Popkultur | Donald Duck, c’est moi
Immer, wenn es um Pop geht, muss ich Theodor W. Adorno widersprechen, so leid’s mir tut. Nicht, dass man die generelle Kritik der Kulturindustrie vernachlässigen sollte, ganz im Gegenteil, aber es kann sich doch als hilfreich erweisen, immer mal wieder die Ambivalenz und Vielgestalt der Produktionen ins Auge zu fassen. Beim Jazz, bei Hollywood-Filmen oder bei Donald Duck, zum Beispiel.
Von dem hat Adorno gesagt: „Donald Duck in den Cartoons wie die Unglücklichen in der Realität erhalten ihre Prügel, damit die Zuschauer sich an die eigenen gewöhnen.“ Ich kann ganz autobiografisch dagegenhalten. Die Prügel, die Donald in seinen Filmen bezog, haben mich ganz bestimmt nicht an die meinen gewöhnt, so wenig, wie die Prügel, die er in den Comics seinen Neffen Tick, Trick und Track verpassen wollte, mich mit irgendwas von den elenden Resten schwarzer Pädagogik in der Schule und im Elternhaus versöhnten. Allerdings, das muss gesagt werden: Donald hat die drei nie erwischt.
Wer also ist Donald Duck, wenn schon nicht ein simpler Prügelknabe in Gestalt einer Ente im Matrosenanzug? Donald est omnis divisus in partes tres. Es gibt den frühen Donald, der in den Animationsfilmen der Disney-Produktion auftritt, zunächst als Widerpart zum smarten Micky Maus und seinem Freund, dem reinen Toren Goofy. Donald war nicht besonders smart, aber besonders rein war er auch nicht. Micky, das ist in den Filmen und in den Comics einer, der besser ist als wir und dem es besser geht. Donald ist einer, der schlimmer (dran) ist als wir. Er ist cholerisch, er ist ein Angeber, er ist faul und überschätzt sich ständig, Donald ist uneinsichtig, stur und larmoyant. Aber er ist auch einer, der immer wieder gegen die Grenzen von Physik, Gesellschaft und Ausbeutung rebelliert, und das alles in einer Mischung, die sich nie weit von Alltagserfahrung und Selbstbild entfernt: Donald Duck ist der universale und zugleich sehr amerikanische Kleinbürger, hoffnungslos verhakt im unteren Drittel der Mittelschicht, oft pleite, aber nie so elend, dass er auf sein Häuschen und sein Auto verzichten müsste. Man schaut hin und lacht, und irgendwas in einem sagt: Donald Duck, c’est moi.
Der zweite Donald, der Klassiker, das ist der Donald Duck der Comic Books von Carl Barks, die in Deutschland in der Micky Maus in den sprachschöpferischen Übertragungen von Erika Fuchs erschienen. Nicht nur für die Anhänger des lauteren Donaldismus ist dies der einzig wahre und echte Donald Duck. Diese Geschichten bilden, zusammen gelesen, einen........
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