Ludwigvorstadt-Isarvorstadt - Wenn sich er morgens nach dem Aufwachen die Nase schnäuzt, sei sein Taschentuch schwarz, erzählt Sergej von Janda. Der 37-Jährige wohnt neben keiner Fabrik, sondern im zweiten Stockwerk an der Lindwurmstraße. "Der Verkehr ist extrem", sagt er.

Janda hoffte, dass sich die Straße durch einen neuen Radweg und durch breitere Gehwege, beruhigt. Das Mobilitätsreferat hatte die Pläne bereitsim Sommer 2023 vorgestellt. Doch nun ist unklar, wann die Stadt sie umsetzt. Weil Wirtschaftsverbände Bedenken haben, stoppte OB Dieter Reiter (SPD) die Planungen.

Janda kann das nicht nachvollziehen. "Niemand", glaubt er, "fährt mit dem Auto zum Einkaufen in die Lindwurmstraße." Er kann sich nicht vorstellen, dass sich auf dieser breiten Straße nicht genug Platz für Lieferzonen finden lässt.

Enttäuscht klingt auch Benoît Blaser. Der Grünen-Politiker ist Chef des Bezirksausschusses Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt. Dass bei dem Runden Tisch, den der OB anberaumt hatte, nur Verbände, aber keine lokalen Händler dabei waren, nennt er "befremdlich".

"Ich kenne viele Händler und Gastronomen, die fragen: Wann kommt der Radweg endlich?", sagt er. Schließlich hätten die mit einem breiteren Gehweg auch mehr Platz für Freischank-Flächen und für ihre Waren. "Ich kann verstehen, dass sich bei der finanziellen Lage der Stadt ein Umbau verzögert, aber zumindest eine temporäre Maßnahme wäre wichtig", sagt Blaser.

"Wenn man den Radweg bloß hinmalen würde – dann wäre er doch auch Null-Komma-Nichts wieder weg", meint Katharina Stadler. Sie führt das Café Kustermann an der Lindwurmstraße und ist überzeugt, dass mehr Ruhe auf der Straße gut für das Geschäft wäre. Dass es schwierig werden könnte, ihr Café zu beliefern, glaubt sie nicht.

Schließlich dauere die Anlieferung nicht lange und finde meistens so früh am Morgen statt, dass ohnehin noch nicht viel los sei. Am wichtigsten sei ihr allerdings die Sicherheit. "Ich beobachte hier jeden Tag so viele Unfälle mit Radlern und Fußgängern", sagt sie.

Ungeduldig wird auch Markus Lutz mit seinen Parteifreunden im Rathaus. Der SPDler ist Chef des Bezirksausschusses in Sendling. Als das Mobilitätsreferat die Pläne für die Lindwurmstraße im Sommer präsentierte, sei er davon ausgegangen, dass sie "zeitnah" umgesetzt werden.

"Es wäre wirklich gut, wenn wir das schnell anpacken würden", meint er. "Schließlich wird seit Jahren über den Radweg diskutiert." Dass die Lindwurmstraße mit einer Auto-Spur weniger im Stau versinken würde, kann sich Lutz nicht vorstellen. Schließlich habe sich der Auto-Verkehr verringert. Das belegen auch Zahlen aus dem Mobilitätsreferat: 2011 fuhren im südlichen Teil der Lindwurmstraße am Tag fast 5500 Radler, 2022 waren es 9300 – also 70 Prozent mehr. Gleichzeitig verringerte sich der Autoverkehr um 35 Prozent.

Dass es aber doch noch einige Autofahrer gibt, weiß Martha Bodurman. Sie führt seit 15 Jahren eine Schneiderei in der Lindwurmstraße. ihre Kunden würden meistens mit dem Auto kommen, sagt sie. "Und die klagen schon jetzt, dass es viel zu wenig Parkplätze gibt."

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24.01.2024

Ludwigvorstadt-Isarvorstadt - Wenn sich er morgens nach dem Aufwachen die Nase schnäuzt, sei sein Taschentuch schwarz, erzählt Sergej von Janda. Der 37-Jährige wohnt neben keiner Fabrik, sondern im zweiten Stockwerk an der Lindwurmstraße. "Der Verkehr ist extrem", sagt er.

Janda hoffte, dass sich die Straße durch einen neuen Radweg und durch breitere Gehwege, beruhigt. Das Mobilitätsreferat hatte die Pläne bereitsim Sommer 2023 vorgestellt. Doch nun ist unklar, wann die Stadt sie umsetzt. Weil Wirtschaftsverbände Bedenken haben, stoppte OB Dieter Reiter (SPD) die Planungen.

Janda kann das nicht nachvollziehen. "Niemand", glaubt er, "fährt mit dem Auto zum Einkaufen in die Lindwurmstraße." Er kann sich nicht vorstellen, dass sich auf dieser breiten........

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