Kolumne | Armutsbetroffen: Wir müssen über Klassismus sprechen
Dieser Text ist der Kulturantropolog*in Francis Seeck gewidmet, deren wichtige politische Arbeit mir viel bedeutet
Ich möchte heute über ein mir sehr am Herzen liegendes Thema sprechen, dem Klassismus. Was das ist? Die Abwertung und Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sozialen Herkunft.
Francis Seeck definiert Klassismus, wie auch Sexismus oder Rassismus, als gesellschaftliche Unterdrückungsform, die sich gegen Menschen aus der Arbeiter*innenklasse, oder gegen Erwerbslose, Armutsbetroffene und wohnungslose Menschen richtet. Diese Form der Diskriminierung wird oft ignoriert. Was für Auswirkungen Klassismus auf einen Menschen haben kann, werde ich hier beschreiben.
Ich bin seit gut 25 Jahren armutsbetroffen. Bis vor zwei Jahren hatte ich nicht mal ein Wort dafür, wie mit mir als Mensch umgegangen wurde, weil ich als Schülerin aus einer Arbeiter*innenfamilie kam.
Meine Eltern gehörten dem unteren Mittelstand an, zumindest haben sie nach Außen den Anschein gegeben. Als meine Mutter chronisch krank wurde und die zweite Einkommensquelle meiner Familie weggebrochen war, lebten wir prekär. Ich bin die erste in meiner Familie gewesen, die Abitur gemacht hat. In der Schule wurde mir oft vermittelt, dass ich „anders“ war. Ich konnte das Gefühl und den Umgang mit mir nicht richtig benennen, bis ich das Wort Klassismus kennenlernte. Deshalb wurde ich verlacht oder es wurde auf mich herab gesehen. Ich kam mir als Exotin vor. Und währen meine Klassenkameradinnen zum Abiturabschluss Geld oder ein Auto geschenkt bekamen, war ich froh, mir von meinem Geld überhaupt ein Kleid für den Abiball leisten zu können.
Diskriminierung und Stigmatisierung aufgrund meiner Herkunft aus einer armen Familie begleiten mich seit meiner Pubertät. Durch das schlimme, menschenverachtende Menschenbild der CDU/CSU und der FDP, ihrer Bürgergelddebatte und........
© der Freitag
visit website