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Wahrheit im Plural denken

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27.03.2024

Stand: 26.03.2024, 16:15 Uhr

Von: Stephan Hebel

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Krieg führen und Frieden suchen sind keine unauflösbaren Gegensätze, sondern gleichzeitig existierende Notwendigkeiten – sowohl im Nahostkonflikt als auch in der Ukraine.

Vor einer Woche geschah in Leipzig ein kleines Wunder: Mitten in die verbalen Prügeleien, die wir oft irrtümlich für „Debatten“ halten, platzierte ein deutsch-israelischer Philosoph aus New York seine Idee der Freundschaft. Omri Boehm nahm den „Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung“ entgegen, und was er in seiner Dankesrede entwickelte, war auch ein politisches Signal, das Beachtung verdient.

Boehm wählte als Beispiel den Terrorangriff der Hamas auf Israel und die daran anschließende „Zerstörung Gazas“ (so seine Worte). Aber das ist nicht das einzige Thema, bei dem den polarisierten Diskussionen in einer immer erregungsbereiten Öffentlichkeit ein bisschen mehr „Freundschaft“ zu wünschen wäre. Ganz Ähnliches gilt für den zweiten Großkonflikt dieser Tage, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Zunächst also zu Israel und Gaza: Boehm, der in New York an der „New School of Social Research“ lehrt, griff die vermeintliche Widersinnigkeit seines Ansatzes gleich selber auf: „Von Freundschaft zwischen Israelis und Palästinensern zu sprechen, erscheint für einen Augenblick mehr als naiv oder ,utopisch‘ – es erscheint fast grotesk.“ Aber: „Es gibt noch jüdisch-palästinensische Freundschaften, und wo sie existieren, bieten die Forderungen, die sie stellen, Licht.“

Da scheint es schon auf, das Potenzial der Freundschaft, über das Private hinauszugehen und „Forderungen“ zu stellen, die kontrovers, aber jenseits polarisierender Rechthaberei die Möglichkeiten von Verständigung beleuchten. „Wegen der Freundschaft muss die Wahrheit nicht geopfert werden, ganz im Gegenteil, harte Wahrheiten müssen offen ausgesprochen werden, denn wir sollen Freunde bleiben.“

Damit ist so ziemlich das Gegenteil dessen beschrieben, was wir gerade erleben. Da sind auf der einen Seite diejenigen, die in Hörsäle und........

© Frankfurter Rundschau


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