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„Sie sind nicht alleine!“

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30.11.2025

Sehr geehrte Damen und Herren, lieber Herr Dr. Schuster, 

herzlichen Dank für die Einladung zu Ihrer diesjährigen Ratsversammlung. Sehr gerne bin ich hierhergekommen und das aus mehreren Gründen.  

Zum einen, weil jüdisches Leben zu Deutschland gehört. 

Ich möchte die Chance nutzen, Ihnen und Ihren Gemeinden zu versichern, dass ich an Ihrer Seite stehe und mich nach besten Kräften dafür einsetze, dass sich jüdisches Leben, jüdische Kultur, frei entfalten kann.  

Über die Jahrhunderte hinweg haben Jüdinnen und Juden unsere Kultur, unsere Gesellschaft mitgeprägt. Seien es Heinrich Heine, der die Loreley besang und im Pariser Exil seine ebenso scharfsinnigen wie kritisch-poetischen Betrachtungen über Deutschland. Ein Wintermärchen anstellte. Sei es Rahel Varnhagen, die einen legendären kosmopolitischen Kultursalon in Berlin führte. Seien es die großartigen Sammler und Mäzene expressionistischer Kunst oder die Philosophen der Neuen Frankfurter Schule, um nur einige wenige Beispiele zu nennen. 

Ich möchte auch die deutsch-israelischen Beziehungen massiv stärken.

Zum anderen, weil ich mit meinem Besuch heute bekräftigen möchte, wie bedeutsam der Zentralrat der Juden nicht nur für jüdisches Leben in Deutschland, sondern auch für den Wiederaufbau unseres Landes nach dem 2. Weltkrieg und für unsere heutige Demokratie ist. Vor 75 Jahren schien es noch unvorstellbar, dass das Land der Täter jemals wieder ein Zuhause für Jüdinnen und Juden sein könnte. Dass jüdisches Leben heute wieder sichtbar, lebendig und selbstverständlich Teil unserer Gesellschaft ist, ist ein großes Glück! Und das verdanken wir Ihnen allen, wir verdanken es dem unglaublichen Mut jüdischer Menschen, die geblieben sind oder nach Deutschland zurückkehrten – in dem festen Willen, sich hier wieder ein Leben in Sicherheit, Würde und Frieden aufzubauen. Hier, in Deutschland, das für viele von Ihnen und Ihren Familien Heimatland war und ist. 

Deshalb Ich möchte die Gelegenheit nutzen, für diesen Mut, für das Vertrauen, dass Sie der damals noch jungen Demokratie entgegengebracht haben und für Ihr Wirken zum Wohle der jüdischen Gemeinschaft und unserer gesamten Gesellschaft herzlich zu danken. 

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Es war mir eine besondere Freude und ein persönliches Anliegen, unmittelbar nach meinem Amtsantritt, Sie, lieber Herr Dr. Schuster, als Gast und Gesprächspartner begrüßen zu dürfen. Es war für mich mehr als eine Geste. Gerade in einer Zeit, in der jüdisches Leben in Deutschland wieder bedroht ist, wollte ich ein weithin sichtbares Zeichen setzen –dass die Kontaktpflege und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Zentralrat der Juden höchste Priorität für mich besitzen.  

Seit dem 7.10. 2023, seit dem schrecklichen Massaker und der Verschleppung zahlloser jüdischer Menschen durch die Hamas, ist die Arbeit jüdischer Gemeinden und Kultureinrichtungen schwieriger geworden. Der Gaza-Konflikt überrollte unser Land mit einer für mich bis zu diesem Zeitpunkt unvorstellbaren Welle von insbesondere israelbezogenem Antisemitismus. Nach wie vor erleben wir, und vor allem erleiden Sie, Anfeindungen, Ausgrenzungen und blanken Hass auf unseren Straßen. Angesichts dieses erstarkenden Antisemitismus liegt mir am Herzen, die Sicherung und Stärkung jüdischen Lebens in Deutschland zum zentralen Thema meiner Kulturpolitik zu machen.  

Es ist unerträglich zu erleben, wie sich Antisemitismus in unserer Gesellschaft ausbreitet. Das geschieht auf abstoßend aggressiven Demonstrationen und in versteckten Narrativen, bei lauten Kundgebungen und in leisen Internet-Zirkeln. Sogar an den Universitäten greift ein neuer linker Antisemitismus........

© Juedische Allgemeine