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Die AfD, die NSDAP und andere italienische Verhältnisse

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17.11.2025

Eines der angenehmsten, aber auch gemeinsten Dinge, die mir als DDR-Mensch mit dem Beitritt zur Bundesrepublik übereignet wurden, war die Attitüde, mit der ich fortan die restliche Welt betrachten durfte. Wir mochten uns zweitklassig gegenüber den Altbundesbürgern fühlen und in einer ABM-Brigade arbeiten: Aber hey, mit unserem grünen Bundesbürgerpass lebten wir fortan ganz offiziell im Wirtschaftswunderland und konnten am Balaton den arroganten Ungarn zeigen, was eine Westmark ist.

Selbst dem einstigen NSW, dem nichtsozialistischen Währungsgebiet, durften wir uns überlegen fühlen. Zum Beispiel Italien. Das war zwar überaus schön, aber südlich von Mailand eher arm und vermüllt, von der Mafia ganz zu schweigen. Und die Politik? Oje.

Anfang der 1990er-Jahre brach das nekrotische Parteiensystem zusammen, und die Regierungen in Rom begannen mit den Jahreszeiten zu wechseln. Ein korrupter Medienunternehmer spielte den Ministerpräsidenten, die Extremisten der Lega Nord stürmten ins Parlament und sogenannte Expertenkabinette wechselten sich ab.

Italienische Verhältnisse halt.

Wir hingegen wähnten uns als Hort des freiheitsinduzierten Wohlstands. Wir waren Exportweltmeister, dank des billigen Gases und Öls aus den russischen Pipelines sowie des von der USA spendierten Schutzschirms. Ansonsten hatten wir sehr aus unserer prekären Geschichte gelernt, riefen "Nie wieder" und "Staatsräson", aber auch "Wandel durch Handel". Irgendwann würden auch die Chinesen und Russen auf den bundesrepublikanischen Trichter kommen. Allenthalben regierte die CDU mit der FDP, dann die SPD mit den Grünen und dann wieder die CDU mit SPD oder FDP. Stabilität made in Germany.........

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