München - "Wir wollen nicht Veganer noch veganer machen", erklärt Nils Steiger, "sondern allen anderen den Einstieg in die vegane Ernährung so leicht wie möglich." Er ist sich sicher: Wenn vegane Produkte genauso riechen, schmecken und aussehen wie das, was die Leute kennen, "dann ist es kein großer Umstieg, sich vegan zu ernähren".

Er selbst sei ja auch kein Veganer geworden, weil er den Geschmack von Fleisch nicht mag, "sondern obwohl ich den Geschmack mag. Aber der Konsum solcher Lebensmittel ist mir nicht wert, dass dafür ein Tier stirbt". Den Geschmack von Fleisch hat er vermisst und deshalb zusammen mit drei Freunden vor gut einem Jahr eine vegane Fleischerei in Dresden eröffnet. Geplant war, sie nebenbei zu betreiben, als Hobby, "und dann ist unser Laden durch die Decke gegangen!". Der Andrang war von Anfang an riesig, deutschlandweit und international berichteten die Medien darüber. Leute von überall her wollten die Produkte kaufen. So ist bald ein Onlineshop entstanden. Immer häufiger schlugen ihm Menschen vor, einen solchen Laden in ihrer Stadt zu eröffnen. Einer von ihnen war der Münchner Markus Dorsch. Kein Jahr ist seitdem vergangen und nun ist die vegane Fleischerei ein Franchise-Konzept.

In der Frauenstraße hat am Samstag (20. Januar) die erste Filiale eröffnet, in ein paar Wochen kommt eine zweite, kleinere, am Goetheplatz dazu. Dorsch ist ebenfalls Überzeugungstäter. Er kommt zwar aus dem Private-Equity-Bereich, lebt aber seit 20 Jahren fleischlos. "Wenn ich in München in eine Traditionsgastronomie gehe, was bekomme ich dann zum Bier? Ein Thaicurry." Das schmecke ihm zwar, "aber ich möchte hier auch verbreiten, dass es Bratwürste gibt, Braten, traditionelle Küchenklassiker, vegan interpretiert".

Dorsch mag die deutsche Küche sehr gerne. "Aber man isst einen Leberkas ja nicht, weil Fleisch drin ist, sondern weil er so gut schmeckt." Warum dann also nicht zu einer pflanzlichen Alternative greifen? Im Supermarkt gebe es zwar gut schmeckende industrielle Wurst, aber, so Dorsch, "da bekommt man fünf Scheiben in einer riesen Menge Plastik verpackt".

Daniel Quis, einer der Partner in Dresden, kocht schon seit 26 Jahren professionell vegan und hat immer schon viel experimentiert. Er legte einfach mal los, am Anfang mit einem Schnitzel und einem Hackbraten. "Was wir dann zusammen gemacht haben, war der Transfer von der Gastronomie in den Frischetheken-Bereich", erklärt Steiger.

80 bis 90 Produkte umfasst die Palette inzwischen, davon werden 70 in Dresden selbst produziert. Die Basis der Produkte besteht entweder aus Seitan (Weizeneiweiß), Erbsenprotein, Soja oder Jackfrucht. Preislich bewege man sich im Bereich einer guten Bio-Metzgerei, auch wenn nicht alles bio ist. Steiger möchte, dass sich jeder seine veganen Waren leisten kann. Der Hauptkostenpunkt seien das Handwerk und die Mitarbeiter. Zugekauft wird unter anderem Käse. Auch Produkte von der Münchner Firma Greenforce gehören zum Sortiment.

"In Dresden ist unser Schnitzelbrötchen immer noch der Dauerbrenner", sagt Steiger. Brötchen gibt's in München natürlich nicht. "Wir sorgen für eine Munification", so Dorsch augenzwinkernd. Davon inspiriert gibt's inzwischen auch in Dresden eine Weißwurst und eine Ochsenfetzen-Semmel. "Mir war auch gar nicht klar, dass in Dresden keiner Gelbwurst kennt", erzählt Dorsch weiter. Die musste er natürlich unbedingt in seiner Theke haben. "Und wer mit seinem Kind kommt, der kriegt selbstverständlich eine Scheibe gereicht."

Denn schließlich soll das ganze Erlebnis genau so sein wie beim richtigen Metzger. Dorsch bringt das Konzept so auf den Punkt: "Wir sind ein Vinzenz Murr in Grün." Im Geschäft stehen auch ein paar Tische. Die Kunden können ihre vegane Leberkassemmel (4,50 Euro) also gleich vor Ort essen. Zum Sortiment gehören aber auch Steaks und mehr. "Mein ganzer Stolz ist unser Sauerbraten", verrät Steiger, "meine Oma hat mir immer Sauerbraten gemacht und ich habe ihn geliebt! Diesen Geschmack habe ich wirklich sehr vermisst." Den veganen Sauerbraten würde er blind jedem empfehlen. Die Soße und eine Kochanleitung gibt's jeweils dazu.

Dorsch ist besonders stolz auf seine drei verschiedenen Bratwürste. Es wird sich noch zeigen, ob eine davon den Dauerbrenner Schnitzelsemmel (5,50 Euro) überholt oder hier in München vielleicht doch der Leberkas das Rennen macht.

Frauenstraße 11
Mo-Fr: 11.30 bis 18.30 Uhr
Sa: 10.30 bis 17.30 Uhr

QOSHE - "Einstieg leicht machen": In München eröffnet erste vegane Metzgerei - Ruth Frã¶Mmer
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"Einstieg leicht machen": In München eröffnet erste vegane Metzgerei

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29.01.2024

München - "Wir wollen nicht Veganer noch veganer machen", erklärt Nils Steiger, "sondern allen anderen den Einstieg in die vegane Ernährung so leicht wie möglich." Er ist sich sicher: Wenn vegane Produkte genauso riechen, schmecken und aussehen wie das, was die Leute kennen, "dann ist es kein großer Umstieg, sich vegan zu ernähren".

Er selbst sei ja auch kein Veganer geworden, weil er den Geschmack von Fleisch nicht mag, "sondern obwohl ich den Geschmack mag. Aber der Konsum solcher Lebensmittel ist mir nicht wert, dass dafür ein Tier stirbt". Den Geschmack von Fleisch hat er vermisst und deshalb zusammen mit drei Freunden vor gut einem Jahr eine vegane Fleischerei in Dresden eröffnet. Geplant war, sie nebenbei zu betreiben, als Hobby, "und dann ist unser Laden durch die Decke gegangen!". Der Andrang war von Anfang an riesig, deutschlandweit und international berichteten die Medien darüber. Leute von überall her wollten die Produkte kaufen. So ist bald ein Onlineshop entstanden. Immer häufiger schlugen ihm Menschen vor, einen solchen Laden in ihrer Stadt zu eröffnen. Einer von........

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