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Verträgliche Brustkrebs-Therapie: „Frauen sollten davon erfahren“

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04.12.2023

Den ersten Anruf kann Jens-Uwe Blohmer nicht annehmen. Es ist der 6. Juli 2023, der Arzt ist auf dem Weg zu einem Kongress. Schnell tippt er auf seinem Handy eine SMS und schickt sie los: „Kann ich später zurückrufen?“

„Ich dachte, es geht um etwas Belangloses“, erinnert sich der Gynäkologe, Direktor des Brustzentrums an der Charité, im Rückblick. „Gerne – es ist aber dringend“, antwortet Yvonne Niepelt. Auch sie ist Ärztin.

20 Jahre lang hat die 52-Jährige ihren früheren Doktorvater nicht mehr gesehen. Unter Blohmer hatte sie promoviert, ihn bei Studien zur Brustkrebstherapie unterstützt. Seither blieben sie nur lose in Kontakt, telefonierten alle paar Jahre und berichteten sich davon, was das Leben Neues gebracht hat. Als Niepelt an diesem 6. Juli probiert, ob die alte Handynummer ihres früheren Professors noch funktioniert, ist sie im Ausnahmezustand. „Ich hatte mit meinem Leben abgeschlossen“, sagt sie heute.

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Am Abend schließlich meldet sich Blohmer zurück und erfährt den Grund ihres Anrufs: In der Nähe von Bremen, wo Niepelt heute wohnt, hatten Ärzte bei ihr einen großen Tumor in ihrer linken Brust festgestellt. Wie gut ihre Chancen stehen, weiß sie noch nicht. Die Ärztin rechnet mit dem Schlimmsten, doch auch der vermeintlich beste Fall – eine lange Chemotherapie – bereitet ihr Angst.

Dieser Moment ist es, der zwei Menschen, die nach Jahren der Zusammenarbeit getrennte Wege gingen, anscheinend schicksalhaft wieder zusammenführt. Vier Tage später meldet sich Blohmer erneut bei ihr. „Wir haben da was für Sie“, habe er am Telefon gesagt.

Niepelt erinnert sich an diese erlösenden Worte bei einem Treffen Anfang November, als wären sie gerade erst gefallen. Die Ärztin sprüht vor Energie. In ihrer Hand hält sie zwei Blister, einen mit helllilafarbenen Pillen, der andere mit kleinen, senfgelben Tabletten. Die, erklärt sie, haben sie vor einer Chemotherapie bewahrt. „Für viele Frauen wäre es eine maximale Erleichterung zu wissen, dass es das gibt.“ Davon zu erzählen, ist jetzt ihre Mission.

In den 1990er-Jahren kam Niepelt nach Berlin, um an der Humboldt-Universität Medizin zu studieren. Es wurde ihr erster Berührungspunkt mit dem Thema Brustkrebs. „Ich wollte unbedingt gynäkologische Onkologin werden“, erzählt sie. „Warum, weiß ich nicht mehr – es ist, als sollte das so sein.“

Irgendwann suchte die junge Medizinerin eine Doktorandenstelle. Weil keine passende ausgeschrieben war, ging sie ins Studiensekretariat, wo man ihr von einem jungen Arzt erzählte, der Privatdozent werden sollte. Vielleicht habe der ja eine Stelle. Heute weiß sie: Sie war zur rechten Zeit am rechten Ort. Niepelt wurde Blohmers Mitarbeiterin.

Durch die Flure des Bettenhochhauses und des Brustzentrums der Charité bewegt sich Niepelt heute, als wäre sie nie weg gewesen. „Sie haben eine neue Frisur“, begrüßt der Gynäkologe die........

© Berliner Zeitung


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