AZ: Herr Kraus, wo kann man die EM-Spiele schauen, wenn man keine Tickets hat? Plant die Stadt Public-Viewing-Events?
FLORIAN KRAUS: Wir organisieren eine Fan-Zone im Olympiapark.

Verraten Sie ein paar Details?
Die Fan-Zone im Olympiapark soll eine Mischung aus Public-Viewing und anderen Aktivitäten sein. Das Public-Viewing findet auf der Plattform auf dem See statt. Es gibt Platz für 25.000 Menschen. Das Angebot ist für alle kostenlos.

Was für andere Aktivitäten sind das denn?
Unter anderem Sport zum Mitmachen, auch dank unserer Partner und unserem Freizeitsport, ein Musikprogramm, Unterhaltung auf der Bühne.

Als EM-Auftakt wird es ein Konzert auf der Theresienwiese von Ed Sheeran geben. Was hat er mit Fußball zu tun?
Das ist nur ein Konzert, das im zeitlichen Zusammenhang mit der Euro stattfindet und von dem Geist profitieren möchte. Wir als Sportreferat sind in die Organisation nicht eingebunden. Die offizielle Eröffnung ist am 14. Juni in der Arena.

Philipp Lahm, der Turnierdirektor, träumt von einem neuen Sommermärchen – so wie 2006, als die WM in Deutschland stattfand. Was tut die Stadt, um diese Erwartung zu erfüllen?
Wir sind für die Euro im öffentlichen Raum zuständig und wollen den bestmöglich gestalten – etwa mit der Fan-Zone im Olympiapark. Wir hoffen, dass andere den Geist mittragen, dass in Biergärten Public-Viewing stattfindet, aber das ist Sache der Veranstalter.

Können Fans nach 22 Uhr draußen feiern, ohne dass gleich das KVR oder die Polizei anrückt?
Ich kann da den Kolleginnen und Kollegen in den anderen Referaten natürlich keine Vorgaben machen. Aber wir haben es ja schon öfter erlebt, dass dann Regelungen gefunden werden, die vom Normalen abweichen.

Sind die Zeiten, in denen Menschen fröhlich die Deutschlandfahne schwingen konnten, nicht vorbei? Die Welt ist doch im Dauer-Krisen-Modus.
Ja, die Krisen sind da. Ich hoffe, dass in den nächsten Monaten die ein oder andere einen besseren Verlauf nimmt. Außerdem feiern wir heuer 75 Jahre Grundgesetz. Vielleicht kann man mit den Fahnen nicht nur den sportlichen Erfolg bejubeln, sondern auch das Grundgesetz.

Womöglich scheidet die deutsche Nationalmannschaft früh aus. Welchen Plan hat die Stadt, um die Stimmung zu halten?
München ist eine gute Gastgeberstadt. Wir können auch den Erfolg der anderen Teams bejubeln. Das setzt auch Glückshormone frei.

Für die EM werden Tausende Touristen anreisen. Doch gerade reiht sich eine Baustelle an die nächste. Gibt es ein Programm, München aufzuhübschen?
So wie es vor dem Oktoberfest immer zu einem Rückgang von Baustellen kommt, werden das Mobilitätsreferat und das Kreisverwaltungsreferat auch die Euro im Blick haben, wenn sie Baustellen genehmigen.

Ich meinte die bestehenden.
Wir als Stadt können die leerstehenden Benko-Immobilien nicht aufhübschen. Zumindest kenne ich keinen Plan dazu.

Auch beim ÖPNV gibt es ständig Einschränkungen. Welchen Notfallplan gibt es, dass die Fans zu den Spielen kommen?
Wir versuchen, ein paar Fans aufs Radl zu bringen. Selbst wenn es nur ein paar Tausend sind, entlastet es die U-Bahn.

Also stehen dann extra viele Leihräder in der Stadt?
Ob mehr aufgebaut werden, weiß ich nicht. Wir hoffen, dass die MVG und die anderen Anbieter die Leihräder so positioniert, dass sie noch besser genutzt werden können.

Ist das wirklich eine tolle Idee, Bier trinkende Fußballfans zum Radeln zu ermutigen?
Da haben Sie ja einen sehr traditionellen Fanbegriff. Wir sehen die Euro-Fans ein bisschen breiter. Mehr Familien schauen sich Spiele an. Der klassische FC-Bayern-Fan ist ja eher der gemütliche und nicht so sehr der nur trinkende Fan. Es werden auch nicht 65.000 Menschen mit dem Radl zum Stadion fahren. Aber ich glaube, dass es für eine bestimmte Gruppe attraktiv sein kann. Und: Mit dem Rad kommt man schnell von der Arena wieder weg.

Wären Busse nicht sinnvoller?
Es sollen auch Sonderbusse fahren. Ganz spruchreif ist das Konzept noch nicht.

Die EM soll nachhaltig sein. Wie wird München dem gerecht?
In der Fan-Zone gibt es eine Mehrwegpflicht für Essen und Getränke. In den Eintrittskarten ist ein 36-Stunden-ÖPNV-Ticket enthalten. Und wir machen Upcycling-Projekte.

Was heißt das konkret?
Bei der Euro 2020 haben wir von Werkstätten für Menschen mit Behinderungen aus Bannern, die man verwendet, um unter anderem Bauzäune zu verschönern, und aus Fahnen Taschen und Federmäppchen machen lassen. Daran orientieren wir uns.

Die EM soll ein Kontrapunkt zur Meisterschaft in Katar sein. Was macht München anders?
Großer Unterschied ist, dass München eine weltoffene Stadt in einer Demokratie ist, was bei Katar nicht zu 100 Prozent stimmt. Wir sind eine gute Gastgeberstadt, es kann jeder kommen, egal welches Alter, Geschlecht oder sexuelle Orientierung der Mensch hat.

Die Uefa macht der Stadt strikte Vorgaben. Im Stadion darf nur Bitburger und kein Münchner Bier ausgeschenkt werden. Wie kritisch sehen Sie das?
Bei den European Championships konnte ein großer Teil der Wertschöpfung regional erfolgen. Das hat mir gefallen. Aus Gründen der Nachhaltigkeit ist die Vorgabe nicht ideal.

Bei der EM 2021 wollte München das Stadion in Regenbogenfarben beleuchten. Doch die Uefa hat das verboten. Lässt sich München zu viel gefallen?
Als Austragungsort schließt man mit dem Verband einen Vertrag. Und da will man nicht sofort vertragsbrüchig werden. Deshalb muss man versuchen, mit einer partnerschaftlichen Vorgehensweise seine Ziele zu erreichen. Mit Konfrontation kommt man nie weiter.

Und wie ist es diesmal? Darf die Stadt das Stadion beleuchten?
Ich kenne dazu keine Regel, aber das müssen im Zweifel unsere Juristen klären. Ich befürchte, dass rein rechtlich die letzte Entscheidung bei der Uefa als Veranstalterin liegt.

Wo hat sich die Stadt denn dann durchgesetzt?
Es ist schon mal Bitburger da und nicht Heineken. Also ein deutscher Sponsor. Und ich glaube, dass wir uns im Bereich Nachhaltigkeit aufeinanderzubewegen.

Mit Olympia 72 sind in München U-Bahnen und der Olympia-Park entstanden. Auch für die EM gibt die Stadt mit 21 Millionen nicht wenig aus. Doch große Bauprojekte gibt es keine. Wohin fließt das Geld?
Bei Sportgroßveranstaltungen ist es doch positiv, wenn nichts neu gebaut wird. Denn dann investiert man nicht viele Millionen in Beton, der im Zweifel später sinnlos rumsteht. Viel fließt in Sicherheit.

Wie viel genau?
Sechs Millionen. Aber da sind die Polizeikosten nicht dabei. Die trägt der Freistaat.

Für was gibt die Stadt das Geld aus – wenn nicht für Polizei?
Es müssen zum Beispiel viele Konzepte gemacht werden, weil wir verschiedene Szenarien durchspielen müssen. Ingenieurbüros müssen die Besucherströme prognostizieren. Wir mussten Terrorabwehrsperren beschaffen und anmieten, wie sie auch beim Christkindlmarkt stehen. Natürlich kostet die Fanzone auch etwas.

Nach der EM sind also 21 Millionen futsch? Oder bleibt etwas?
Es bleiben die Upcycling-Materialien und es bleibt vor allem die Begeisterung für den Sport. Nach so einem Ereignis werden noch mehr Kinder in Vereine gehen wollen. Das ist ein Grund, warum wir uns so für Sportgroßereignisse engagieren.

Was haben Münchner, die sich nicht für Fußball interessieren, davon, dass die Stadt so viel Geld in sechs Spiele buttert?
Die EM hat einen wirtschaftlichen Effekt. Insgesamt soll es 145 Millionen an touristisch bedingtem Umsatz geben, nur durch all jene, die im Stadion ein Spiel ansehen. Davon profitiert also die Stadt generell.

So mancher träumt von neuen Olympischen Sommerspielen. Ist die EM ein Test dafür?
Es ist ein minimaler Test. Olympische Sommerspiele sind aber eine andere Größenordnung. Bei der EM sind es bei uns sechs Spiele, bei denen jeweils zwei Mannschaften spielen. Bei Sommerspielen sind zwei Wochen lang Tausende Athletinnen und Athleten in der Stadt.

Wie sicher sind Sie, dass München auch Olympia kann?
Wir können Olympische Spiele, da bin ich ganz sicher. Der Stadtrat hat beschlossen, dass sich München bewerben möchte. Jetzt liegt der Ball beim DOSB. Der arbeitet gerade an einem Bewerbungskonzept.

Wann rechnen Sie mit einer Entscheidung?
Sie ist für das zweite Quartal dieses Jahr angekündigt, aber wir haben keinen Einfluss darauf. Es kann schneller gehen oder auch bis 2025 dauern.

Müssten neue Stadien gebaut werden oder reichen die alten?
Das Konzept ist, dass möglichst das genutzt wird, was da ist. Aber kein potenzieller Austragungsort hat eine Schwimmanlage.

Aber es gibt doch das Olympia-Schwimmbad.
Das hat aber nur acht Bahnen. Der internationale Schwimmverband hat seine Vorgaben geändert. Es sollen acht AthletInnen auf zehn Bahnen schwimmen. Denn die beiden auf den Außenbahnen haben sonst wegen der Wellen einen Nachteil. Man müsste in München also eine mobile Anlage aufstellen oder ein neues Schwimmbad bauen. Allerdings gibt es für einen Neubau keine Pläne.

Diese Spiele finden in München statt:

QOSHE - Kein bayerisches Bier bei der Fußball-EM in München: Was stattdessen ... - Christina Hertel
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02.01.2024

AZ: Herr Kraus, wo kann man die EM-Spiele schauen, wenn man keine Tickets hat? Plant die Stadt Public-Viewing-Events?
FLORIAN KRAUS: Wir organisieren eine Fan-Zone im Olympiapark.

Verraten Sie ein paar Details?
Die Fan-Zone im Olympiapark soll eine Mischung aus Public-Viewing und anderen Aktivitäten sein. Das Public-Viewing findet auf der Plattform auf dem See statt. Es gibt Platz für 25.000 Menschen. Das Angebot ist für alle kostenlos.

Was für andere Aktivitäten sind das denn?
Unter anderem Sport zum Mitmachen, auch dank unserer Partner und unserem Freizeitsport, ein Musikprogramm, Unterhaltung auf der Bühne.

Als EM-Auftakt wird es ein Konzert auf der Theresienwiese von Ed Sheeran geben. Was hat er mit Fußball zu tun?
Das ist nur ein Konzert, das im zeitlichen Zusammenhang mit der Euro stattfindet und von dem Geist profitieren möchte. Wir als Sportreferat sind in die Organisation nicht eingebunden. Die offizielle Eröffnung ist am 14. Juni in der Arena.

Philipp Lahm, der Turnierdirektor, träumt von einem neuen Sommermärchen – so wie 2006, als die WM in Deutschland stattfand. Was tut die Stadt, um diese Erwartung zu erfüllen?
Wir sind für die Euro im öffentlichen Raum zuständig und wollen den bestmöglich gestalten – etwa mit der Fan-Zone im Olympiapark. Wir hoffen, dass andere den Geist mittragen, dass in Biergärten Public-Viewing stattfindet, aber das ist Sache der Veranstalter.

Können Fans nach 22 Uhr draußen feiern, ohne dass gleich das KVR oder die Polizei anrückt?
Ich kann da den Kolleginnen und Kollegen in den anderen Referaten natürlich keine Vorgaben machen. Aber wir haben es ja schon öfter erlebt, dass dann Regelungen gefunden werden, die vom Normalen abweichen.

Sind die Zeiten, in denen Menschen fröhlich die Deutschlandfahne schwingen konnten, nicht vorbei? Die Welt ist doch im Dauer-Krisen-Modus.
Ja, die Krisen sind da. Ich hoffe, dass in den nächsten Monaten die ein oder andere einen besseren Verlauf nimmt. Außerdem feiern wir heuer 75 Jahre Grundgesetz. Vielleicht kann man mit den Fahnen nicht nur den sportlichen Erfolg bejubeln, sondern auch das Grundgesetz.

Womöglich scheidet die deutsche Nationalmannschaft früh aus. Welchen Plan hat die Stadt, um die........

© Abendzeitung München


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