München - Besonders schnell wird die Stadt auch in Zukunft keine Radwege schaffen – nicht mal dort, wo sie erstmal keine bauen, sondern bloß auf die Straße malen möchte. Dieses – vielleicht etwas ernüchternde Fazit – lässt sich nach der Mobilitätsausschuss-Sitzung am Mittwoch ziehen. Um das Bürgerbegehren Radentscheid umzusetzen, plant das Mobilitätsreferat inzwischen an über 50 Radwegen. Doch bis jetzt bestehen die meisten nur auf dem Papier. Die Radl-Aktivisten sind deshalb sauer. Erst am Montag haben sie eine Kundgebung vor dem Rathaus veranstaltet.

Das Mobilitätsreferat hatte im Herbst den Auftrag bekommen, die Radwege neu zu priorisieren und die zu benennen, die sich schnell mit einer Markierung umsetzen lassen. Allerdings ist diese Liste kurz: Nur drei Radwege stehen darauf. Markierungen sollen in der Gebsattelstraße (zwischen Regerstraße und Am Herrgottseck) an der Schwanthalerstraße (zwischen Paul-Heyse-Straße und Sonnenstraße) und an der Arnulfstraße beim Augustiner-Biergarten kommen.

Theoretisch würde sich auch die Lindwurmstraße für eine Markierung eignen. Aber das Projekt hat Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) gestoppt. Denn Wirtschaftsverbände äußerten Bedenken, unter anderem wegen des Lieferverkehrs.

"Ich hätte es mir auch einfacher vorgestellt", sagte SPD-Fraktionschefin Anne Hübner. Es habe sie erschreckt, wie schwer es die Straßenverkehrsordnung macht, Radwege abzumarkieren. Am wichtigsten sei ihrer Fraktion der Radweg in der Schwanthalerstraße. Hübner hofft, dass er noch dieses Jahr kommt. Ist das realistisch? Entscheiden soll der Stadtrat laut Beschlussvorlage im Herbst.

Geplant ist, die heutige zweite Fahrspur Richtung Osten aufzuheben und das Parken nur noch auf einer Seite – überwiegend auf der Nordseite – zu ermöglichen. Den gewonnenen Platz will die Stadt für einen markierten Radweg mit Schutz-Elementen nutzen. Ebenfalls diesen Herbst soll der Stadtrat über eine temporäre Zwischenlösung an der Gebsattelstraße entscheiden. Dort will die Stadt auf der Südseite zwischen Regerstraße und Am Herrgottseck einen 2,50 Meter breiten Radweg zwischen Parkplätzen und Gehbahn anlegen. Auf der Nordseite sollen 46 Parkplätze zum Radweg werden. CSUlerin Sabine Bär sprach sich dafür aus, lieber die Parkplätze zu erhalten. Voraussichtlich tatsächlich markieren wird die Stadt diesen Herbst 150 Meter Radweg vor dem Biergarten in der Arnulfstraße.

Dass sich die Stadt in der Lindwurmstraße mehr Zeit nehmen will, um mit den Händlern Lieferzonen festzulegen, befürworteten die SPDlerin Hübner und auch Gudrun Lux von den Grünen. Auf den Sanktnimmerleinstag wollen sie den Radweg nicht verschieben. Dieses Jahr solle, so Hübner, ein Beschluss fallen. Die Umsetzung solle dann 2025 folgen. Tobias Ruff von der ÖDP machte einen anderen Vorschlag: Schon während des Oktoberfests solle die Stadt temporär einen Radweg auf einer Autospur abmarkieren. "Während der Wiesn ist dort ein unendliches Chaos", sagte Ruff. Er kündigte einen Antrag dazu an.

Auch die Radaktivisten hatten große Hoffnung darauf gesetzt, mit Markierungen schnelle Verbesserungen zu bekommen. Sie hatten dem Mobilitätsreferat sogar eine Liste mit zehn bis 15 Straßen-Vorschlägen gemacht. Darauf stand zum Beispiel die Isar-Parallele, die Prinzregentenstraße und die Sonnenstraße, erzählte Holger Quick vom Radentscheid der AZ. Dass das Mobilitätsreferat keine dieser Vorschläge übernommen hat, könne er nicht nachvollziehen.

Ganz aufgegeben hat der Stadtrat eine Brücke für Fußgänger und Radler über die Schwere-Reiter-Straße doch noch nicht. Am Mittwoch beschloss das Gremium mehrheitlich, dass das Mobilitätsreferat die Brücke weiterprüfen soll.

Dabei hatte das Referat in seiner Beschlussvorlage bereits erklärt, dass es mit der Brücke schwierig wird. Auf beiden Seiten fehlt nach Ansicht der Verwaltung der Platz. Auf der Seite Richtung Olympiapark baut der Freistaat das neue Justizzentrum und Wohnungen. Auf der anderen Seite errichtet die Stadt ein neues Viertel.

Mit einem Änderungsantrag forderten Grüne und SPD das Mobilitätsreferat auf, trotzdem beim Freistaat um die Flächen zu bitten. Noch Anfang dieses Jahres soll der Freistaat eine schriftliche Antwort abgeben. Fall diese ausbleibt, soll das Referat eine neue Variante prüfen. Die Brücke soll dann in der Heßstraße beginnen, entlang der Schwere-Reiter-Straße führen und in der Thusnelda-Lang-Brumann-Straße enden.

Gegen die Brücke ist die FDP. Der Verkehrsexperte der Fraktion Fritz Roth bezeichnete sie als "Fata Morgana". Für die Brücke sei kein Geld da und es gebe architektonisch geeignetere Standorte.

Unabhängig von der Brücke wird sich in der Schwere-Reiter-Straße auch am Boden etwas tun: Zum Beispiel soll der freilaufende Rechtsabbieger, auf dem Autos, ohne zu bremsen, auf die Dachauer Straße fahren können, zurückgebaut werden. Dafür soll mehr Platz für Fußgänger und Radler entstehen. Einig war der Stadtrat, dass das für mehr Verkehrssicherheit sorgen wird.

QOSHE - Streitpunkt Radwege in München: Wo jetzt überall neue Markierungen kommen - Christina Hertel
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Streitpunkt Radwege in München: Wo jetzt überall neue Markierungen kommen

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24.01.2024

München - Besonders schnell wird die Stadt auch in Zukunft keine Radwege schaffen – nicht mal dort, wo sie erstmal keine bauen, sondern bloß auf die Straße malen möchte. Dieses – vielleicht etwas ernüchternde Fazit – lässt sich nach der Mobilitätsausschuss-Sitzung am Mittwoch ziehen. Um das Bürgerbegehren Radentscheid umzusetzen, plant das Mobilitätsreferat inzwischen an über 50 Radwegen. Doch bis jetzt bestehen die meisten nur auf dem Papier. Die Radl-Aktivisten sind deshalb sauer. Erst am Montag haben sie eine Kundgebung vor dem Rathaus veranstaltet.

Das Mobilitätsreferat hatte im Herbst den Auftrag bekommen, die Radwege neu zu priorisieren und die zu benennen, die sich schnell mit einer Markierung umsetzen lassen. Allerdings ist diese Liste kurz: Nur drei Radwege stehen darauf. Markierungen sollen in der Gebsattelstraße (zwischen Regerstraße und Am Herrgottseck) an der Schwanthalerstraße (zwischen Paul-Heyse-Straße und Sonnenstraße) und an der Arnulfstraße beim Augustiner-Biergarten kommen.

Theoretisch würde sich auch die Lindwurmstraße für eine Markierung eignen. Aber das Projekt hat Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) gestoppt. Denn Wirtschaftsverbände äußerten Bedenken,........

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