München - In der modernen Arbeitswelt wird sowas wohl von einer guten Chefin erwartet: dass sie auch mal abseits des Büros etwas organisiert, man nach Feierabend oder an einem Teamtag locker zusammenkommt. Doch wenn es arg teuer wird, kann die Chefin auch unter Druck geraten. Oder: wenn intern nicht korrekt abgerechnet wurde. Ganz besonders interessant wird es natürlich immer dann, wenn der Steuerzahler die Zeche zu zahlen hat. Wie in einem Fall, der im Aachener Rathaus seit Monaten für Diskussionen sorgt. Und nun auch nach München schwappt. Aber von Anfang an.

Im Oktober berichtete die "Aachener Zeitung", dass in einer Abteilung der Aachener Stadtverwaltung ein Team-Ausflug organisiert worden war. Verpflichtend an einem Arbeitstag, alles kostenlos. Es ging in eine "Wohlfühloase" an einem Weiher, "mit eigenem Strand, Beach-Bar und anderen Freizeitmöglichkeiten". Essen, trinken, alles war umsonst. Warum die "Aachener Zeitung" überhaupt berichtete: Die Rechnung wurde aus dem städtischen Haushalt beglichen. Und das war nicht erlaubt, Rechnungsprüfer der Stadt stellten fest, dass ein solcher Teamtag auf Kosten der Allgemeinheit nicht geht – und hielten das auch schriftlich fest.

Daraus entstand in Aachen eine große Debatte – die noch größer wurde, als die "Aachener Zeitung" noch mehr ähnliche Fälle offenlegte – die offensichtlich alle in eine Abteilung gehörten, deren Leiterin im Herbst im Bewerbungsverfahren um eine Spitzenposition im Haus des Münchner Mobilitätsreferenten Georg Dunkel (parteilos) steckte. So war – nur eine Auswahl – die Rede von einem "Escape-Room-Event" (das unter den Kosten "Geschäftsaufwendungen" und "Sonstige Sachleistungen" abgerechnet wurde), von einem Ausflug einer Unterabteilung zum Klettern (abgerechnet unter "Aus- und Fortbildung") oder einem Ausflug in den Freizeitpark Phantasialand, der unter dem Konto "Reisekosten" verbucht wurde.

Im Aachener Rathaus haben die Vorgänge auch deshalb für so große Aufregung gesorgt, weil die Politik von der Verwaltung nicht darüber informiert worden war – sondern man aus der Zeitung erfuhr, dass die Rechnungsprüfer die Abrechnungen bemängelten. Im Rathaus der Stadt in NRW gilt das Thema bis heute als nicht aufgearbeitet, im Februar ist eine erneute Sondersitzung anberaumt. Auch die Staatsanwaltschaft interessiert sich für die Vorgänge. Die Staatsanwaltschaft Aachen prüft, ob es einen strafrechtlichen Anfangsverdacht geben könnte (was erstmal noch kein Ermittlungsverfahren bedeutet). Wie Georg Blank, der Sprecher der Aachener Staatsanwaltschaft, der AZ auf Nachfrage bestätigt, laufen diese Vorermittlungen weiterhin.

Sie richten sich vorerst aber gegen keine einzelne Person. Und auch die politische Debatte in Aachen dreht sich nicht um die Spitzenbeamtin, in deren Abteilung all der Freizeitspaß auf Steuerzahlerkosten fiel. Die dortige Stadtrats-Opposition konzentriert sich, wie ein örtlicher Rathaus-Kenner der AZ detailliert erklärt, darauf, welche Rolle Aachens Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen (parteilos) bei den Party-Abrechnungen spielte.

In München aber stellen sich folgende Fragen: Stellt man in einer Spitzenposition jemanden ein, bevor diese Vorwürfe geklärt sind? Wer wusste überhaupt davon? Und wenn nicht: Warum nicht? Zum Abschluss ihres Bewerbungsverfahrens schlug Münchens Personalreferent Andreas Mikisch (SPD) in nicht-öffentlicher Sitzung am 13. Dezember auf jeden Fall dem Stadtrat vor, für die Frau zu votieren, die die "bestgeeignete Kandidatin" sei. Sie solle "auf Lebenszeit" von der Stadt Aachen übernommen werden. Nach AZ-Informationen folgten die Stadträte der Empfehlung – ohne dass sie zuvor explizit über die Vorgänge aus Aachen informiert worden waren.

Ob die Bewerberin die Stadt München über die Aachener Debatte informiert hat? Ob sie der Verwaltung bekannt war? Das Personalreferat will diese Fragen der AZ nicht beantworten, verweist auf den Datenschutz. Und darauf, dass das Besetzungsverfahren nicht abgeschlossen sei. Tatsächlich könnte noch mal Bewegung in die Stellenbesetzung kommen, obwohl der Stadtrat sich schon für die Kandidatin ausgesprochen hat und die Einstellung damit normalerweise nur noch Formsache ist. Die Bewerberin zumindest war sich schon so sicher, dass sie in Aachen öffentlich über den "Karrieresprung" jubelte, nun nach München zu wechseln.

Dem Vernehmen nach ist nun aber durch die Nachfragen der AZ ein wenig Unruhe im Münchner Rathaus aufgekommen. Möglich, dass man nun zumindest abwarten will, bis die Prüfungen in Aachen abgeschlossen sind. Aus dem dortigen Rathaus hieß es dieser Tage auf eine weitere Nachfrage der AZ, Ende Februar werde es eine Sondersitzung der Rechnungsprüfer geben, die zuletzt von 19.000 Euro für die Teamtage und Betriebsausflüge ausgegangen seien. "Eine endgültige Bewertung, ob und in welcher Höhe der Stadt Aachen ein finanzieller Schaden entstanden ist, bleibt den Ergebnissen der weiteren Prüfungen vorbehalten." Eine endgültige Bewertung, was man im Münchner Rathaus von all dem hält, steht dann wohl auch noch an.

QOSHE - Feierfreudige Spitzen-Beamtin: Trifft München fragwürdige ... - Felix Mã¼Ller
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Feierfreudige Spitzen-Beamtin: Trifft München fragwürdige ...

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29.01.2024

München - In der modernen Arbeitswelt wird sowas wohl von einer guten Chefin erwartet: dass sie auch mal abseits des Büros etwas organisiert, man nach Feierabend oder an einem Teamtag locker zusammenkommt. Doch wenn es arg teuer wird, kann die Chefin auch unter Druck geraten. Oder: wenn intern nicht korrekt abgerechnet wurde. Ganz besonders interessant wird es natürlich immer dann, wenn der Steuerzahler die Zeche zu zahlen hat. Wie in einem Fall, der im Aachener Rathaus seit Monaten für Diskussionen sorgt. Und nun auch nach München schwappt. Aber von Anfang an.

Im Oktober berichtete die "Aachener Zeitung", dass in einer Abteilung der Aachener Stadtverwaltung ein Team-Ausflug organisiert worden war. Verpflichtend an einem Arbeitstag, alles kostenlos. Es ging in eine "Wohlfühloase" an einem Weiher, "mit eigenem Strand, Beach-Bar und anderen Freizeitmöglichkeiten". Essen, trinken, alles war umsonst. Warum die "Aachener Zeitung" überhaupt berichtete: Die Rechnung wurde aus dem städtischen Haushalt beglichen. Und das war nicht erlaubt, Rechnungsprüfer der Stadt stellten fest, dass ein solcher Teamtag auf Kosten der Allgemeinheit nicht geht – und hielten das auch schriftlich fest.

Daraus entstand in Aachen eine große Debatte – die noch größer........

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