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Ackerbau auf dem Schwamm: Wie es mit der Wiedervernässung vorangeht

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05.12.2024

Es riecht ein bisschen nach Watt im Havelland. Tilo Henning bohrt die Spitze einer Metallstange in die Wiese und schaut sein Gegenüber auffordernd an. Milos Bielcik – in wasserfesten Stiefeln und mit einem großen Kunststoffhammer ausgestattet – holt mächtig aus. Klack, nur ein kleines Geräusch, den Schlag spürt man aber noch fünf Meter weiter unter den Fußsohlen. „Das ist der Moorkörper. Wir stehen auf einem großen Schwamm. Der schwingt mit. Herrlich, ein tolles Gefühl“, sagt Joana Bergmann.

Die Begeisterung teilen Bergmann, Henning und Bielcik. Sie beschäftigen sich beruflich mit diesem Stück Land: eine gewöhnliche Kuhweide, so sieht die Wiese jedenfalls aus. Unter den Grashalmen befindet sich allerdings ein Niedermoor. Hätten Bauern hier nicht vor Jahrhunderten Entwässerungsgräben angelegt, würde man das auch sehen. Das Grundwasser würde ganzjährig mindestens bis 30 Zentimeter unter der Oberfläche stehen, im Winter darüber. Und so soll es auf dieser Fläche auch wieder werden.

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Dauerhaft nasses Land gilt heutzutage als erstrebenswerter Zustand, können Moore doch geradezu Wunderbares im Kampf gegen den menschengemachten Klimawandel leisten. Sie nehmen Kohlenstoff aus der Atmosphäre auf, binden und speichern ihn im Boden. Auf nassem Land nimmt die Biomasse zu, weil der in Moosen eingebaute Kohlenstoff nach dem Absterben im Torf fest gebunden wird. Ein Moorboden wächst auf diese Weise in der Höhe – jedes Jahr einen Millimeter – und saugt dabei das CO₂ aus der Luft.

Allerdings ist die landwirtschaftliche Nutzung auf so einer Fläche schwierig. Kühe können zum Beispiel nicht auf permanent nassen Wiesen stehen. Sie werden krank. Baut man nur noch Futter an, gibt es immer noch Schwierigkeiten. Große Maschinen versinken im Matsch, nur Raupenfahrzeuge können auf nassen Wiesen eingesetzt werden. Und welche Futterpflanze hält permanente Nässe überhaupt aus? Genau um solche Umstände geht es an diesem Ort. Hier will man gemeinsam mit Landwirten herausfinden, welche Nutzungsformen auf Moorflächen möglich sind und welchen Gewinn gleichzeitig das Klima davon haben kann.

Der Ort heißt Paulinenaue. Er befindet sich im Havelland, ein paar Kilometer westlich von Berlin. Tilo Henning, Milos Bielcik und Joana Bergmann sind Biologen und arbeiten für das Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF), einem Leibniz-Institut. Sie beschäftigen sich mit der Wiedervernässung von Mooren in sozialverträglicher Weise. Joana Bergmann leitet eine Arbeitsgruppe „Nachhaltige Grünlandsysteme“ in Paulinenaue.

Das Institut betreibt dort eine Forschungsstation mit 60 Hektar Land, die es schon zu DDR-Zeiten gegeben hat. Während es früher um Moorforschung im Allgemeinen und den Biotopschutz ging, stehen heute die Effekte von Wiedervernässung im Zentrum der Beobachtungen. Was macht so ein Projekt mit der........

© Berliner Zeitung


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