Nur sehr wenige Dinge können US-amerikanische Talkmaster aus der Ruhe bringen. Sie sind die Könige einer Disziplin, die die USA überhaupt weltweit anführen: Oberflächlich und unterhaltsam daherreden.

Deswegen werden diese Talkmaster nervös, wenn die Deutschen kommen. Diese ewig kompliziert in die Tiefen sinnierenden, alles beim Wort nehmenden Germans: die bekanntlich schlechtesten Small-Talker der Welt.

Vielleicht dürfen wir auch deswegen so selten in diesen Sendungen sitzen. Die in Thüringen geborene Sandra Hüller (heute lebt sie in Leipzig) hat es nun geschafft; für ihre Rolle in „Anatomie eines Falls“ ist sie für den Oscar nominiert.

Bei ihrem Auftritt trägt sie ein aufregendes, skulpturales, im Rücken tief ausgeschnittenes Kleid. Nach großem Lob des Moderators für ihre Schauspielkunst will Kimmel entspannt ins Gespräch gleiten: Wie sie von ihrer Oscar-Nominierung erfahren habe?

Hüller erzählt daraufhin, sie habe sie fast verpasst. Denn währenddessen musste sie „einen Haufen Müll“ aus dem Haus bringen, der würde sich gelegentlich stapeln bei ihr daheim.

Kimmel ist verwirrt: Sie habe den Müll rausgebracht, das konnte nicht warten?

Statt das klassischerweise wenig manierliche Thema schnell zu wechseln, geht sie ins Detail deutscher Mülltrennung: Es habe sich um Papiermüll gehandelt, den man an einen Extraort bringen müsse, das sei alles nicht so einfach … Und, ach, in diesem Moment, in dem der Showman Kimmel perplex in die Gegend schaut, muss man Sandra Hüller einfach sehr stark lieben!

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Ob sie zuvor schon bei den Oscars gewesen sei, fragt dann Kimmel. – Ja, das war sie, mit „Toni Erdmann“. Sie sei damals aber meistens draußen gewesen, rauchen. Auch das wieder toll: In den USA, wo man ja praktisch ins Gefängnis gesteckt wird, wenn man sich auf der falschen Straßenseite eine Zigarette anzündet.

Woher aus Deutschland sie komme, möchte Kimmel dann wissen – endlich mal was Entspanntes, wird er sich denken und wohl auch: Diese Germans, kommen her und wollen über Mülltrennung reden. Hüller antwortet, aus Thüringen, der Mitte Deutschlands, aus dem „green heart“ – dem grünen Herzen. – Dem grünen Herzen?, fragt Kimmel ungläubig. – Ja, „because there is a lot of forest going on.“

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Später erzählt Hüller noch, wie „ehrlich“ das deutsche Theaterpublikum sei, und dass die Leute gern auch während der Vorstellung einfach hinausgehen würden, wenn es ihnen nicht passe. Die Amis sind erstaunt. Nein, so etwas würde es in den USA nicht geben. Hüller ahmt das Geräusch der alten Türen im Bochumer Theatersaal nach, wenn die Leute gehen: „Uääärrrhhh.“

Es ist ein ehrlicher und charmanter Auftritt. In den letzten Jahren hatten sich nur Böhmermann und Matthias Schweighöfer in die Sessel der Talk-Extraklasse verwirrt. Anders als Christoph Waltz, der das elegante Gespräch so gut beherrscht wie die Talkmaster selbst, praktiziert Sandra Hüller eine andere Form: die elegante Ehrlichkeit.