Hamburg - So ein eindeutiges Ergebnis würde sich die CSU bei Wahlen sicher auch wünschen – 54,7 Prozent! Allerdings stammt der Wert in diesem Fall aus der Online-Abstimmung zum Negativpreis Mogelpackung des Jahres 2023. Fünf Produkte standen zur Auswahl. "Gewonnen" hat: Tuc Bake Rolls.

Das hat die Verbraucherzentrale Hamburg am Dienstag bekanntgegeben. 11.642 Stimmen entfielen auf das Tuc-Produkt vom Hersteller Mondelez, insgesamt gingen 21.279 Stimmen ein. Die versteckte Preiserhöhung ist auffallend: 127 Prozent kostete der Snack im vergangenen Jahr plötzlich mehr.

Die Verbraucherschützer rechnen vor: "Seit 2023 bietet Mondelez Brotchips unter einer anderen Marke ‚neu' mit weniger Inhalt an." Aus den Brotchips 7days Bake Rolls wurde der Name Tuc Bake Rolls, in dem Fall geht es um die Variante Meersalz. "Dabei schrumpfte der Inhalt von 250 auf 150 Gramm in einem ähnlich großen Standbeutel, der Verkaufspreis hingegen stieg von 1,39 Euro auf 1,89 Euro."

Seit einiger Zeit betrage der Preis bei vielen Händlern sogar 1,99 Euro. Das wären dann sogar schon 139 Prozent Preiserhöhung. "Das Aussehen, die Rezeptur und die Nährwerte der Brotchips haben sich, abgesehen vom Salzgehalt, praktisch nicht verändert", so die Verbraucherschützer in ihrer Mitteilung vom Dienstag. Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg sagt daher zur AZ: "In der Tat ist das der Favorit im negativen Sinne gewesen."

Valet hat am Dienstag viel zu tun. Nicht nur, dass die Mogelpackung des Jahres bekanntgegeben wurde. Bevor er mit der AZ telefoniert, ist er noch bei einer mündlichen Verhandlung zur eingereichten Klage gegen den Hersteller Upfield. In der Causa: "Sanella". Die Verbraucherschützer bemängeln die geschrumpfte Größe der Margarine auf nur noch 400 Gramm, ohne dass der Preis auch kleiner geworden wäre. Der gerichtliche Weg ist in solchen Fällen schwierig, aber man versucht es eben im Kampf gegen Mogelpackungen. Noch gebe es dazu kein Urteil, so Valet am Dienstag, aber: "Wir hoffen, dass die Richter hier die Irreführung sehen."

Und damit zurück zur außergerichtlichen Aktion, der Wahl zur Mogelpackung des Jahres, und den gekürten Brotchips. Valet kritisiert hier auch den Handel: "Der Handel stellt sich als Anwalt der Verbraucherinnen und Verbraucher dar. Für uns war vollkommen unverständlich, warum man so ein Produkt durchwinkt mit einer doppelten Preiserhöhung, obwohl die Nährwerte, die Rezeptur gleich geblieben sind. Das einzige, was sich geändert hat: Der Salzgehalt ist etwas reduziert. Und dann will man plötzlich mehr als das Doppelte verlangen. Das kann man keinem Menschen erklären."

Grundsätzlich sagt Valet: "Die Verbraucherinnen und Verbraucher sind bei Genusslebensmittel nicht so preissensibel. Das weiß natürlich ein großer Konzern. Deshalb probiert man es hier besonders häufig." Wo die Verbraucherschützer weniger Mogelpackungen fänden, seien etwa bei Milch, Mehl und Zucker, zählt er auf. "Da ist offensichtlich klar, das lassen sich Kunden nicht gefallen."

Die Verbraucherschützer hatten vor der Wahl auch bei Mondelez und Rewe um eine Stellungnahme gebeten. Mondelez habe unter anderem mitgeteilt: "Die Zutaten unserer Produkte weisen wir stets deutlich im Zutatenverzeichnis auf den Verpackungen aus. Selbstverständlich ist auch die Grammatur unserer Produkte entsprechend den rechtlichen Vorgaben, insbesondere derjenigen der Fertigpackungsverordnung, angegeben. Dadurch können sich unsere Konsument*innen bereits vor dem Kauf informieren und entscheiden, ob das Produkt ihren Erwartungen entspricht."

Und Rewe sagte im Februar dazu: "Wir sehen es als unsere Aufgabe, steigende Preise im Sinne unserer Kunden – wo möglich – einzudämmen. Wir können aber eine Inflation, wie wir sie aktuell erleben, weder ungeschehen machen, noch alleine tragen."

Die Verbraucherschützer, die sich seit Jahren gegen versteckte Preiserhöhungen einsetzen und Produkten auf der Spur sind, die der Verpackung nach unverändert wirken, aber im Inhalt schrumpfen, haben einen Appell an die Verbraucher: "Wenn Sie der Mogeleien überdrüssig sind, sollten Sie Politik mit dem Einkaufszettel machen. Nur wenn ihre Produkte dauerhaft im Regal liegen bleiben, ändern Unternehmen ihre Marketingpolitik."

QOSHE - Mogelpackung des Jahres: Preiserhöhung von 127 Prozent - Rosemarie Vielreicher
menu_open
Columnists Actual . Favourites . Archive
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close
Aa Aa Aa
- A +

Mogelpackung des Jahres: Preiserhöhung von 127 Prozent

10 0
23.01.2024

Hamburg - So ein eindeutiges Ergebnis würde sich die CSU bei Wahlen sicher auch wünschen – 54,7 Prozent! Allerdings stammt der Wert in diesem Fall aus der Online-Abstimmung zum Negativpreis Mogelpackung des Jahres 2023. Fünf Produkte standen zur Auswahl. "Gewonnen" hat: Tuc Bake Rolls.

Das hat die Verbraucherzentrale Hamburg am Dienstag bekanntgegeben. 11.642 Stimmen entfielen auf das Tuc-Produkt vom Hersteller Mondelez, insgesamt gingen 21.279 Stimmen ein. Die versteckte Preiserhöhung ist auffallend: 127 Prozent kostete der Snack im vergangenen Jahr plötzlich mehr.

Die Verbraucherschützer rechnen vor: "Seit 2023 bietet Mondelez Brotchips unter einer anderen Marke ‚neu' mit weniger Inhalt an." Aus den Brotchips 7days Bake Rolls wurde der Name Tuc Bake Rolls, in dem Fall geht es um die Variante Meersalz. "Dabei schrumpfte der Inhalt von 250 auf 150 Gramm in einem ähnlich großen Standbeutel, der Verkaufspreis hingegen stieg von 1,39 Euro auf 1,89 Euro."

Seit einiger Zeit betrage der Preis bei vielen Händlern sogar 1,99 Euro. Das........

© Abendzeitung München


Get it on Google Play