München - "Das war mal unser zweites Wohnzimmer", sagt der junge Mann, und blickt traurig rüber zu dem luxussanierten Altbau. Dort war einst die Burg Pilgersheim, bayerisch, bodenständig, ausschweifend. Wir, damit meint er die Untergiesinger Nachbarschaft. Der junge Mann, den alle hier Max nennen, ist Mitte 20, Ethnologie-Student – und im Viertel weltberühmter Mieteraktivist.

Das war 2013, vor genau zehn Jahren. Inzwischen ist der junge Mann auch nicht mehr ganz so jung, aber immer noch erst Mitte 30, hat mit der Geyerwally, dem Frischen Bier, der Bierkiste und der Boazeria vier eigene Lokale – und macht nun "endlich was daheim", wie er selbst sagt.

Wenn man dieser Tage mit Maximilian Heisler durch sein Viertel streift, ist da wieder diese vorfreudige Unruhe von einem, der immer Bock hat auf das nächste Projekt, sie hat ihn auch als Mieteraktivist ausgezeichnet – oder als er aus dem Nichts seine alte Stammkneipe, die Geyerwally übernahm und plötzlich Wirt wurde. Heisler ist einer, der hier und da und überall vernetzt ist – aber natürlich nirgends so sehr daheim wie in Untergiesing.

Hier soll schon in wenigen Wochen seine Wirtshaus-Pizzeria er̦ffnen Рund alles deutet darauf hin, dass Heisler da einen Nerv treffen k̦nnte.

Heisler übernimmt mit seinen Mitstreitern das "Va Pensiero" an der Hans-Mielich/ Ecke Konradinstraße, wie jede Wirtschaft im Viertel kennt er natürlich auch diese von klein auf. Noch ist alles Baustelle, es staubt und bohrt aus allen Ecken und Enden. An der Wand hängt noch eine Tafel, auf der "Baby-Calamari vom Grill" angepriesen werden.

Die wird es hier eher nicht geben – ein bisserl Restaurant-Atmosphäre aber durchaus. "Irgendwas mit Bier und Pizza" verspricht Heisler – und das klingt natürlich sehr viel vager, als es ist. Was der Mann anpackt, packt er an. Und so ist mit Florian Klumpp vom Saluki an der Großmarkthalle einer an dem Projekt beteiligt, der ganz sicher dafür sorgen wird, dass die Pizza schmeckt.

Tilman Ludwig-Munzig ist wie schon beim Frischen Bier und der Bierkiste ebenfalls an Heislers Seite. Der Gründer und Inhaber von Tilmans Biere klingt fast genauso begeistert wie Heisler. Der AZ sagt er: "Überall hört man von Hygienemängeln, Personalausbeutung und überteuerten Preisen. Das wollen wir alles besser machen."

Besonders stolz ist Ludwig-Munzig darauf, dass der noch namenlose Laden das erste Lokal in München sein wird, in dem es neben Augustiner Bier auch Tilmans-Bier vom Fass gibt.

Und das an einem richtig langen Tresen, wie Heisler stolz erklärt. Wie im Lucullus soll es auch lange Tische geben, an denen verschiedene Gästegruppen zusammengesetzt werden. "Es soll alles nicht fancy sein, sondern bodenständig – wie auch die Speisekarte", so drückt es Heisler aus.

Im Keller steht noch der Rest einer alten Kegelbahn, einst war hier ja schon das Wirtshaus "Alte Post". Vielleicht gibt es da irgendwann Kleinkunst, Ideen gibt es viele. Einen "Opferstock" plant Heisler auch, man soll für Soziales im Viertel spenden können. Durch die Nähe zum Stadion dürfte sich an Löwen-Spieltagen auch Fußballfans hierher verlaufen. Sie werden willkommen sein. So wie alle.

Geöffnet sein wird wohl unter der Woche bis Mitternacht, am Wochenende bis ein Uhr. Wenn alles nach Plan läuft, geht es im Januar los. Doch schon ab sofort haben die jungen Gastronomen ein Crowdfunding gestartet und hoffen auf Unterstützung – auch das ein oder andere Weihnachtsgeschenk ist zu haben.

Klar, dass sich Max Heisler hier irgendwie auch einen alten Traum erfüllt. "Natürlich", sagt er, wolle er an der Konradinstraße auch ein bisschen den alten Geist der Burg Pilgersheim aufleben lassen, seines alten zweiten Wohnzimmers. Man will sich nicht nur an jüngere, hippere Leute richten – sondern natürlich auch an die urwüchsigen Giesinger, das Stüberlsterben beklagt Heisler schließlich schon seit Jahrzehnten.

"Unser Tresen soll auch ein Schmelztiegel werden", so sagt es Heisler. Mit Jungen und Alten, Zugezogenen und Alteingesessenen. Und wenn alles klar geht und das Crowdfunding Erfolg hat, erstmal mit einer Halben unter vier Euro, was selbst in Untergiesing sehr selten geworden ist.

Und eines ist Heisler auch noch wichtig. Man soll noch um Mitternacht Fleischpflanzerl essen können. Das war schließlich früher in der Burg Pilgersheim auch so.

QOSHE - Bekannter Münchner Boazn-Betreiber eröffnet Lokal mit besonderem Konzept - Felix Mã¼Ller
menu_open
Columnists Actual . Favourites . Archive
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close
Aa Aa Aa
- A +

Bekannter Münchner Boazn-Betreiber eröffnet Lokal mit besonderem Konzept

6 1
18.11.2023

München - "Das war mal unser zweites Wohnzimmer", sagt der junge Mann, und blickt traurig rüber zu dem luxussanierten Altbau. Dort war einst die Burg Pilgersheim, bayerisch, bodenständig, ausschweifend. Wir, damit meint er die Untergiesinger Nachbarschaft. Der junge Mann, den alle hier Max nennen, ist Mitte 20, Ethnologie-Student – und im Viertel weltberühmter Mieteraktivist.

Das war 2013, vor genau zehn Jahren. Inzwischen ist der junge Mann auch nicht mehr ganz so jung, aber immer noch erst Mitte 30, hat mit der Geyerwally, dem Frischen Bier, der Bierkiste und der Boazeria vier eigene Lokale – und macht nun "endlich was daheim", wie er selbst sagt.

Wenn man dieser Tage mit Maximilian Heisler durch sein Viertel streift, ist da wieder diese vorfreudige Unruhe von einem, der immer Bock hat auf das nächste Projekt, sie hat ihn auch als Mieteraktivist ausgezeichnet – oder als er aus dem Nichts seine alte Stammkneipe, die Geyerwally übernahm und plötzlich Wirt wurde. Heisler ist einer, der hier und da und überall vernetzt ist – aber natürlich nirgends so........

© Abendzeitung München


Get it on Google Play