München - Statt aufwendig neue Radwege zu bauen, sollte es durch Markierungen ganz schnell gehen. Diese Hoffnung weckten Grüne und SPD. Allerdings wird sich 2024 für Radler wohl nicht viel verbessern. 150 Meter will die Stadt vor dem Biergarten in der Arnulfstraße voraussichtlich im Herbst 2024 abmarkieren. Ein paar Hundert Meter Schnellradweg am Platz der Opfer des Nationalsozialismus werden fertig gebaut. Ebenso wie 550 Meter Radweg in der St.-Magnus-Straße, die liegt in Harlaching. Der Frust der Radl-Aktivisten ist deshalb groß. Bei einer Kundgebung vor dem Rathaus fragten sie: Wo bleiben die Radwege?

Im Herbst 2023 beschlossen Grüne und SPD, die Radverkehrsmaßnahmen neuzupriorisieren. Das Mobilitätsreferat sollte auch erklären, wo sich etwas durch Markierungen beschleunigen ließe. Die Antworten hat das Referat jetzt zusammen getragen. Über die Vorlage entscheidet der Stadtrat am Mittwoch.

Vor allem über einen Punkt ist Andreas Schön vom ADFC unglücklich: Die Lindwurmstraße fehlt. Dabei hatte das Mobilitätsreferat im vergangenen Jahr Pläne präsentiert. Auf jeder Seite sollte eine Autospur für einen Radweg entfallen. Auch die Hälfte der Parkplätze sollte weg. Dafür sollten die Fußwege bis zu den Bäumen reichen.

Grünen-Chefin Mona Fuchs hatte in der AZ die Hoffnung geäußert, dass es mit einer Markierung in der Lindwurmstraße schnell, am besten noch heuer, klappen könnte. Doch nun ist die Umsetzung in die Ferne gerückt. Eine Zeitangabe, wann der Stadtrat einen Beschluss fällt, sei "wegen noch zu führender Gespräche mit den Gewerbetreibenden" nicht möglich, heißt es in der Unterlage.

Tatsächlich hat sich OB Dieter Reiter (SPD) eingeschaltet. Er initiierte im November einen Runden Tisch. Eingeladen waren der Einzelhandelsverband, die Handwerkskammer, IHK, Dehoga, City Partner und das Mobilitätsreferat. "Mir war wichtig, dass man bei der Umgestaltung der Lindwurmstraße zugunsten des Radverkehrs die anliegenden Gewerbetreibenden vom Einzelhandel über Hotels bis zum Autohaus VOR einer Entscheidung des Stadtrats eingehend beteiligt", sagt Dieter Reiter zur AZ. Auf AZ-Anfrage hin äußert die Handwerkskammer Bedenken, dass Lieferfahrzeuge in ihrer Not faktisch "in zweiter Reihe" halten oder den Radweg zuparken könnten. SPD-Fraktionschefin Anne Hübner findet es richtig, mit dem Beschluss zu warten: "Die Gewerbetreibenden müssen im Boot sein."

Allerdings war laut Mobilitätsreferent Georg Dunkel (parteilos) beim Runden Tisch kein Händler aus der Lindwurmstraße dabei. Dunkel kam auch zur Kundgebung des Radentscheids und zeigte Verständnis: "Er muss protestieren."

Tatsächlich hinke die Stadt hinterher, sagt Dunkel. Schließlich hatte sie versprochen, bis 2025 die Forderungen des Bürgerbegehrens Radentscheid umgesetzt zu haben. "Wir versuchen, die Straßenräume für alle zu verbessern", sagte er. Und den Dialog zu führen, dauere länger als erwartet.

"Wir verstehen, dass es Gesprächsbedarf gibt", sagt Gudrun Lux, die sich bei den Grünen um den Radverkehr kümmert. "Wir halten den Plan für die Lindwurmstraße aber für gut und werden ihn weiter vorantreiben." Aus ihrer Sicht hätten davon nicht nur Radfahrer etwas, sondern auch Fußgänger und auch die Geschäfte, wenn sich die Menschen gerne in der Lindwurmstraße aufhalten. Lux hält weiter an der Idee fest, dass Markierungen schnell kommen können. Doch ist das realistisch? Laut Mobilitätsreferent soll der Stadtrat zwar 2024 eine Entscheidung fällen. Die Umsetzung solle aber erst im nächsten Jahr folgen.

Stimmung gegen die Lindwurmstraße hatte die CSU sogar im Landtagswahlkampf gemacht. "Grün-rotes Millionen-Grab" und gegen den "ideologischen Total-Umbau" plakatierte sie. Freuen, dass der Umbau erst einmal nicht kommt, will sich CSU-Stadträtin Veronika Mirlach trotzdem nicht so recht. Sie wundere sich nicht, dass es länger dauere, sagt sie. Schließlich sei die Straße lang und komplex. Doch auch sie findet: "Da muss was gemacht werden."

In einer anderen Straße hingegen wird das Mobilitätsreferat konkreter: In der Schwanthalerstraße will es einen neuen temporären abmarkierten Radweg schaffen, der mit Protektionselementen geschützt wird. Entscheiden soll der Stadtrat im Herbst.

Mirlach kündigt die Zustimmung der CSU an. Mit einer Umsetzung wird es 2024 trotzdem knapp. Auch an der Gebsattelstraße zwischen Regerstraße und Am Herrgottseck schlägt das Mobilitätsreferat eine Markierung als Zwischenlösung vor. Aber auch hier entscheidet der Stadtrat erst nach dem Sommer.

QOSHE - Radaktivisten protestieren: OB zieht persönlich Reissleine bei ... - Christina Hertel
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Radaktivisten protestieren: OB zieht persönlich Reissleine bei ...

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23.01.2024

München - Statt aufwendig neue Radwege zu bauen, sollte es durch Markierungen ganz schnell gehen. Diese Hoffnung weckten Grüne und SPD. Allerdings wird sich 2024 für Radler wohl nicht viel verbessern. 150 Meter will die Stadt vor dem Biergarten in der Arnulfstraße voraussichtlich im Herbst 2024 abmarkieren. Ein paar Hundert Meter Schnellradweg am Platz der Opfer des Nationalsozialismus werden fertig gebaut. Ebenso wie 550 Meter Radweg in der St.-Magnus-Straße, die liegt in Harlaching. Der Frust der Radl-Aktivisten ist deshalb groß. Bei einer Kundgebung vor dem Rathaus fragten sie: Wo bleiben die Radwege?

Im Herbst 2023 beschlossen Grüne und SPD, die Radverkehrsmaßnahmen neuzupriorisieren. Das Mobilitätsreferat sollte auch erklären, wo sich etwas durch Markierungen beschleunigen ließe. Die Antworten hat das Referat jetzt zusammen getragen. Über die Vorlage entscheidet der Stadtrat am Mittwoch.

Vor allem über einen Punkt ist Andreas Schön vom ADFC unglücklich: Die Lindwurmstraße fehlt. Dabei hatte das Mobilitätsreferat im vergangenen Jahr Pläne präsentiert. Auf jeder Seite sollte eine........

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