Der Berliner Rapper Luvre47 aus Gropiusstadt: „Treppenhaus riecht nach gerauchtem Koks“
Der Wind peitscht durch die Häuserschluchten der Gropiusstadt. Es ist ein grauer und verregneter Morgen. Die Menschen eilen geschäftig durch die Straßen. Vor den Gropius-Passagen, einer gigantischen Einkaufsmall, die kaum einen Konsumwunsch offenlässt, treffen wir den Rapper Luvre47.
Erst einmal einen Kaffee, zum Wachwerden. Dann rein in die Passagen, in denen im Kontrast zu draußen alles blitzt und funkelt. Luvre47 erinnert sich an früher, an die Mittelstufenzeit: „Das war unser Kudamm hier. Nach der Schule, wenn man nicht wusste, wohin, ist man hier noch für ein, zwei Stunden in die Gropius-Passagen. Hat geguckt, wen man so trifft, was es Neues gibt.“ Gekauft wurde dabei nur selten was, denn das Geld war bei vielen knapp. „Windowshopping halt“, sagt Luvre47.
Die Gropiusstadt im Berliner Süden, einige U7-Stationen südlich vom Bahnhof Neukölln aus, entstand in den 1960er- und 70er-Jahren nach Plänen des Bauhaus-Architekten Walter Gropius. Erschwingliches und gutes Wohnen für alle, das war der Plan. Doch eine verfehlte Politik machte aus dem einstigen Vorzeigeprojekt einen sozialen Brennpunkt. Luvre47 ist hier aufgewachsen und lebt auch heute noch in einer der in den Himmel schießenden Plattenbauten: „Häuser so wie Gletscher hoch / hier war für viele Endstation“, heißt es im Song „Sommernacht“ auf seinem neuen Album „Danke für alles“.
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20.03.2024
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Mit dem Coffee to go in der Hand laufen wir durch das Südneuköllner Häusermeer. Ob wir vielleicht mal in so ein Hochhaus reinkönnten? „Kein Problem“, sagt Luvre47 und zückt sein Handy. Wenige Minuten später und ein paar Schritte weiter stehen wir vor einem der Häuser, und die Türsprechanlage summt, ohne dass wir geklingelt haben. Der Kumpel am Telefon hat’s geregelt. Auch in seiner Musik beschreibt Luvre47 eindrucksvoll das Leben im Plattenbau: „Satellitenschüsseln voll Taubenkot / Treppenhaus riecht nach gerauchtem Koks“, heißt es zum Beispiel auf dem Albumsong „Trümmer“.
Eine Fahrstuhlfahrt und einige Treppenstufen später stehen wir auf einem der vom Treppenhaus frei zugänglichen Balkone des Hauses. Von hier reicht der Blick auf die Nachbarhäuser, auf die Gropius-Passagen und bis an den Horizont. Luvre47 hat anderes im Kopf: „Viele Menschen sind hier sehr einsam. Und wenn dann der Aufzug nicht funktioniert, sind die am Arsch. Für mich ist das kein Problem, mal ein paar Tage die Treppe bis in den elften Stock zu nehmen.........
© Berliner Zeitung
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