München - Es war die 82. Minute, die die Gemütslage im Löwen-Lager gegen Viktoria Köln (1:2) zur Hochglut brachte. Der Hauptverantwortliche: Schiedsrichter Timon Schulz (27). Was war passiert? Nachdem Flügelflitzer Morris Schröter (28) im Viktoria-Strafraum zu Fall kam, wurde er vom Referee beim Spielstand von 1:1 wegen einer vermeintlichen Schwalbe mit der Ampelkarte vom Feld verwiesen. Eine eindeutige Fehlentscheidung, wie in den TV-Bildern zu sehen war. Der Außenstürmer wurde von seinem Gegenspieler getroffen.

Damit ist klar: Mit der Hilfe eines Video-Schiedsrichters (VAR) wäre die Partie wohl anders ausgegangen. So konnte Schulz, der die Giesinger mit einer regelrechten Kartenflut (weitere fünf Gelbe Karten und drei Rote Karten für den TSV 1860) ausknockte, seinen Fehler nur noch eingestehen.

Doch davon können sich die Münchner nichts kaufen. Ganz im Gegenteil: Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer (42) und Löwen-Dompteur Maurizio Jacobacci (60) kassierten nach der Partie ebenfalls einen Platzweis, als sie den Unparteiischen laut eigenen Angaben auf den Fehler erneut aufmerksam machten.

Das könnte sich in Zukunft ändern. Denn wie der DFB auf AZ-Nachfrage bekanntgab, gibt es neue Überlegungen über die Einführung des VAR. "Auf Wunsch einzelner Klubs aus der Managertagung der 3. Liga, geäußert im Sommer 2023, beschäftigt sich der DFB und der Ausschuss 3. Liga aktuell mit einer erneuten Aufbereitung der Rahmenbedingungen. Auf dieser Grundlage soll eine neuerliche Abwägung für die 3. Liga vorgenommen werden", so der Deutsche Fußball-Bund gegenüber der AZ.

Nach einer Bewertung durch den Ausschuss 3. Liga will sich der DFB im Frühjahr 2024 ein Meinungsbild über den Einsatz des Videobeweises einholen.

Dass im Kölner Keller bisher die Lichter ausbleiben, liegt laut dem Verband nicht an den Schiedsrichtern. "Der VAR ist zweifelsohne eine Hilfe für die Schiris, wie diese bestätigen", teilt der DFB mit. Vielmehr müsse in den Diskussionen geklärt werden, ob der Videoschiedsrichter zur Liga passt. Denn bisher gab es vor allem vonseiten der Anhänger, darunter auch die des TSV 1860, laute Gegenstimmen. "Die Fans schätzen die 3. Liga für puren, ursprünglichen Fußball, das unmittelbare Ergebnis." Deshalb spielt die Akzeptanz bei einer möglichen Einführung eine wichtige Rolle.

Auch die hohen Kosten sorgen dafür, dass es noch keinen VAR gibt. "In den bisherigen Abwägungen wurde auf die Einführung des VAR in der 3. Liga verzichtet. Dies war das klare Meinungsbild in der 3. Liga – unter anderem in Abwägung der Kosten und Nutzen", erklärte der Deutsche Fußball-Bund. Die Kosten für den VAR müssten die Klubs nämlich selbst tragen. Zur Einordnung der finanziellen Belastung: Die schwächsten Zweitligisten kassieren in etwa achtmal so viel TV-Geld wie die Drittligsten.

Darüber hinaus müsste das Personal im Schiedsrichterbereich erstmal aufgestockt und die technischen Voraussetzungen geschaffen werden. "Das Kamerakonzept in den Übertragungen der 3. Liga beinhaltet deutlich weniger Einstellungen als in der Bundesliga und der 2. Bundesliga. Das erschwert es, strittige Situationen zufriedenstellend einzusehen und aufzulösen. Die mögliche Folge könnte zusätzliche Diskussionen und eine noch größere Enttäuschung der Betroffenen sowie der Öffentlichkeit sein", so der Verband.

Ob es eine noch größere Enttäuschung als bei den Löwen nach dem Spiel gegen Köln geben kann? Klar ist, der Stachel an der Grünwalder Straße saß auch Tage nach der Partie tief. So tief, dass sich die Giesinger entschieden, rechtliche Hilfe zu holen. Mit ihrem Einspruch konnten die Sechzger zumindest einen kleinen Erfolg erzielen: Die Gelbe Karte gegen Albion Vrenezi wurde annulliert, der somit bei vier Verwarnungen bleibt und somit gegen Regensburg spielberechtigt ist. Schiedsrichter Schulz hatte fälschlicherweise Vrenezi und nicht den eigentlichen Sünder Fabian Greilinger verwarnt.

Alle anderen Karten bleiben hingegen bestehen, der DFB verkündete mittlerweile sämtliche Sperren für das Löwen-Rudel. Jacobacci, Pfeifer und Schröter müssen sich das Derby gegen den Tabellenführer aus Regensburg von der Tribüne aus anschauen. Der vierte Rotsünder, Leroy Kwadwo (27), fehlt zusätzlich beim darauffolgenden Auswärtsspiel in Saarbrücken. Mit dem VAR wäre es wohl nicht dazu gekommen…

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QOSHE - Nach Sechzigs Skandalspiel in Köln: DFB erwägt Schiri-Revolution in der 3. - Kilian Kreitmair
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Nach Sechzigs Skandalspiel in Köln: DFB erwägt Schiri-Revolution in der 3.

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03.11.2023

München - Es war die 82. Minute, die die Gemütslage im Löwen-Lager gegen Viktoria Köln (1:2) zur Hochglut brachte. Der Hauptverantwortliche: Schiedsrichter Timon Schulz (27). Was war passiert? Nachdem Flügelflitzer Morris Schröter (28) im Viktoria-Strafraum zu Fall kam, wurde er vom Referee beim Spielstand von 1:1 wegen einer vermeintlichen Schwalbe mit der Ampelkarte vom Feld verwiesen. Eine eindeutige Fehlentscheidung, wie in den TV-Bildern zu sehen war. Der Außenstürmer wurde von seinem Gegenspieler getroffen.

Damit ist klar: Mit der Hilfe eines Video-Schiedsrichters (VAR) wäre die Partie wohl anders ausgegangen. So konnte Schulz, der die Giesinger mit einer regelrechten Kartenflut (weitere fünf Gelbe Karten und drei Rote Karten für den TSV 1860) ausknockte, seinen Fehler nur noch eingestehen.

Doch davon können sich die Münchner nichts kaufen. Ganz im Gegenteil: Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer (42) und Löwen-Dompteur Maurizio Jacobacci (60) kassierten nach der Partie ebenfalls einen Platzweis, als sie den Unparteiischen laut eigenen Angaben auf den Fehler erneut aufmerksam machten.

Das könnte sich in........

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