Glühwein und Kippa
Nur zehn Minuten sind es von der Straßburger Hauptsynagoge zum Stand von Herrn Attias auf dem Weihnachtsmarkt. Es ist eine der ersten Holzbuden, die man erblickt, wenn man vom jüdischen Viertel in die Altstadt geht, über die Brücke, vorbei an der Oper, schon erstrahlt der Schriftzug: »Schöne Feste!« Der Plural ist der erste Hinweis. Hinter raschelnden Tütchen mit Zimtsternen und Weckmännern sitzt eine Frau, die auf Nachfrage versichert: »Ja, ja, das ist alles koscher!« Nur schreibe sie das nicht groß aus, schließlich gebe es auch ein paar Leute, »die es nicht so gut finden, dass ich hier sitze«.
Wer nun denkt, es handle sich hier um eine weitere Geschichte über Juden, die sich in Zeiten des grassierenden Antisemitismus in Europa verstecken, der irrt: Die Verkäuferin hat vielmehr Sorge, dass andere Juden es problematisch finden, dass sie zwischen Krippenfiguren und Tannenbäumen koschere Plätzchen verkauft. Deshalb nennt sie ihren Namen lieber nicht. Und zuckt mit den Schultern: »Man muss als kleine Bäckerei nun einmal überleben.« Und nie kämen so viele Kunden in die Stadt wie in dieser Saison.
»Capitale de Noël« – Weihnachtshauptstadt, so lockt Straßburg in der Adventszeit jährlich mehr als zwei Millionen Besucher. Aus ganz Frankreich reisen Touristen an, Tagesausflügler aus dem nahen Deutschland und sogar Amerikaner und Chinesen, die mit leuchtenden Augen vor den Fachwerkhäusern stehen bleiben, die fast wie im Disneymärchen aussehen. Auf der Altstadtinsel blinkt, glänzt und glitzert es, eine Dunstwolke aus Zimt und Frittierfett wabert durch die Gassen, und auf jedem noch so kleinen Platz drängen sich die Buden.
Der Stand von Herrn Attias, der seinen jüdisch-marokkanischen Namen zu »Matthias« modelliert hat, damit die Elsässer ihn sich besser merken können, gehört schon seit vielen Jahren dazu. »Von Sonntag bis Donnerstag sind wir da, am Schabbat verkaufen hier Nichtjuden«, erklärt die Verkäuferin.
Neulich seien ein paar ahnungslose Israelis vorbeigeschlendert, erzählt die Frau. »Als mein Mann sie auf Hebräisch ansprach – was haben die sich da gefreut!« Sie grinst. Die halbe Bude hätten sie ihr abgekauft, dabei seien sie sicher nicht so fromm, dass sie die Speisegesetze beachten. Aber ein jüdischer Stand auf einem Weihnachtsmarkt, das sei eben etwas Besonderes. »Und viele observante Juden aus der Stadt haben mir gesagt, wie glücklich sie sind, dass wir da sind.«
Seit vielen Jahren gibt es auch einen koscheren Stand........





















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