – und drücken aber beide Augen zu, wenn es ums Geld geht.

Der DOSB ist damit längst nicht alleine: Auch der Deutsche Fußball-Bund verkündete vor Kurzem, dass TikTok jetzt "Entertainment-Partner" der Männer-Nationalmannschaft ist. Auch hier soll es während der Heim-EM und darüber hinaus exklusive Inhalte geben. Und, ja: Wahrscheinlich wird auch der ein oder andere Euro in die klamme DFB-Kasse fließen.

Unterdessen steht TikTok immer schärfer in der Kritik: Es gilt als belegt, dass das Portal mit den kurzen bunten Filmchen die Psyche von jugendlichen Nutzern verändert, Abhängigkeiten erzeugt und keine Probleme damit hat, Propaganda und Fehlinformation zu verbreiten. Das macht es zum Lieblings-Tool aller extremistischen Hetzer. Ungeklärt ist zudem die Nähe des Datensammlers TikTok zur chinesischen Staatsregierung. In einigen Ländern ist die App entweder komplett verboten oder nur eingeschränkt nutzbar. Sogar im Heimatland China sind nicht alle Funktionen verfügbar.

Problem mit zweifelhaftem Sponsorengeld gibt es im Spitzensport in den seltensten Fällen, was exemplarisch am Beispiel Fußball zu sehen ist. Nationale und europäische Vereine haben in den vergangenen Jahren eine Nähe zu Wettanbietern entwickelt. Sowohl der DFB als auch die DFL arbeiten mit Wettanbietern zusammen, bei der Fußball-Europameisterschaft wird erstmals ein Sportwettenportal zu den Prämiensponsoren gehören. Das ist bemerkenswert angesichts dessen, dass alleine in Deutschland laut einer Untersuchung der Universität Bremen 2,4 Prozent der Bevölkerung – also etwa zwei Millionen Menschen – eine Glücksspielstörung aufweisen. Tendenz: steigend.

Wenn Vereine und Verbände mit dem Kostendruck argumentieren und der Notwendigkeit, Geld zu verdienen, ist das zu kurz gedacht. Schließlich entsteht der Druck im Fall der Fußball-Branche oft auch durch falsche Entscheidungen. Beim DFB etwa hat man in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen damit gemacht, vor Turnieren die kostspieligen Verträge mit Entscheidungsträgern oder Trainerinnen zu verlängern – und stattete trotzdem erst kürzlich sowohl Sportdirektor Rudi Völler als auch Bundestrainer Julian Nagelsmann mit neuen Arbeitspapieren aus. Der Druck, das am besten dotierte Sponsoring-Angebot annehmen zu müssen, steigt mit jedem teuren Vertrag – und das wissen auch TikTok und Co.

Das ist hochproblematisch für die Sportbranche, deren Protagonisten für viele Heranwachsende Vorbilder sind – und die sich gerne auf die hehren Werte bezieht, wenn es gerade nicht wehtut. Wer mit und durch die Öffentlichkeit sein Geld verdient, benötigt gesellschaftliche Akzeptanz. Sponsorenverträge mit Wettanbietern und Hetz-Plattformen tragen dazu nicht gerade im Übermaß bei.

Sie haben nicht die Berechtigung zu kommentieren. Bitte beachten Sie, dass Sie als Einzelperson angemeldet sein müssen, um kommentieren zu können. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an moderator@augsburger-allgemeine.de.

Um kommentieren zu können, gehen Sie bitte auf "Mein Konto" und ergänzen Sie in Ihren persönlichen Daten Vor- und Nachname.

Bitte melden Sie sich an, um mit zu diskutieren.

QOSHE - TikTok, Wettanbieter und Co.: Der Sport setzt seine Glaubwürdigkeit aufs Spiel - Florian Eisele
menu_open
Columnists Actual . Favourites . Archive
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close
Aa Aa Aa
- A +

TikTok, Wettanbieter und Co.: Der Sport setzt seine Glaubwürdigkeit aufs Spiel

23 0
03.05.2024

Der DFB und der DOSB lassen sich von TikTok sponsern, die Fußball-Bundesliga hat kein Problem mit Wettanbietern – wie die Auswahl der Geldgeber problematisch ist.

Das hörte sich eigentlich ganz toll an, was der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) kürzlich der Welt kundtat. Bei den Olympischen Spielen in Paris soll es "spannende Livestreams der Medaillenfeiern aus dem Deutschen Haus oder auch Einblicke in das olympische Leben" geben. Und zu diesem Zweck hat der DOSB ein Sponsoring mit dem Social-Media-Dienst TikTok beschlossen. Das wiederum ist angesichts der Kritik, der das chinesische Unternehmen ausgesetzt ist, dann nicht mehr ganz so toll. Zugleich steht es sinnbildlich für den sorglosen Umgang mit den sozialen Medien, der im Sport vorherrscht. Dessen Funktionäre verweisen gerne mal auf die Vorbildfunktion ihrer Athleten – und drücken aber beide Augen zu, wenn es ums Geld geht.

Der DOSB ist damit längst nicht alleine: Auch der Deutsche Fußball-Bund verkündete........

© Augsburger Allgemeine


Get it on Google Play