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Corona-Aufarbeitung: Wir brauchen eine andere Medizin

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12.04.2024

Vielen Menschen dürfte die Zeit der Pandemie als ein unablässiges Starren auf Fallzahlen in Erinnerung bleiben. Es hatte sich als völlig normal und natürlich etabliert, dass in den Hauptnachrichtensendungen stets über den aktuellen Stand der Neuinfektionen berichtet wurde.

Der Mensch wurde während der Pandemie zum reinen Körperwesen degradiert. Man konnte all die Maßnahmen, ob Lockdowns, Kontaktbeschränkungen, Schulschließungen oder Ausgangsbeschränkungen schließlich nur rechtfertigen, wenn man davon ausgeht, dass der soziale, ökologische, psychologische oder auch religiöse Bereich des Menschen weniger wichtig, oder, um es drastisch zu formulieren, weniger wert sei als der physiologische oder biologische Bereich.

Aus medizinhistorischer Perspektive ist diese Vorgehensweise nicht weiter verwunderlich. Der Philosoph René Descartes führte den Dualismus zwischen Körper und Geist ein. Dies erlaubte im 17. Jahrhundert den Geist zum Hoheitsgebiet der Kirche zu erklären und den Körper zu einem naturwissenschaftlich erforschbaren Objekt zu machen, ohne von religiösen Einflüssen gestört zu werden.

So wurden Fortschritte in der Medizin möglich, von denen der Mensch lange nur träumen konnte: Die deutlich gesteigerte Lebenserwartung hängt etwa mit der Entdeckung von Mikroben im 19. Jahrhundert durch Naturwissenschaftler wie Louis Pasteur oder den Arzt Robert Koch zusammen. Die Erreger konnten effektiv mit Hygienemaßnahmen, Medikamenten wie Antibiotika und Impfungen bekämpft werden.

Die Medizin konzentrierte sich auf Organe, Zellen, Genetik und daraus abgeleitete Diagnostik und Therapie. Mit dieser bis heute anhaltenden Fokussierung auf den biologischen Bereich hat sie zweifelsfrei für den Menschen wichtige........

© Berliner Zeitung


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