München - Münchens Tor nach Europa – das war einst der Hauptbahnhof. Und durch dieses Tor wuselte es auch am Abend. 18.07 Uhr Istanbul, 18.24 Uhr Warschau, 19.29 Uhr Athen, 19.31 Uhr Kopenhagen, so stand es auf den Abfahrtstafeln – und so ging es weiter bis weit nach Mitternacht. Lang, lang ist es her, die Abfahrtszeiten stammen aus dem Jahr 1991. Und dass es überhaupt noch ein paar Nachtzüge von München – hauptsächlich nach Nord-Italien gibt, liegt daran, dass die Österreichische Bundesbahn (ÖBB) sie betreibt.

Die Österreicher investieren sogar – und haben diese Woche mit der Verbindung nach Hamburg erstmals ganz moderne, neue Wagen auf die Schiene gebracht. Doch an den hohen Preisen – aktuell gibt es Liegewagenfahrkarten für etwa 200 Euro für eine Strecke und beim Schlafwagen ist man mit bis zu 500 (!) dabei – hagelt es nun Kritik.

Das ist in den sozialen Medien zu beobachten, aber auch Experten sind sauer. "Das Nachtzugangebot darf nicht zum Luxussegment verkommen", sagte der Münchner Grünen-Bundestagsabgeordnete Dieter Janecek der AZ. Das Ziel müsse es sein, "ein Angebot für die breite Masse bereitzustellen, die bewusst auf den Flieger verzichten möchte". Dafür, sagte Janecek, könne man "auch intelligente Wege im Ticketing finden, die zumindest einen Teil des Angebots erschwinglich hält."

Andreas Barth vom Fahrgastverband Pro Bahn gibt der deutschen Politik eine Mitschuld an den auch seiner Meinung nach zu hohen Preisen. "Jetzt zahlen wir eben die Quittung dafür, dass Deutschland sich selbst aus dem Nachtzuggeschäft zurückgezogen hat", sagte Barth. So habe die Politik fast gar keinen Einfluss mehr. Wobei: Eines könne sie doch tun. "Deutschland hat eine exorbitant hohe Schienenmaut", kritisiert er, das erhöhe die Kosten für die ÖBB. "Wenn es nachts eh so wenig Nachfrage gibt, könnte man die Nutzung ja kostenlos machen."

Insgesamt hält Barth das Streckennetz eh noch für deutlich zu klein. "Nach Split kommen sie über Nacht zum Beispiel von Prag, von Wien, von Budapest. Aber nicht aus München: Das ist doch traurig."

Ein bisserl Hoffnung macht er den preisgeschockten Nachtzugfans trotzdem. Die aktuell hohen ÖBB-Preise könnten es für private Anbieter attraktiver machen, auch Züge anzubieten, sagt er. Und: Wenn die Preise zu hoch sind und die Nachfrage sinkt, könnte die ÖBB auch wieder günstiger werden. "Billig verkauft ist ja besser als gar nicht verkauft", sagt Barth.

QOSHE - Riesen-Ärger um Teuer-Nachtzug von München nach Hamburg: "Jetzt zahlen ... - Felix Mã¼Ller
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Riesen-Ärger um Teuer-Nachtzug von München nach Hamburg: "Jetzt zahlen ...

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13.12.2023

München - Münchens Tor nach Europa – das war einst der Hauptbahnhof. Und durch dieses Tor wuselte es auch am Abend. 18.07 Uhr Istanbul, 18.24 Uhr Warschau, 19.29 Uhr Athen, 19.31 Uhr Kopenhagen, so stand es auf den Abfahrtstafeln – und so ging es weiter bis weit nach Mitternacht. Lang, lang ist es her, die Abfahrtszeiten stammen aus dem Jahr 1991. Und dass es überhaupt noch ein paar Nachtzüge von München – hauptsächlich nach Nord-Italien gibt, liegt daran, dass die Österreichische Bundesbahn (ÖBB) sie betreibt.

Die Österreicher investieren sogar – und haben diese Woche mit der........

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