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Anne Brorhilker über Cum-Ex: „Die Finanzlobby und ihre teuren Anwälte kennen alle Tricks“

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Gerade hat die Bürgerbewegung Finanzwende ihre jüngste Neuverpflichtung bekannt gegeben: Kevin Kühnert, zuletzt SPD-Generalsekretär, wird für die NGO fortan den Bereich Steuern, Verteilung, Lobbyismus leiten. Bei Finanzwende ist er nicht der einzige prominente Name: 2008 vom Grünen Gerhard Schick gegründet, sitzen heute der ehemalige SPD-Chef und nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans oder auch Campact-Chef Christoph Bautz im Aufsichtsrat von Finanzwende. Als „Fellows“ unterstützen unter anderem der Millionär Josef Rick und der frühere NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) das „Gegengewicht zur Finanzlobby“.

Biesenbach hat Anne Brorhilker einmal „das Gehirn und die treibende Kraft“ der Ermittlungen des milliardenschweren Cum-Ex-Raubzugs genannt. Brorhilker war Oberstaatsanwältin in Köln, bevor sie ihren Beamtenstatus aufgab und zu Finanzwende wechselte. Heute ist sie Vorständin der NGO. Jüngst ist ihr Buch Cum/Ex, Milliarden und Moral. Warum sich der Kampf gegen Wirtschaftskriminalität lohnt erschienen. Im Freitag-Gespräch verrät Brorhilker unter anderem, was sie von Kühnerts SPD-Parteifreund Lars Klingbeil im Amt des Bundesfinanzministers hält.

der Freitag: Frau Brorhilker, wie kann Ihnen Kevin Kühnert denn konkret helfen?

Anne Brorhilker: Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit ihm, denn im Bereich Steuern und Verteilung möchten wir der Finanzlobby dringend mehr auf die Finger klopfen. Kevin Kühnert wird uns dabei eine große Hilfe sein. Den Gegenwind, der gerade in der Finanzpolitik spürbar wird, wenn man laut und kritisch seine Stimme erhebt, kennt er genauso gut wie ich.

Sie beide sind Seitenwechsler. Aber hat es sich gelohnt, Ihre machtvolle Position als Staatsanwältin aufzugeben für eine vergleichsweise kleine NGO?

Ich bin keine Seitenwechslerin, ich stehe immer noch auf der Seite, die will, dass der Staat stärker gegen Finanzkriminalität vorgeht. Aber als Staatsanwältin war ich dafür zuständig, Einzelfälle zu bearbeiten, nicht das System zu verändern. Ich habe gemerkt, wie schwer es ist, Täter in diesem Bereich zur Verantwortung zu ziehen, weil die Rahmenbedingungen so schlecht sind und der Wille zur Veränderung von innen heraus fehlt. Das kann nur ein zuständiger Fachminister ändern, und genau dafür machen wir bei Finanzwende mit vielen Bürgern und Bürgerinnen Druck. Das ist nicht weniger machtvoll.

Wie Cum-Cum oder Cum-Ex im Detail funktioniert, muss man eigentlich genauso wenig wissen wie die technische Funktionsweise der Schummelsoftware im VW-Abgasskandal

Wie ist Ihr bisheriger Eindruck von

© der Freitag